Mord au chocolat
Tränen.
»O ja«, bestätigt Pam.
»Nun, vielen Dank, Mrs Veatch – und Pam.« Zweifellos hat er jemand anderen gemeint, denn ich tippe etwa zwanzig Wörter pro Minute.
Ich sehe mich im Atrium vor dem Fitnessbüro um, wo wir stehen. Diese Halle hat man zum Schauplatz eines Leichenschmauses umfunktioniert. Auf langen Tischen sind Punschschüsseln und Platten mit Keksen und Kuchen angerichtet. Natürlich hat niemand das Sport Center für Studenten gesperrt, deshalb gehen dauernd Leute in verschwitzten Trainingsoutfits an den Trauergästen vorbei. Bevor sie eingelassen werden, zeigen sie dem Sicherheitspersonal ihre Ausweise – die arbeiten für Mr Rosetti und sehen ganz anders aus als unsere Sicherheitsbeamten, nämlich viel größer und bedrohlicher. Neugierig starren die Kids den Blumenschmuck an und fragen: »Was ist denn hier los?«
Obwohl ich mein Bestes tue, um gewissen Personen auszuweichen, habe ich kein Glück. Dad berührt meinen Arm.
»Eh... Hi, Dad«, murmle ich.
»Hi, Schätzchen. Hast du ein paar Minuten Zeit für mich?«
Großartig. Das brauche ich genauso dringend wie – nun ja, wie eine Kugel im Kopf. »Klar. Pam, das ist mein Vater. Dad, das ist Pam, Owens geschiedene Frau.«
»Freut mich, Sie kennen zu lernen«, sagt er und schüttelt Pams Hand. Inzwischen hat sie das unheimliche
Fetzenpuppen-Sweatshirt mit einem schwarzen Kostüm vertauscht. Ich mache meinen Dad auch mit Mrs Veatch Nummer eins bekannt. Dann führe ich ihn zu einer großen Topfpalme vor einer Glaswand, durch die man einen Swimmingpool von olympischen Ausmaßen sieht. Die Luft riecht angenehm nach Chlor. Irgendwie habe ich das Gefühl, dieses Aroma wird das einzig Angenehme an dem Gespräch sein, das mir bevorsteht.
»Danke, dass du gekommen bist, Dad. Das war nicht nötig, wo du Owen doch gar nicht gekannt hast. Aber es bedeutet mir sehr viel.«
»Nun, immerhin war er dein Boss. Und ich weiß, wie wichtig du diesen Job nimmst – wenn ich auch nicht verstehe, warum.«
»Ja, also, Dad, was...«
Hastig hebt er eine Hand. »Sag nichts mehr.«
»Tut mir wirklich leid, Dad.« Das meine ich ernst – vor allem Mandy Moores wegen.
»Hätte ich die Rede nicht gehört, die du vorhin über deinen Boss gehalten hast, würde ich behaupten, du machst den schlimmsten Fehler deines Lebens. Aber nachdem du erklärt hast, warum die Leute von der College-Verwaltung das alles tun, ist mir halbwegs klar geworden, wieso du deinen Job liebst.«
»Um ehrlich zu sein – Songs über Babyfläschchen zu schreiben, das ist einfach nicht mein Ding. Ich hab mich darum bemüht, es klappt nicht. Was Larry und du mir angeboten habt, würde mich nicht glücklich machen. Eines Tages werde ich vielleicht wieder Songs texten – auf meine Weise, über meine Erfahrungen. Nicht über dieses Babyzeug. Und wenn es nicht passiert, ist es auch okay. Weil mir gefällt, was ich jetzt mache. Und ich kann warten.«
»Das dachte ich mir. Aber ich fand, ein Versuch würde sich lohnen. Okay, ich werde es Larry erklären. Und – ich wollte mich verabschieden. Heute Morgen habe ich meinen letzten Umzugskarton weggebracht, nachmittags war ich eine halbe Stunde mit Lucy spazieren. Ich komme nicht zurück. Es sei denn, du lädst mich ein. Und bevor ich komme, werde ich immer anrufen...«
»O Dad!« Gerührt drücke ich ihn an mich. Manchmal, vor nicht allzu langer Zeit, hat mich seine Anwesenheit im Sandsteinhaus an den Rand des Wahnsinns getrieben. Und jetzt, da er ausgezogen ist, wird mir das Herz schwer. »Du kannst mich jederzeit besuchen. Das weißt du. Und du musst vorher nicht anrufen oder eine Einladung abwarten.«
»Damit wäre Cooper wohl kaum einverstanden«, sagt er in mein Haar und erwidert die Umarmung. »Aber es ist okay.«
»Was meinst du?« Verwirrt schaue ich zu Cooper hinüber, der mit Tom bei einer Punschschüssel steht. »Was hat er gesagt?«
»Nichts.« Dad lässt mich los. »Alles in Ordnung. Später reden wir noch mal.«
»Nein, was hat Cooper...«
»Heather?«
Ich werfe einen Blick über meine Schulter, da steht Tad. Schüchtern lächelt er mich an. Schon wieder schlechtes Timing?
»Bye, Schätzchen, ich rufe dich an.« Dad formt tatsächlich mit seinem Daumen und dem kleinen Finger ein Telefonsymbol, das er an sein Ohr hält. Großer Gott, seit wann kultiviert er diesen Hollywoodstil? »Bis demnächst, Kumpel«, wendet er sich an Tad.
Okay, vielleicht ist es gar nicht so übel, dass er auszieht.
»Wie geht’s dir?« Tad
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