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Mord auf dem Golfplatz

Mord auf dem Golfplatz

Titel: Mord auf dem Golfplatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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meiner einzigen Tante!«, rief sie. »Was machen Sie denn hier?«
    »Und was ist mit Ihnen?«, gab ich zurück.
    »Bei unserer letzten Begegnung, vorgestern nämlich, sind Sie gerade wie ein braver kleiner Junge nach England zurückgetrottet.«
    »Bei unserer letzten Begegnung«, sagte ich, »sind Sie wie ein braves kleines Mädchen zu Ihrer Schwester zurückgetrottet. Ach übrigens, wie geht es Ihrer Schwester eigentlich?«
    Ich wurde mit einem Blitzen weißer Zähne belohnt.
    »Wie lieb, dass Sie fragen. Meiner Schwester geht es gut.«
    »Und ist sie auch hier?«
    »Sie ist in der Stadt geblieben«, erklärte die Range würdevoll.
    »Ich glaube nicht, dass Sie eine Schwester haben«, sagte ich lachend. »Und wenn doch, dann heißt sie Harris.«
    »Wissen Sie noch, wie ich heiße?«, fragte sie lächelnd.
    »Cinderella. Aber jetzt werden Sie mir Ihren richtigen Namen verraten, nicht wahr?«
    Mit verruchtem Blick schüttelte sie den Kopf.
    »Und auch nicht, warum Sie hier sind?«
    »Ach, das! Sie wissen doch sicher, dass Leute in meiner Branche manchmal Ruhepausen einlegen müssen.«
    »In teuren französischen Badeorten?«
    »Spottbillig, wenn Sie sich auskennen.«
    Ich blickte sie forschend an.
    »Aber vor zwei Tagen wollten Sie noch nicht herkommen.«
    »Wir alle erleben gewisse Enttäuschungen«, sagte Miss Cinderella salbungsvoll. »Und jetzt habe ich Ihnen fast schon mehr erzählt, als gut für Sie ist. Kleine Knaben sollten nicht so neugierig sein. Und Sie haben mir noch immer nicht verraten, was Sie hergeführt hat.«
    »Wissen Sie noch, dass ich von meinem Freund erzählt habe, dem großen Detektiv?«
    »Ja?«
    »Und vielleicht haben Sie von dem Verbrechen gehört – in der Villa Geneviève?«
    Sie starrte mich an. Ihre Brust hob und senkte sich, und sie machte große Augen.
    »Sie wollen doch nicht sagen – dass Sie damit zu tun haben?«
    Ich nickte. Zweifellos hatte ich eine Menge Punkte erzielt. Die Bewegung, mit der sich mich ansah, war einfach zu deutlich. Sie starrte mich einige Sekunden schweigend an. Dann nickte sie energisch.
    »Na, wenn das nicht dem Fass die Krone ins Gesicht schlägt! Nehmen Sie mich ins Schlepptau. Ich möchte den ganzen Schrecken sehen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wie ich es sage. Gott segne Sie, Junge, wissen Sie denn nicht mehr, dass ich für Verbrechen schwärme? Ich schnüffele hier schon seit Stunden herum. Wie gut, dass ich Sie getroffen habe. Kommen Sie, zeigen Sie mir alle Sensationen!«
    »Aber hören Sie – Moment mal – das geht nicht! Niemand hat Zutritt. Die Polizei ist da schrecklich streng.«
    »Aber sind diese hohen Tiere nicht Ihre dicken Freunde?«
    Ich gab meine wichtige Pose nur äußerst ungern auf.
    »Warum ist Ihnen das so wichtig?«, fragte ich kleinlaut. »Und was genau wollen Sie sehen?«
    »Ach, einfach alles. Den Tatort, die Waffe, die Leiche, Fingerabdrücke und überhaupt alles, was interessant ist. Ich bin noch nie so dicht an einen Mord herangekommen. Ich werde mein Leben lang davon zehren.«
    Angeekelt wandte ich mich ab. Was war nur mit den modernen Frauen los? Von der makabren Neugier dieses Mädchens wurde mir übel.
    »Kommen Sie schon runter von Ihrem hohen Ross«, sagte die Dame plötzlich. »Und tun Sie nicht so hochgestochen. Als Sie hergebeten wurden, haben Sie da vielleicht die Nase hochgereckt und behauptet, das sei eine unappetitliche Sache, mit der Sie nichts zu tun haben wollten?«
    »Nein, aber…«
    »Wenn Sie hier Ferien machten, würden Sie dann nicht ebenso herumschnüffeln wie ich? Natürlich würden Sie.«
    »Ich bin ein Mann. Sie sind eine Frau.«
    »Für Sie ist eine Frau ein Wesen, das schreiend auf einen Stuhl springt, wenn es eine Maus sieht. Das ist doch graue Vorzeit. Aber Sie werden mich herumführen, nicht wahr? Verstehen Sie, das kann für mich sehr wichtig sein.«
    »Wieso das?«
    »Die Presse hat keinen Zutritt. Ich könnte vielleicht mit einer Zeitung ein gutes Geschäft machen. Wir haben doch keine Ahnung, wie viel da für ein paar vertrauliche Informationen gezahlt wird.«
    Ich zögerte. Ihre kleine weiche Hand stahl sich in meine.
    »Bitte – seien Sie ein lieber Junge!«
    Ich gab auf. Insgeheim wusste ich, dass ich meinen Auftritt als Fremdenführer durchaus genießen würde.
    Als Erstes gingen wir zu der Stelle, an der der Leichnam gefunden worden war. Ein Polizist hielt dort Wache und salutierte respektvoll; er kannte mich vom Sehen und stellte keine Fragen, was meine Begleiterin betraf. Vermutlich

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