Mord am Vesuv
das war kein freundliches Angebot, Praetor. Ich verstehe genau, wenn ich einen Befehl erhalte, so liebenswürdig er auch vorgetragen wird.«
»Ist dir sonst noch etwas aufgefallen?«
»Nur, dass meine Herrin … nun, sie schien sehr glücklich zu sein, Prae-tor.«
Der Janitor war überhaupt keine Hilfe. Er war ein älterer Bruttier und konnte sich kaum artikulieren. Seine Intelligenz entsprach genau seiner Tätigkeit. Ein Sklave, dessen Aufgabe lediglich darin bestand, das Eingangstor zu öffnen und zu schließen, bedurfte nun einmal keiner besonderen Fähigkeiten.
Als ich das Haus verließ, stand fest, dass der Saphir verschwunden war.
»Ich mochte die Frau wirklich gerne«, erzählte ich Julia, als ich wieder in unserem Stadthaus war. »Schade, dass sie tot ist.«
»Wenn es mit den Morden in diesem Tempo weitergeht«, stellte Anto-nia fest, »gibt es bald niemanden mehr, der dir Schwierigkeiten bereiten kann.«
»Immerhin wissen wir dann, dass der letzte Überlebende der Mörder sein muss«, bemerkte Marcus sarkastisch. »Das erleichtert uns wenigstens die Suche.«
»Wenn es überhaupt nur ein Mörder ist«, knurrte ich.
»Möglicherweise haben wir es mit einer ganzen Bande von Mördern zu tun.«
»Wie es aussieht, wurde Quadrilla jedenfalls vom selben Täter umgebracht wie Gaeto«, stellte Julia fest. »Schließlich hat er sich der gleichen Methode bedient.«
»Vielleicht hat aber auch nur jemand die Technik imitiert«, gab ich zu bedenken, »um uns auf eine falsche Fährte zu locken.
Möglicherweise haben die beiden Morde gar nichts miteinander zu tun. In den schlimmen Tagen Roms, als etliche Senatoren den Proskriptionen zum Opfer fielen, haben bekanntlich auch viele Männer die allgemeine Verwirrung genutzt, um schnell ein paar alte Rechnungen zu begleichen.«
»Unsinn«, entgegnete Julia. »Wahrscheinlich hat Quadrilla einen Liebhaber in ihr Schlafzimmer geschmuggelt, der sie umgebracht und den Saphir gestohlen hat.«
»Warum sollte er das tun?«, wandte Circe ein. »Ich meine, der Saphir ist zwar kostbar, aber wenn er darauf aus war, warum hat er dann die anderen nicht auch mitgenommen? Immerhin stand das Schmuckkästchen sichtbar auf dem Tisch.«
»Vielleicht hat der Mörder den Saphir als Andenken mitgenommen«, schlug ich vor. »Als Erinnerung an sein Opfer sozusagen.«
»Das wäre doch komplett verrückt«, wandte Julia ein.
»Wahrscheinlich ist der Mörder ja auch verrückt«, entgegnete ich, »auch wenn er ziemlich gerissen ist. Gorgo wurde völlig planlos umgebracht, vielleicht hatte der Mörder gar nicht vor, sie zu töten, als er sich mit ihr getroffen hat. Gaeto und Quadrilla wurden kaltblütig ermordet. Und dann ist da noch diese seltsame, rituelle Lage, in der wir Charmians Leiche gefunden haben.«
»Nehmen wir mal an, wir haben es wirklich nur mit einem Mörder zu tun«, überlegte Julia. »Wenn er tatsächlich verrückt ist, werden wir ihn vielleicht nie entlarven.«
»Wie kommst du darauf?«, wollte Antonia wissen.
»Weil Menschen normalerweise entweder aus Gier oder aus Eifersucht jemanden umbringen«, erwiderte Julia. »Ein Verrückter tötet aus völlig anderen Motiven. Erinnert ihr euch noch an diesen verrückten Mörder, der vor einigen Jahren in Lanuvium sein Unwesen getrieben hat?«
»Aber ja!«, rief Antonia und klatschte vor Entzücken in die Hände wie ein kleines Mädchen. »Ich erinnere mich gut. Waren es zwanzig oder dreißig Leichen, die man in seinem Brunnen gefunden hat?«
»Ich glaube, es waren zwanzig«, erwiderte Julia. »Er hat behauptet, dass Pluto ihn vom Grunde des Brunnens gerufen und nach Menschenopfern verlangt habe. Deswegen hat er immer bei Vollmond eine Leiche in den Brunnen geworfen, zwei Jahre lang. Ansonsten wirkte er völlig normal und ist nicht weiter aufgefallen.«
»Ich erinnere mich noch, wie furchtbar Cato es fand, einen guten Brunnen so zu missbrauchen«, sagte ich.
»Unser Mörder wird womöglich von Motiven geleitet, die nur in seinen eigenen Augen Sinn machen«, gab Julia zu bedenken.
»Und wenn es tatsächlich so ist, werden wir ihn nie entlarven, geschweige denn erahnen, wer ihm als Nächstes zum Opfer fällt.«
»Und ich muss morgen früh einen Prozess führen«, stöhnte ich.
»Kann man ihn nicht verschieben?«, fragte Julia.
»Nein«, sagte Hermes. »Und wenn die Auguren ungünstige Omen entdecken sollten, wird man Gelon in den städtischen Kerker verfrachten und ihn dort schmoren lassen, bis der Praetor noch einmal Zeit
Weitere Kostenlose Bücher