Mord au chocolat
streichelt meinen Arm.
»Gut.« Mit zusammengekniffenen Augen starre ich meinem Dad nach. Eigentlich müsste er meinen stechenden Blick im Rücken spüren. Was hat Cooper zu ihm gesagt? Warum erzählt er mir das nicht? Wieso verschwören sich alle Männer in meinem Leben gegen mich? Oh, das ist so unfair!
»Dauernd habe ich versucht, dich zu erreichen«, seufzt Tad. »Aber du hast nicht zurückgerufen.«
»Weil ich beschäftigt war...« Während Dad das Atrium verlässt, gibt Cooper sein subtiles Verhalten auf und mustert mich unverhohlen. Obwohl er mit Tom und dessen Freund Steve redet, der sich inzwischen hinzugesellt hat. Worum geht’s bei dieser Konversation? Sicher um Basketball. »Wegen des Streiks und so...«
»Das alles hast du wahrscheinlich bald überstanden. Wie ich höre, ist Tom der neue Interimsleiter von der Fischer Hall – eine erfreuliche Nachricht.«
»Ja...« Hat Cooper meinen Dad gebeten, anzurufen, bevor er mich besucht? Wenn ja, warum? Wieso kann Dad nicht einfach vorbeischauen? Was könnte Cooper dran stören?
»Bist du okay, Heather?«, will Tad wissen.
Ich reiße mich zusammen. Was mache ich denn? Was ist los mit mir? Natürlich verschwören sich die Männer in meinem Leben nicht gegen mich. Niemand verschwört sich gegen mich, und ich muss mich beruhigen – in den Griff kriegen. »Klar«, antworte ich und lächle Tad an. »Tut mir leid, dass ich in letzter Zeit so nervös war.«
Verständnisvoll nickt er. Im bläulichen Licht, das der
Pool reflektiert, nimmt sein blondes Haar eine grünliche Farbe an. »Du hast anstrengende Tage hinter dir. Das weiß ich. Was mit Owen passiert ist...«
»Ja«, sage ich leise und schiebe meine Hand in seine.
»... und dann hat sich auch noch herausgestellt, dass er von einem Studenten ermordet wurde. Das kann ich noch immer nicht glauben.«
Ich lasse seine Hand nicht los. Aber ich überlege, ob ich es tun soll. Vor allem, weil Cooper wieder so seltsam herüberschaut. »Sebastian war es nicht, Tad«, erwidere ich so freundlich wie möglich.
»Doch, die Tatwaffe wurde in seiner Tasche gefunden.«
»Deshalb muss er noch lange nicht der Mörder sein.«
»Nichts für ungut, aber die Vermutung, jemand anderer könnte Owen erschossen haben, wäre unlogisch. Außerdem hat Blumenthal ein Motiv...«
»Ja.« Jetzt lasse ich seine Hand los. »Trotzdem ist es möglich, dass er es nicht war. Das musst du zugeben.«
»Gewiss, alles ist möglich. Aber statistisch gesehen, ist es unwahrscheinlich...«
»Und wenn ihm die Waffe untergejubelt wurde? Hast du schon mal daran gedacht?«
Tad blinzelt mich an, die traumhaften blauen Augen hinter den dicken Gläsern seiner goldgeränderten Brille fast verborgen. Früher fand ich das cool. Dass niemand seine schönen Augen sehen konnte – niemand außer mir. Aber jetzt frage ich mich, ob das wirklich so großartig ist. Haben diese Gläser mich dran gehindert, etwas zu sehen, das ich längst hätte sehen müssen? Etwas Wichtiges über Tad? Nicht wie wunderbar er ist, sondern dass er einer Marionette gleicht?
»Glaub mir, Heather, das ergibt keinen Sinn«, sagt er. »Wer würde so was tun? Wer würde sich diese Mühe machen?«
»Zum Beispiel der richtige Killer. Siehst du niemals ›Law & Order‹, Tad?« Frustriert streiche ich eine Haarsträhne aus meinen Augen, es kommt mir so vor, als würde ich einen Schleier entfernen, der monatelang da gehangen hat, und Tad zum ersten Mal klar sehen. »In deinem Büro steht eine Scooby-Doo-Lunchbox. Hast du schon einmal ›Scooby Doo‹ gesehen?«
»Die hat mir ein Student geschenkt. Was ist denn mit dir los, Heather? Du weißt doch, ich halte nichts vom Fernsehen. Warum benimmst du dich so eigenartig?«
»Und warum glaubst du nicht ans Fernsehen? Etwas, das noch niemandem geschadet hat? Ja, wenn man zu oft fernsieht, kann’s schädlich sein. Aber das gilt für alles. Auch für Schokolade. Sogar für Sex!«
Tad blinzelt immer noch. »Vielleicht solltest du nach Hause gehen und dich hinlegen – und einen Kräutertee trinken. Ich habe das Gefühl, du bist ein bisschen überdreht.«
Damit hat er recht. Hundertprozentig recht. Außerdem bin ich nicht fair. Aber ich kann mich nicht zurückhalten. Ist oben auf dem Podest irgendwas in mir zerrissen, und fließt etwas heraus, ein lebenswichtiger Teil von mir? Ich kann es nicht verhindern. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob ich das will. Weil dieser Verlust sogar günstig ist. »Was wolltest du mich neulich fragen,
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