Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi
Glauben entschieden.« Doch Schwester Jadwigas Bemerkung wurde weggewischt.
»Leonie war für ihn unerreichbar. Hat er sie vergewaltigt?« Patrick Haberl schrie es Stefan regelrecht entgegen. Leonies Mutter stöhnte bei diesen Worten gequält auf.
Jetzt wurde es heikel. Siglinde Servus hatte von Fesselspuren und Abschürfungen gesprochen und dass laut ihrem ersten Eindruck kein Verkehr, wie auch immer, und keine Penetration stattgefunden hatte. Aber Leonie musste erst obduziert werden. Siglinde würde die Tote morgen mit nach München nehmen. Dann könne sie Fundiertes sagen, wie sie betonte.
Und Stefan stand da und hatte wirklich zu wenig Ahnung, nur durfte er das dem Vater nicht auf die Nase binden. »Nach einer ersten Beurteilung gab es keine Vergewaltigung, aber um genaue Erkenntnisse zu erlangen, wird Ihre Tochter baldmöglich obduziert.«
Das war kalt, was ihm auch der Blick von Schwester Jadwiga bestätigte. Das hätte er besser machen können, und jetzt bekam er die Quittung.
»Aufgeschnitten?!« Leonies Mutter, eine zierliche blonde Frau, die auf den ersten Blick zerbrechlich wirkte, rang die Hände und griff sich an den Hals, als würde ihr die Kehle eng.
Stefan versuchte ihr so sanft es ging zu erklären, dass sämtliche Instanzen alles taten, was in ihrer Macht stand, um den Täter zu ermitteln. Und dazu gehöre auch, sich Leonies Körper genau anzuschauen.
Jede kleinste Spur zu finden, das war ihre Aufgabe.
Ob es Petra Haberl überzeugte, bezweifelte Stefan.
»Was dann? Was hat er dann mit ihr gemacht?«, wollte der Vater wissen.
Genauso heikel. Weil die Leiche nur Unterhemd und Höschen anhatte.
Diplomaten konnten vielleicht auf eine spezielle Weise antworten, konnten unauffällig Tatsachen verschleiern. Vielleicht sollte Stefan das einmal üben, aber ihm lag nichts an Verschleierung.
»Leonie wurde niedergeschlagen und gefesselt. Der Täter hat ihr den Mantel abgenommen.« Wer verschleierte jetzt?
»Sie verheimlichen doch was!«, brauste Patrick Haberl auf. »Da ist noch was. Warum sagen Sie es nicht?«
Weil ich nicht brutal bin. Es war ein Bild, das man nicht mehr aus dem Kopf bekam.
»Besser, Sie beeilen sich mit der Täterergreifung«, er zerhackte das Wort in fünf Abschnitte, »denn wenn ich ihn vor der Polizei erwische – bring ich ihn um.« Klar und deutlich und wenig überraschend.
Petra Haberl hielt ihren Mann am Arm fest, aber er schüttelte sie ab.
»Dieser Raum hier … er spricht von etwas anderem, nämlich Hoffnung, Liebe und Vergebung.« Maßlos übertrieben. Stefan sah überhaupt nichts in der Richtung, nur Schmerz, Krankheit und Verlorensein. Aber wenn es Petra Haberl nur ein klein wenig half, dann wollte er gern schummeln.
»Die andere Wange hinhalten? Der Kerl hat meine Tochter umgebracht! Ich verkaufe Gnadenbilder, Reliquien und religiöse Kunst, was aber nicht heißt, dass ich bigott bin und vor lauter Verblendung nicht mehr aus den Augen sehen kann«, ätzte Patrick Haberl.
Stefan hätte gern jemanden an seiner Seite gehabt, der darauf eine passende Erwiderung geben konnte, doch die Anwesenheit der Priorin war wenig hilfreich. Schwester Jadwiga war als Büßerin aufgetreten, wahrscheinlich hätte sie sich nicht einmal über einen körperlichen Angriff gewundert, der zum Glück ausblieb.
Es kam anders, aber kaum weniger schlimm. Stefan hatte nicht auf Petra Haberl geachtet, weil er damit beschäftigt gewesen war, den Mann im Auge zu behalten.
Plötzlich krachte etwas an die Wand. Das Porzellan, was immer es auch gewesen war, zersplitterte in tausend Teile. Petra Haberl warf sich auf den Fußboden, trommelte mit den Fäusten auf das Holz ein und verlangte weinend ihr Kind zurück.
Zuerst musste er die Schwester loswerden. Stefan Sanders fuhr die Priorin zum nächsten Anleger. Sie hatte ihr Handy dabei und meinte, Valentin Zeiser, der Klosterwirt, werde schon für ihren Transport sorgen. »Er wird öfter gebeten, kleine Fahrten zu übernehmen.«
Und Stefan zückte seines. Siglinde Servus hatte ihm Marians Bilder geschickt, damit stand er wenigstens nicht nackt da.
Er verabschiedete sich von Schwester Jadwiga und wünschte ihr eine gute Überfahrt.
Sie verstand gut, dass er unbedingt mit Andreas Bacher reden musste. Patrick Haberl spaßte nicht mit seiner Drohung. Beide Familien wohnten in Chieming. Die Väter waren Geschäftsleute und im Ort bekannt.
Stefan klickte sich durch die Fotos. Marian hatte sich nicht nur nasse Füße geholt, sie hatte sich
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