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Mord an der Leine

Mord an der Leine

Titel: Mord an der Leine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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männliche Mitbewerber sein. In dieser von Männern
dominierten Welt hatte sie es bis zur Leiterin der Mordkommission geschafft,
des nördlichsten K1 Deutschlands. Und die Erfolge ihres Teams waren anerkannt.
    Sie stützte für einen Moment die Ellenbogen auf die
Tischplatte und versenkte ihren Kopf in die offenen Handflächen. Nein!
Freiwillig hatte sie den Norden nicht verlassen. Trotz der mahnenden Worte
ihres neuen Vorgesetzten fühlte sie sich nicht schuldig. Sie hatte lediglich
ihre Erfahrung einfließen lassen, und wenn Richter kein Mannschaftsspieler war,
dann stand für die Zukunft ein Problem zwischen ihnen. Andererseits hatte es
der Kriminaloberrat nicht an mahnenden Worten missen lassen. Ehlers hatte zwar
keine Drohungen ausgestoßen, aber wenn die Konflikte schon nach wenigen Stunden
zu eskalieren drohten, dann bestand die Gefahr, dass man sie irgendwo in die
Weite Niedersachsens schickte, auf eine Dienststelle in der Provinz, wo sie
sich mit Kleinkriminalität und jugendlichen Straftätern auseinanderzusetzen
hätte.
    Sie stützte sich auf der Schreibtischplatte ab, stand
auf und ging in Richters Büro. Im Unterschied zu den anderen Räumen hatte der
Hauptkommissar seine Tür geschlossen.
    »Hallo«, sagte sie.
    Richter sah mürrisch auf. Er blätterte in den Akten,
die sie aus dem Büro Manfredis mitgenommen hatten.
    »Kann ich helfen?«, fragte Frauke.
    »Man kann die Ordner schlecht teilen«, knurrte
Richter.
    »Ich könnte einen anderen durchsehen.«
    »Es gibt nur wenige, die von Interesse sind. Es ist
ohnehin erstaunlich, mit wie wenig Papier der Betrieb ausgekommen ist.«
    »Heute wird vieles auf dem elektronischen Weg
erledigt«, überlegte Frauke laut. »Allerdings sind wir in Deutschland. Da
verlangt die Bürokratie jede Menge Nachweise in Papierform. Womit hat sich
Manfredi eigentlich beschäftigt?«
    Richter lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück. Da er
Frauke keinen Platz angeboten hatte, setzte sie sich unaufgefordert auf den
Besucherstuhl.
    »Früher war er in einen Gammelfleischskandal verwickelt.
Aber das sagte ich bereits. Wir haben ihm nichts nachweisen können.«
    »Können Sie das ein wenig ausführlicher erläutern?«,
bat Frauke.
    »Wozu? Das alte Thema ist abgeschlossen. Ich habe
wenig Zeit, Sie in die Historie einzuweihen. Wenn es Sie interessiert, sollten
Sie einen Blick in die Ermittlungsakten werfen.«
    Frauke war nicht überrascht, dass Richter sich wenig
kooperativ zeigte. Wie in vielen anderen Bereichen des Berufslebens baute auch
in Behörden die Dominanz der Führungskräfte auf das auf, was man als
»Herrschaftswissen« umschrieb. Sie nahm sich vor, dem alten Fall Aufmerksamkeit
zu widmen. Vielleicht gab es Verbindungen in die Vergangenheit.
    »Und welche Geschäfte hat Manfredi in seinem neuen
Betrieb abgewickelt?«
    »Das heißt nicht Betrieb, sondern Unternehmen«,
korrigierte Richter. Dann tippte er mit dem Zeigefinger auf die vor ihm
liegenden Papiere. »Er scheint sich mit Importen beschäftigt zu haben.«
    »Fleisch?«
    »Alles Mögliche. Viele Lieferpapiere sind in
Italienisch. Da kann ich nur raten, was sich dahinter verbirgt. Ich vermute,
Sie sind dieser Sprache auch nicht mächtig. Wahrscheinlich sprechen Sie nur
Eskimoisch, wenn Sie von dort oben kommen.«
    »Dänisch«, korrigierte Frauke ihn. »In Flensburg
spricht man Dänisch. Und in Grönland auch. So kommen Sie mit dieser Sprache von
Flensburg bis zum Nordpol.«
    Richter brummte etwas Unverständliches. Dann machte er
mit dem Kopf eine Bewegung in Richtung Tür. »Es wäre schön, wenn Sie mich jetzt
weiterarbeiten ließen.«
    Frauke verließ wortlos den Raum.
    Auf dem Flur stieß sie mit Jakob Putensenf zusammen,
der einen Kaffeebecher balancierte und im letzten Moment ausweichen konnte.
    »Sie scheinen in allen Dingen stürmisch zu sein«,
sagte er.
    Frauke zog die Augenbraue in die Höhe. »Das kommt
Ihnen nur so vor. Liegt es daran, dass hier bisher nur ein laues Lüftchen
wehte?«
    »Ich bin durchaus für die Emanzipation. Frauen sollten
richtig herumwirbeln und alles im Beruf geben. Ich bin dafür, dass sie jede
Menge Erfolg haben. Schließlich profitiere ich als Mann davon, wenn dieser
Beruf der der Hausfrau ist.«
    Sie musterte ihn bewusst vom Scheitel bis zur Sohle.
»Ich glaube, bei Ihnen muss einiges upgedatet werden.«
    Putensenf schluckte. »Sie sind ganz schön kess«, sagte
er dann. »Aber das ist vielleicht die falsche Vokabel. So nennt man das
Verhalten junger Mädchen.«
    »Davon

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