Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
Oberlippenbart. Wahrscheinlich Deutscher, dachte er. Der Zwirbelbart trat an die Bar, bestellte etwas und schaute Horst Maurer sehr auffällig an. Sah so aus, als ob ihm das gar nicht passte, dass Maurer zusammen mit jemandem am Tisch saß. Der Mann fummelte und zwirbelte ständig an seinem Bart herum. Rauscher konnte sein Gehabe nicht richtig einschätzen, merkte aber, dass mit ihm etwas nicht stimmte.
Das Essen kam rasch. Dazu genehmigten sich Rauscher und Maurer noch ein Bier und nach dem Essen einen kleinen Schnaps zur Verdauung. Während des Essens tauschten sie einige belanglose Worte übers feuchtheiße Wetter und das balinesische Essen. Rauscher genoss jeden Bissen. Er musste dabei ständig an einen tropischen Garten denken, ein Geschmack aus einer geheimnisvollen Welt: Es schmeckte nach Kräutern, wilden Tieren, Millionen von Früchten, grünen, großen Pflanzen, sanfter Luft, feuchter Erde und grenzenloser Liebe.
Zwei ziemlich herausgeputzte Gucci-Damen um die fünfzig nahmen zwei Tische weiter Platz. Gleich darauf steckten sie ihre Köpfe zusammen und waren vertieft in ein Gespräch. Beide trugen weiße, hauchdünne Gewänder, unter denen sich sowohl ihre Dessous’ als auch ihre braungebrannte Haut abzeichneten. Beide trugen Perlenketten und Diamantringe. Ihren Gesichtern war die eine oder andere Schönheits-OP anzusehen und dass die nächste Botox-Party anstand. Arme Wesen, dachte Rauscher, diese Jagd nach einem Schönheitsideal aus den Hochglanzmagazinen musste auf die Dauer sehr anstrengend sein.
Eine der beiden unterbrach das Gespräch, blickte zu ihm herüber und brachte ein leicht gezwungenes Lächeln hervor. Rauscher nickte ihr zu und erkannte in ihrem Gesicht diese unnatürlich-braune Haut, die nach gegerbtem Leder aussah. Die Gucci-Lady erwiderte spontan.
„Du bist auch kein Kind von Traurigkeit, was?“ fragte Horst.
„In meinem Alter darf man sich keine Gelegenheit entgehen lassen“, erwiderte er scherzhaft, denn er hatte tatsächlich überhaupt keine Absichten.
„Na jetzt übertreibst du's aber. Wenn ich das sagen würde, dann käm' es hin. Ich lass' mir auch keine Gelegenheit entgehen. Erst gestern hab ich mich wieder mal verknallt. Und wie.“
„Das hört sich doch gut an. Wer ist denn die Glückliche? Eine …“ Rauscher war sich unsicher, ob er mit seiner Vermutung richtig lag, sprach dann aber doch weiter: „… eine Balinesin?“
„Tja, in meinem Alter muss man eben jede Gelegenheit nutzen.“
„Übertreib mal nicht. Du hast dich doch prächtig gehalten.“
„Ich komme viel herum in der Welt. Das hält jung und frisch. Bevor ich hier nach Bali kam, war ich zehn Wochen in Thailand, davor auf Kuba – knapp acht Wochen.“
„Was ein Leben. Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Bei dem Stress, den ich habe. Bist du geschäftlich unterwegs?“
„Kann man so sagen. Ich pflege überall meine persönlichen Kontakte, wenn du verstehst. Ich sag' dir mal was im Vertrauen: Wenn du interessiert bist an Indonesinnen, kein Problem hier. Gibt genug Auswahl. In Sanur haben sie sich drauf spezialisiert. Für die Touristen. Auf der Straße spricht dich nachts jeder an. Ich hab' meine Traumfrau jedenfalls gefunden.“ Hoppla, dachte Rauscher, der kennt sich wirklich aus hier.
Andreas Rauscher war noch nicht allzu lange bei der Kripo, einige Erfahrung hatte er aber schon gesammelt. So einer wie Horst Maurer war ihm bisher noch nicht über den Weg gelaufen. Ein ganz undurchsichtiger Typ. Einerseits so eine Art Selfmademan. Ein Lebemann, der genau wusste, dass er es geschafft hat und der jetzt sein Leben in vollen Zügen genoss. Andererseits aber einer der üblichen Sorte Schwätzer und Aufschneider. Ein Möchtegern und Großkotz. Und doch nicht ganz unsympathisch, weil er eine gewisse Erfahrung und Faszination ausstrahlte. Rauscher hatte das Gefühl, noch viel Spaß mit ihm zu haben und einige nette Geschichten aus aller Welt zu hören.
„Das ist schön“, antwortete Rauscher, weil ihm nichts Intelligenteres einfiel.
An seinem ersten Abend auf Bali hatte Rauscher nur Shorts, Sommerhemd und Badelatschen an und trotzdem war es ihm viel zu warm. Alles klebte am Körper, was er überhaupt nicht leiden konnte. Er nahm sich vor, noch zu duschen, bevor er ins Bett ging.
Ein Typ, so um die Vierzig, trat an ihren Tisch:
„Horst, wir müssen reden.“ Maurer verzog das Gesicht.
„Jetzt nicht. Später. Morgen reicht auch noch.“ Er wirkte genervt. Der Vierzigjährige schüttelte
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