Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
eine kleine Opferschale und eine Gucci-Uhr, das Geschenk eines Kunden. Außer einem kleinen Kleiderschrank aus dunklem Holz, zwei Stühlen und einem Spiegel gab es nichts im Zimmer. Das Bad war im Flur und wurde von den Bediensteten gemeinsam genutzt.
Madé erinnerte sich noch genau an den letzten Sonntag im Oktober vor zwei Jahren. Ihre Schwester hatte aus Sanur geschrieben, dass eine Stelle im Health-Center frei geworden sei und Rusli sich für sie eingesetzt hatte. Sie überlegte nicht lange, und ihre Zukunft stand fest. Damals sagte sie ihren Eltern, dass sie nach Sanur gehe, um im gleichen Hotel wie ihre Schwester als Masseurin zu arbeiten. Dort wollte sie einen reichen Touristen kennenlernen, ihn heiraten und mit ihm in seine Heimat gehen. Das sagte sie zwar nicht ihren Eltern, aber sie nahm es sich fest vor.
Am Anfang war Madé sehr glücklich mit der Arbeit im Hotel und dem neuen Leben. Aber mittlerweile hatten sich die Verhältnisse geändert. Die ohnehin schlechten Besucherzahlen im Hotel gingen nach dem Bombenanschlag nochmals zurück. Da Madé aber auf zahlende Kunden angewiesen war, ließ ihr Verdienst in den vergangenen zwölf Monaten zu wünschen übrig. Sie musste jeden Tag von früh bis spät arbeiten, um überhaupt über die Runden zu kommen. Oft achtzig oder neunzig Stunden die Woche. Dabei kam es vor, dass sie zwölf Stunden an einem Tag wartete und nur einen Kunden hatte.
Die männlichen Touristen verlangten mehr und mehr zusätzliche Leistungen, die sie anekelten. „Handjob“ nannten sie das. Bei den Sympathischen machte sie das, denn sie brauchte das Geld.
Eines Tages kam Horst Maurer zu ihr.
Vom ersten Augenblick an spürte sie, dass er von ihr angetan war. Seine Augen sagten das. Wenn er zu ihr kam, war er wie ein kleiner Junge. Zahm, zurückhaltend, fast scheu. Während der ersten Massage traute er sich noch nicht einmal, sie anzusprechen. Dann kam er jeden Tag. Und langsam taute er auf. Sie hielt sich frei für ihn, machte sich besonders hübsch und bediente ihn sehr zuvorkommend. Trotz seines Alters hatte er noch eine sehr zarte und straffe Haut. Es war sehr angenehm, ihn zu massieren. Sie ließ das feine Lavendelöl sanft auf seinen Rücken tropfen. Eine filigrane Duftnote mit blumigem Hauch durchzog den ganzen Raum. Eine Massage kann ein wunderschönes Liebesspiel sein, wenn Hand und Haut verschmelzen und ein Zustand innerer Wärme und Glücks eintritt. Ihre geübten Hände kannten die Körperstellen, die sie berühren musste, um einen behutsamen Zauber auf der Haut ihres Kunden zu entfachen. Ihre feingesponnenen Bewegungen und Griffe waren wohldosiert, um Männer an den Rand des Wahnsinns zu treiben.
So auch Horst Maurer.
Er erzählte ihr im Laufe der Zeit seine gesamte Lebensgeschichte. Berichtete von seinen Frauen und dass er es nie fertig gebracht hatte zu heiraten. Einmal, als er mit einer Frau namens Ellen schon zehn Jahre zusammen war, traf ihn ein Schicksalsschlag. Sie wurde bei einem Verkehrsunfall getötet. Daraufhin reiste er jahrelang nur herum und stürzte sich in die Arbeit, um sein Leid zu überwinden. Aber von dieser Zeit des Dahinreisens und -lebens hatte er nun genug.
Madé erkannte ihre Chance und gedachte, sie auch zu nutzen.
Ihre Taktik war einfach: Sie wollte ihn abhängig machen von sich – und, wie sie nach kurzer Zeit feststellte, gelang ihr dies auch. Sie setzte ihre Verführungskünste ein und merkte schnell, dass Horst Maurer mehr von ihr wollte. Sie streichelte ihn an pikanten Stellen, liebkoste ihn, schmiegte sich an und erregte ihn, bis sein Herz in Flammen stand. Und wenn er nicht länger an sich halten konnte, wenn er innerlich kurz vorm Bersten war, ließ sie ihn zappeln und vertröstete ihn aufs nächste Mal.
Von Tag zu Tag steigerte sie sich. Sie trat noch erotischer auf, legte noch mehr Feinfühligkeit in ihre Berührungen, herzte, schmuste und umarmte ihn bis zur Extase. Und gestern Nacht konnte es Horst Maurer irgendwann nicht mehr aushalten. Er kam, obwohl sie ihn nicht mal am Geschlecht berührt hatte.
Madé hatte sich dabei wie im Himmel gefühlt, denn sie wusste genau: Sie würde schaffen, wovon sie als kleines Mädchen immer geträumt hatte.
Sie stieg aus dem Bett, denn sie musste bald ihren Dienst antreten und nahm eine Dusche. Reinlichkeit war eine Zierde für sie, wie für alle Balinesen. Baden und Waschen – oft sogar mehrmals am Tag – gehörten zur balinesischen Kultur. Als sie aus der Dusche kam, betrachtete sie sich im
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