Mord auf dem Golfplatz
weit laufen müssen.«
Die ruhige Stimme ließ uns hochfahren. Giraud stand draußen und schaute zum offenen Fenster herein.
Dann sprang er ins Zimmer und ging zum Tisch.
»Ich stehe zu Ihren Diensten. Bitte entschuldigen Sie, dass ich mich nicht früher gemeldet habe.«
»Aber nicht doch – nicht doch!«, sagte der Untersuchungsrichter verwirrt.
»Natürlich bin ich nur ein Detektiv«, fuhr der andere fort. »Ich weiß nichts über Verhöre. Aber wenn ich eins zu führen hätte, dann würde ich das nur ungern bei offenem Fenster tun. Jeder, der zufällig draußen steht, kann zuhören. Aber egal.«
M. Hautet wurde rot vor Zorn. Zwischen dem Untersuchungsrichter und dem auf den Fall angesetzten Detektiv konnte von großer Liebe eindeutig nicht die Rede sein. Sie waren gleich zu Anfang aneinander geraten. Vielleicht war das auch gar nicht zu vermeiden gewesen. Giraud hielt alle Untersuchungsbeamten für Idioten, und M. Hautet, der sich so ernst nahm, musste sich einfach vom lässigen Auftreten des Pariser Detektivs gekränkt fühlen.
»Eh bien, Monsieur Giraud«, sagte der Untersuchungsrichter in ziemlich scharfem Ton. »Zweifellos haben Sie Ihre Zeit aufs Hervorragendste genutzt. Sie können uns sicher die Namen der Mörder nennen, nicht wahr? Und auch deren derzeitigen Aufenthaltsort?«
Von dieser Ironie unangefochten erwiderte M. Giraud: »Ich weiß zumindest, woher sie gekommen sind.«
Er zog zwei kleine Gegenstände aus der Tasche und legte sie auf den Tisch. Wir drängten uns aneinander. Es handelte sich um sehr schlichte Gegenstände: einen Zigarettenstummel und ein unbenutztes Streichholz. Der Detektiv fuhr herum und wandte sich an Poirot.
»Was sehen Sie da?«, fragte er.
In seinem Tonfall lag etwas fast Brutales, das mich erröten machte. Poirot dagegen ließ sich nicht beeindrucken. Er zuckte mit den Schultern.
»Einen Zigarettenstummel und ein Streichholz.«
»Und was sagt Ihnen das?«
Poirot hob die Hände.
»Es sagt mir – nichts.«
»Ah!«, sagte Giraud zufrieden. »Sie haben sich ja auch nicht mit diesen Gegenständen befasst. Das ist kein gewöhnliches Streichholz – jedenfalls nicht in diesem Land. In Südamerika kommt es sehr häufig vor. Zum Glück ist es unbenutzt, sonst hätte ich das vielleicht nicht erkannt. Offenbar hat einer der Männer seine Zigarette weggeworfen und sich eine neue angesteckt, und dabei ist ein Streichholz aus der Schachtel gefallen.«
»Und das andere Streichholz?«, fragte Poirot.
»Welches andere?«
»Das, mit dem er seine Zigarette angezündet hat. Haben Sie das auch gefunden?«
»Nein.«
»Vielleicht haben Sie nicht gründlich genug gesucht.«
»Nicht gründlich genug gesucht…« Der Detektiv schien einem Wutausbruch nahe, doch er riss sich zusammen. »Ich sehe, Sie machen gern einen Witz, Monsieur Poirot. Wie auch immer – ob wir das Streichholz nun haben oder nicht, der Zigarettenstummel allein reicht schon aus. Es handelt sich um eine südamerikanische Zigarette mit Lakritzpapier.«
Poirot verbeugte sich.
Der Kommissar sagte: »Zigarettenstummel und Streichholz könnten auch von Monsieur Renauld stammen. Vergessen Sie nicht, dass er erst vor zwei Jahren aus Südamerika zurückgekehrt ist.«
»Nein«, erwiderte der andere voller Überzeugung. »Ich habe Monsieur Renaulds Hinterlassenschaft bereits durchgesehen. Er hat ganz andere Zigaretten geraucht und andere Streichhölzer benutzt.«
»Finden Sie es nicht seltsam«, fragte Poirot, »dass diese Fremden weder Waffe noch Handschuhe noch Spaten mitbringen und alles griffbereit hier vorfinden?«
Giraud lächelte ziemlich herablassend.
»Das ist zweifellos merkwürdig. Und ohne meine Theorie wäre es ganz und gar unerklärlich.«
»Aha!«, sagte M. Hautet. »Ein Komplize hier im Haus.«
»Oder draußen«, erwiderte Giraud mit seltsamem Lächeln.
»Aber jemand muss sie ins Haus gelassen haben. Wir können doch nicht davon ausgehen, dass sie durch einen schlichten Glücksfall die Haustür offen vorgefunden haben?«
»Es hat ihnen jemand die Tür aufgemacht, aber sie hätte sich genauso leicht von außen öffnen lassen – von jemandem, der über einen Schlüssel verfügte.«
»Aber wer hatte einen Schlüssel?«
Giraud zuckte die Achseln.
»Wer immer einen hatte, wird es nur dann zugeben, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Aber es gibt mehrere, die einen Schlüssel gehabt haben können. Monsieur Jack Renauld, der Sohn, zum Beispiel. Er ist zwar gerade unterwegs nach Südamerika, aber
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