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Mord au chocolat

Mord au chocolat

Titel: Mord au chocolat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cabot Meg
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das mit einer fast komisch gelangweilten Miene. »Setzen Sie sich«, befiehlt er monoton. »Alle.«
    Erstaunlich, wie schnell die Leute gehorchen. Er kennt vermutlich mehr Judy-Garland-Songs auswendig als sonst jemand in diesem Raum. Aber er ist auch ein eins achtzig großer, zweihundert Pfund schwerer ehemaliger Texas A&M-Verteidiger. Mit so einem legt man sich nicht gern an.

    »Bitte, Leute!«, ruft Dr. Jessup, nachdem Tom die Ordnung wiederhergestellt hat. »Vergessen wir nicht, wo wir sind und wer wir sind. Sobald die Polizisten ausreichende Indizien gesammelt haben, um jemanden zu verhaften, werden sie das tun. In der Zwischenzeit sollten wir nicht alles noch schlimmer machen, indem wir vorschnelle Schlüsse ziehen und mit dem Finger auf jemanden zeigen, gegen den es keine Beweise gibt.«
    Das sagt er ganz im Ernst. Trotzdem überlege ich, ob ich Sarah warnen und ihr empfehlen soll, Sebastian zu ermahnen. Nach allem, was ich soeben erlebt habe, wäre es besser, wenn der Junge in Deckung gehen würde. Zumindest, wenn er weiß, was ihm guttut.
    »Mark …«, beginnt Dr. Kilgore und formt ein Dach mit ihren Händen. Sarah würde sofort erklären, das sei ein Zeichen ihrer Überzeugung, sie wäre uns allen überlegen. »Ist es nicht ein geeigneter Zeitpunkt für eine Schweigeminute zu Owens Andenken?«
    »Absolut!« Reverend Mark springt von der Armlehne des Zweiersofas auf und hebt den dunkelhaarigen Kopf. »O himmlischer Vater!«, deklamiert er mit seiner tiefen, wohlklingenden Stimme. »Wir bitten dich …«
    Tom, der wieder neben mir auf dem Teppich sitzt, stößt mich an, und ich schaue unter meinen Haaren hervor. »Was ist los? Das soll eine Schweigeminute sein.«
    »Ja, ich weiß. Tut mir leid. Aber ich hab’s vergessen. Dein dritter Boss in diesem Jahr?«
    »Ja. Pst!« Diese ungewohnte Ironie verrät mir, wie glücklich er in seinem neuen Job ist – und in seiner romantischen Beziehung.
    Ich freue mich für ihn. Ehrlich. Obwohl mich die Ironie ein bisschen nervt.

    Ein paar Sekunden lang schweigt er. Dann wispert er: »Du solltest kündigen.«
    »Das kann ich nicht, ich brauche die Befreiung von der Studiengebühr. Vom Gehalt nicht zu reden. Pst!«
    Noch ein Schweigen, drei Sekunden lang. Dann: »Kündige noch nicht. Wart lieber, bis du acht Bosse hattest. Dann solltest du kündigen. Und singen: ›Eight is enough!‹«

8
    Der Januartyp war zu kalt.
Der Februartyp zu alt,
Der Märztyp kam viel zu spät.
Der Apriltyp dachte, dass immer was geht.
     
»Calendar Boys«,
Heather Wells
     
     
     
    Der richtige Horror beginnt erst nach den Routine-Verlautbarungen, die der Schweigeminute folgen. Vorerst soll Tom als Interims-Interimsleiter der Fischer Hall fungieren, bis ein Ersatz für den Interimsleiter gefunden wird. Sobald ich das höre, will ich vor seinem Gesicht den Daumen hochrecken, aber weil mich alle Blicke fixieren, schaue ich traurig auf meine Schuhe hinab. Immerhin habe ich heute Morgen die Leiche meines Chefs gefunden, niemand braucht zu wissen, dass ich ihn nicht mochte.
    Dann erfahren wir, der Dekan für studentische Angelegenheiten würde allen Leuten E-Mails schicken und das Ableben eines Verwaltungsmitglieds mitteilen, ohne auf die tragische Todesart hinzuweisen – Häkchen – und die gesamte College-Gemeinde auffordern, den Service der Trauerbegleitung zu beanspruchen.

    Reverend Mark organisiert eine Trauerfeier – der Termin und der Veranstaltungsort werden rechtzeitig bekannt gegeben. Inzwischen sind Dr. Veatchs geschiedene Frau und seine Familie bereits auf dem Weg nach New York. Owen hatte eine Familie? Leute, die ihn tatsächlich mochten? Angesichts der Tragödie – Häkchen – wird man sie kostenlos in den VIP-Gästesuiten der Wasser Hall unterbringen. Diese Bastarde! Damit meine ich natürlich die Leute von der Wasser Hall, nicht Dr. Veatchs Verwandtschaft. Diese widerlichen Schleimscheißer! Als würde es nicht genügen, dass sie einen Swimmingpool und keinen einzigen Mord am Hals haben! Nein, sie müssen uns auch noch ihre VIP-Gästesuiten unter die Nase reiben. Normalerweise werden diese Apartments von Würdenträgern und Personen bewohnt, die das College zu Ehrendoktoren ernennt. Letztes Jahr war das Neil Diamond. Im Jahr davor Tippi Hedren.
    Dann folgt die letzte Ankündigung der Dres. Jessup, Kilgore und Flynn, die mich mit kaltem Entsetzen erfüllt – Tom ebenso, wie seine Reaktion bezeugt. Weil wir so qualvoll unter der Tragödie – Häkchen – und dem Zwist mit

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