Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
aber fast alle sprechen deutsch, überall duftet es und man wird ruckzuck verhaftet.
„Gut“, sagte Padang, „wir setzen Ermittlung fort und werden finden Motiv. Wenn es Motiv gibt. Sie hierbleiben, wir prüfen Ihr Adresse und Ihr Beruf.“
Rauscher protestierte:
„Was? Sie können mich doch nicht hierbehalten.“
„Doch, Mister Rauscher, mir sehr leid tut.“ Der Kommissar machte eine Geste durch ein Fenster in der rechten Wand, ein Polizist kam ins Zimmer und führte ihn ab.
Kurze Zeit später fand er sich in der schäbigsten Zelle wieder, die er jemals gesehen hatte. Es stank bestialisch und sein erster Zimmergenosse, eine riesige Kakerlake, hatte ihn gleich beim Eintritt begrüßt. Als er kurze Zeit später allein war und auf der Pritsche saß, die als Bett dienen sollte, stammelte er leise und kopfschüttelnd vor sich hin:
„Da lernt man an der Poolbar einen netten sympathischen Typen kennen, der lässt sich abstechen und man landet im miesesten Knast, den man sich vorstellen kann. Nicht mal Lena glaubt mir das.“
Was konnte er jetzt tun? Es fiel ihm schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. In seinem Kopf spukte es.
„Hallo, Hallo“, er zwickte sich im Gesicht und klatschte mit beiden Händen gegen seine Wangen.
„Bist du schon wach?“ Er war wach. Leider. Die Realität ist manchmal schonungslos, dachte er. So hatte er sich seinen Urlaub nicht vorgestellt. Plötzlich empfand er eine tiefe Sehnsucht nach Lena, nach Deutschland, nach kühlem Wind und Frankfurter Apfelwein. Diese Sehnsucht versetzte ihm einen Stich ins Herz. Einsam und verlassen kam er sich vor. Und doch wurde ihm nach und nach bewusst, dass er Mut brauchte. Mut, um den Mord aufzuklären. Ein paar Jahre Knast auf Bali mussten die Hölle sein.
2.
‚Madé, Madé.“
Bayan erwachte schweißgebadet und schlaftrunken aus einem schrecklichen Fiebertraum. Er fühlte sich schlecht, seit er den Toten entdeckt hatte. Irgendetwas beunruhigte ihn sehr. War es der längere Stromausfall in der Mordnacht? Ein balinesischer Aberglaube besagt, dass die sogenannten „wong samars“ – die unsichtbaren Menschen, die überall auf Bali leben – für alle Arten von Betriebsstörungen verantwortlich sind. In der westlichen Zivilisation glaubt man nur an das, was man sieht und was man durch Vernunft erklären kann. Auf Bali werden alle unheimlichen Begebenheiten durch übersinnliche Mächte erklärt. Das ist völlig normal. Aber könnte ein „wong samar“ auch einen Mord begehen? Das fragte sich Bayan. Er war verunsichert, denn er hatte schon oft davon gehört, dass “wong samars“ Menschen töten, die einen schlechten Lebenswandel haben. Hat sich in der besagten Nacht vielleicht ein Geist, ein Dämon, im Hotel herumgetrieben und Horst Maurer getötet? Diese Gedanken begleiteten ihn durch die ganze Nacht bis in seine Träume hinein. Er sah sich rennen, er lief um sein Leben, ständig verfolgt von einem Unsichtbaren. Wohin er auch rannte, der Unsichtbare war schon da und seine Fratze machte ihm Angst. Als er aufwachte, lag er in kaltem Schweiß. Hatte er sogar Fieber? Er schüttelte sich und nahm sich vor, am heutigen Tag seinen Göttern eine besonders reichhaltige Schale zu opfern und um Schutz zu bitten.
Bayan sah aus, wie fast alle Balinesen aussehen: schwarze, kurze Haare, ockerfarbene Haut, Lachfältchen im Gesicht. Ein kleiner Mann. Er war seit fünf Jahren im Grand Hotel Bali Beach angestellt. In dieser Zeit war er niemals so verunsichert gewesen wie jetzt. Die letzten zwei Tage hatten ihm zuviel abverlangt.
Seine Familie stammte aus Ubud, einem Dorf in der Mitte Balis. Mit etwas Geschick und Talent war sein Vater vor mehr als fünfzehn Jahren dem ärmlichen Leben als Reisbauer entflohen und verdingte sich seitdem als Kunstschnitzer in Ubud, dem künstlerischen Zentrum Balis. Touristen finden in diesem malerischen Städtchen zahlreiche Shops und Boutiquen, in denen balinesisches Kunsthandwerk angeboten wird. Hier fühlt sich fast jeder Balinese als Künstler. Viele stellen nur billigen Kram her, doch die meisten Touristen können sowieso Kunst von Schund nicht unterscheiden und bezahlen abenteuerliche Preise.
Bayan fühlte sich nie zum Holzschnitzer berufen. Handwerkliche Tätigkeiten hasste er. Seit der Massentourismus auf Bali Einzug gehalten hat, boten sich für junge Balinesen enorme Verdienstmöglichkeiten in diesem Geschäft. So entschied er sich dafür, im internationalen Grand Hotel Bali Beach anzuheuern, und er bereute
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