Mord an der Leine
Sache
hineingekniet. Als uns schon lange klar war, dass es außer einem kleinen
Lebensmittelskandal nichts zu holen gab, hat er immer noch in den Akten
gewühlt. Nächtelang. Aber leider vergeblich. Er ist sogar nach Dienstschluss
nach Oldenburg rübergefahren. Aber das hat alles nichts gebracht. In einem Fall
ist Anklage erhoben worden. Zwei oder drei Beteiligte sind mit einem
Strafbefehl davongekommen. Dem Rest war nichts nachzuweisen. Trotzdem hat
Richters Einsatz Eindruck auf die Führung gemacht, und seitdem ist er der
Leiter unserer Einheit.«
»Warum hat Manfredi die Branche gewechselt, wenn er
damals unschuldig war?«
Madsack sah Frauke lange an. »Da fragen Sie mich zu
viel.«
»Kann man Einblick in die Ermittlungsakten nehmen?«
»Ich denke, ja. Da der Fall abgeschlossen ist, müssten
die Unterlagen im Archiv liegen. Wenn Sie möchten, fordere ich die Akten für
Sie an.«
»Vielen Dank. Das gilt auch für den Kaffee«, sagte
Frauke und stand auf. Sie stand eine Weile unschlüssig auf dem Flur. Ein
eigenes Büro war ihr noch nicht zugewiesen worden. Am Vortag war sie aus
Flensburg eingetroffen. Zwei Koffer mit Kleidung, Schuhe und persönliche
Utensilien in zwei weiteren Taschen verpackt, alles im Kofferraum ihres Audi A3
verstaut, so hatte sie das Hotel in Bahnhofsnähe aufgesucht. Sie würde noch
ein, zwei Nächte dort verweilen und in der Zwischenzeit versuchen, eine kleine
möblierte Wohnung zu finden.
»Ich habe etwas gefunden«, sprach sie Lars von Wedell
von hinten an. Der junge Kommissar schwenkte ein Blatt Papier. »Ich bin gerade
auf dem Weg zum Chef.«
»Zu Ehlers?«, fragte Frauke und heftete sich an seine
Fersen. Doch von Wedell steuerte das Büro von Bernd Richter an.
»Was gibt’s?« Der Hauptkommissar sah auf.
»Ich hab etwas«, sagte der junge Kommissar strahlend
und reichte Richter die Notiz.
»Das hilft uns im Moment nicht weiter«, sagte Richter,
nachdem er den Zettel gelesen hatte. »Thomas Tuchtenhagen ist Tierarzt. Er war
früher beim Veterinäramt beschäftigt und ist seit einem Jahr bei
Schröder-Fleisch für die Qualitätssicherung zuständig.«
»Und jetzt ist er verschwunden«, merkte Frauke an.
»Was soll das heißen? Gegenwärtig wissen wir nur, dass
er seinen Arbeitsplatz verlassen hat. Wir können davon ausgehen, dass er sich
mit seiner Frau getroffen hat, die beim Anblick des Toten in Panik geraten
war.«
Ȇblicherweise erwartet man in einer solchen
Situation, dass die Polizei verständigt wird«, sagte Frauke.
»Menschen reagieren im Schockzustand unterschiedlich.
Da ist nicht alles rational nachvollziehbar.«
Frauke wandte sich an von Wedell. »War Tuchtenhagen in
Oldenburg beim Veterinäramt tätigt?«
»Nein.« Der junge Kommissar nickte heftig. »Hier. Beim
Landkreis Hannover.«
»Das wäre mir schon aufgefallen«, knurrte Richter.
»Ich nehme an, Sie wollen immer noch eine Verbindung zum damaligen Fall
konstruieren.«
»Da ist aber noch etwas.« Von Wedell streckte seine
Hand nach der Notiz aus. »Name und Anschrift habe ich aus den
Buchhaltungsunterlagen.«
»Die Putzfrau?«, fragte Frauke.
Von Wedell nickte. »Es ist allerdings keine Frau,
sondern ein Mann. Er heißt Theophanis Mikolitis. Und wohnt in der
Wagenerstraße.«
»Dann sollten wir mit ihm sprechen«, sagte Richter.
»Soll ich da allein hin?« Von Wedells Eifer war nicht
zu übersehen. Sein Gesicht zeigte aber deutliche Spuren der Enttäuschung, als
Richter anordnete: »Nein. Das kann Frau Dobermann machen. Die kann hier vor Ort
im Moment nichts bewirken.« Er sah Frauke an. »Nehmen Sie Jakob Putensenf mit.«
Frauke unterdrückte die Frage, ob das eine Strafaktion
werden sollte.
Putensenf hatte auf dem Weg zum Auto kein Wort mit
Frauke gewechselt. Er öffnete die Türen per Fernbedienung und stieg in den Ford
Focus ein. Frauke setzte sich auf den Beifahrersitz.
Während der Fahrt holte Putensenf eine Blechschachtel
hervor, fingerte daran herum und schob sich ein Zigarillo zwischen die Lippen.
»Nein!«
Er sah Frauke von der Seite an. Sie stierte stur
gerade aus und würdigte ihn keines Blickes.
Während er das kalte Zigarillo zwischen den
Mundwinkeln wandern ließ, lispelte er: »Sie sind wohl in jeder Hinsicht
militant.«
»Manches stinkt mir schon so genug. Da bedarf es
keiner Verstärkung durch solche Knösel.«
»Knösel sind Pfeifen, nur um Ihre Bildungslücke zu
schließen.«
»Es ist mir gleich, wie Sie Ihre zusammengerollte
Matratze nennen.«
Immerhin unterließ er
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