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Mord au chocolat

Mord au chocolat

Titel: Mord au chocolat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cabot Meg
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übernehme ich.«
    »Gut. Sobald ich hier fertig bin, reden wir noch mal.«
    »Oh, ich kann’s kaum erwarten«, spottet sie.
    Nach einem letzten sorgenvollen Blick in ihr Gesicht husche ich durch die Tür, die Tom mir aufhält. »Wie ich sehe, hat Miss Zicke sich kein bisschen geändert, seit ich weg bin.«
    »In letzter Zeit hat sie einiges durchgemacht«, verteidige ich Sarah. »Sie ist in den GSC-Leiter verliebt. Und der merkt nicht, dass sie existiert.«
    »Warum hat sie’s ausgerechnet auf den abgesehen?«, fragt er mitleidlos. »Der Kerl badet nie. Und er trägt eine Schultertasche. Als müsste ich darauf hinweisen!«
    Ich nicke, drehe mich um und erblicke die vollzählige Housing-Abteilung – neun Leiter von Studentenwohnheimen, ihre Assistenten, die drei Koordinatoren, Dr. Flynn, den Psychologen. Dr. Jessup, den Leiter der Housing-Abteilung, Dr. Gillian Kilgore, die Trauerbegleiterin, einen Mann, den ich nicht kenne, Präsident Allington, aus irgendwelchen Gründen Muffy Fowler. Alle haben sich in der Bibliothek versammelt und sitzen auf blauen Vinylcouches – genauer gesagt, auf kleinen Zweiersofas, damit niemand in die Versuchung gerät, hier zu schlafen, denn die Studenten sollen in ihren Zimmern schlafen.
    »Nun …« Dr. Jessup räuspert sich, als er mich entdeckt.
Offenbar hat Sarah nicht übertrieben. Weil die ganze Abteilung auf mich wartet, beginnt die Besprechung erst jetzt. Er unterbricht sich, während Tom und ich Plätze suchen – ganz hinten. Da alle Zweiersofas besetzt sind, müssen wir uns auf den beigen Teppichboden hocken – diese Farbe zeigt die Limoflecken nicht so deutlich. Unterhalb der Fensterreihe, die zum Washington Square Park hinausgeht, lehnen wir uns an die Wand. Tom schraubt den Verschluss von dem Montblanc-Füller, den ihm seine Eltern zum Studienabschluss geschenkt haben, und kritzelt in seinen Kalender: Willkommen in der Hölle!
    Danke, formen meine Lippen. Ich vermisse ihn. Als er mein Boss war, fand ich das Leben viel angenehmer. Zum Beispiel wechselten wir uns ab, um in der Eighth Street Schuhe zu kaufen, wenn wir nicht über die Heimbewohner herzogen oder Kelly Clarkson auf iTunes lauschten.
    Außerdem kümmerte er sich niemals darum, woher ich das Kopierpapier nahm, solange welches da war. Und er ließ sich nie in den Kopf schießen. So dumm ist er nicht.
    »Also, nachdem wir alle da sind«, fährt Dr. Jessup fort, »lassen Sie mich erklären, warum wir uns versammelt haben. Sicher wissen Sie alle über das tragische Ereignis Bescheid, das nicht nur die Fischer Hall, sondern das ganze College erschüttert. Heute Morgen wurde Owen Veatch – Interimsleiter des Studentenwohnheims und Ombudsmann des Präsidentenbüros – an seinem Schreibtisch von einer Kugel getötet, die seinen Hinterkopf traf. In diesem Semester konnten wir ihn nicht so gut kennen lernen, wie wir es gewünscht hätten. Aber was wir über ihn wissen, bestärkt uns in der Überzeugung, dass er ein
guter Mensch war und diesen tragischen grausamen Tod nicht verdient hat.«
    Tom neigt sich zu mir und wispert: »Zwei Mal.«
    »Zwei Mal – was?«, flüstere ich zurück.
    »Tragisch. Tragisches Ereignis, tragischer grausamer Tod.« Gewissenhaft schreibt er das Wort »tragisch« in seinen Kalender und fügt zwei Häkchen hinzu. »So«, murmelt er zufrieden.
    »Wer ist dieser Typ?« Ich zeige auf die einzige Person in der Bibliothek, die ich nie zuvor gesehen habe.
    »Das weißt du nicht?« Schockiert starrt er mich an. »Reverend Mark Halstead, der neue interkonfessionelle Campus-Jugendpriester.«
    Neugierig mustere ich den Reverend, der gut, aber nichtssagend aussieht. Wie ein Sportkommentator. Er trägt sorgsam gebleichte Jeans, mit Sportjackett und Krawatte, und er sitzt auf der Armlehne des Sofas, das sich Muffy Fowler mit Gillian Kilgore teilt. Die Lippen leicht geöffnet, die Ellbogen auf den Knien, schaut sie Dr. Jessup an. Offensichtlich hat sie ihr Lipgloss eben erst erneuert. Das merke ich sofort.
    Dass Reverend Mark aus der Vogelperspektive in den Ausschnitt von Muffys weißer Rüschenbluse schauen kann, sehe ich auch.
    »Heute Nachmittag haben wir Sie alle hierhergebeten«, sagt Dr. Jessup, »um Ihnen zu versichern, die Polizei wird alles tun, um dieses tragische Verbrechen …«
    Penibel malt Tom ein drittes Häkchen.
    »… aufzuklären. Allem Anschein nach handelt es sich um einen einmaligen, zufälligen, sinnlosen Gewaltakt. In keiner Weise sind andere Mitglieder dieses Stabs gefährdet.

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