Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi
einmal, von einem kleinen Mädchen.
Die Rufe der Sucher wurden kontinuierlich leiser.
»Herr Sanders?«, fragte plötzlich jemand, und Stefan erkannte Schwester Jadwiga.
»Ist ja schön … erwische ich Sie endlich«, sagte er. Es war ihm gleich, dass er gallig klang. Dann entdeckte er Susanne Dahm in ihrem Schatten. Ein wenig Aufatmen war erlaubt. »Bringen Sie das Mädchen in Sicherheit. Wenn nötig verbringen Sie die Nacht mit ihr.« Es war ganz unmissverständlich eine Anordnung.
»Herr Kriminalkommissar … Sie machen sich Gedanken, aber das rechtfertigt Ihren herausfordernden Ton nicht.«
»Gedanken?«, schnappte er. »Klitzekleine würde ich mir vielleicht machen, wenn ich hier keinen Mörder suchen müsste.« Und wenn ich nicht um Marian fürchten würde, dachte er.
»Jemand ist mir gefolgt«, ließ sich Susanne vernehmen, »als ich auf meinen Peter gewartet hab. Ich hab Schritte gehört … und mich versteckt.« Ihre Stimme klang ängstlich.
»Du hast denjenigen gesehen?« Stefan hoffte es, glaubte aber nicht daran.
»Nein«, sagte sie gleich darauf.
Schwester Jadwiga war so schlau, nichts mehr zu erwidern, sondern mit Susanne in Richtung Kloster zu gehen. Eine Novizin, die einen Freund hatte. Interessant.
Valentin hatte Stefans Bemerkung mitbekommen, von da an schaute er sich nach allen Seiten um, als wäre er derjenige, der etwas zu fürchten hatte. »Gut, dass es nicht der Junge war – wer war es dann?«
»Groß würde ich die Auswahl nicht nennen«, war alles, was Stefan dazu sagte.
Er hätte endlos gesucht, aber Kath nahm irgendwann seinen Arm und zog ihn mit sich. »Wir müssen ein bisschen ausruhen und … nachdenken. Das geht aber nicht, wenn wir vor Erschöpfung umfallen.«
»Der See.« Stefan klang erstickt. »Verdammt, ich komme mir vor, als würde ich Marian im Stich lassen.«
»Nein, nicht der See. Valentin, hast du ein Bett für mich?«
Der Angesprochene nickte, aber er lief hinter ihr und Kath sah das Nicken nicht. »Natürlich, immer zu Diensten. – Marian? Die schöne Nonne heißt Marian?«
Sie verabredeten sich für den nächsten Morgen. Der Klosterwirt war nicht gefragt worden, aber Valentin erklärte, er wolle auch dabei sein.
Der Morgen würde in kaum mehr als zwei Stunden anbrechen.
10
Barbara
Märtyrerin, der Gruppe der vierzehn Nothelfer zugeordnet.
Die Tochter des wohlhabenden Dioscuros Ende des 3. Jahrhunderts in Nikomedien begab sich immer wieder zu einer Gruppe von getauften Christen, die aus Angst vor den kaiserlichen Christenverfolgern im Verborgenen lebten. Der Vater ließ seine Tochter in einen Turm einsperren, und als Barbara ihm gestand, das Taufsakrament empfangen zu haben, brachte er sie zum Statthalter, einen der erbittertsten Christenverfolger. Dieser gab den Befehl, sie mit dem Schwert zu töten. Vollstrecker war ihr eigener Vater.
4. Dezember
Zwei Stunden. Stefan hatte gerade die Augen geschlossen, und kurz darauf, so kam es ihm vor, spielte sein Handy schon die Weckmelodie, die leise einsetzte und dann immer lauter wurde.
Er hatte sich nicht ausgezogen, bloß hingelegt, sodass er jetzt nur aufstehen musste.
Stefan konnte sich denken, wie er aussah, doch viel dagegen tun wollte er nicht, es würde nur Zeit kosten.
An der Tür klopfte es, und Schwester Jadwiga erschien mit einem Tablett. »Frühstück, und ich will nicht hören, dass Sie nichts essen wollen. – Sie essen!« Mit verschränkten Armen blieb sie stehen, wie eine Wärterin.
»Danke«, sagte er. Es roch wunderbar. Sie hatte ihm alles aufgeladen, was die Küche hergab. Er hatte völlig vergessen, dass er gestern kaum etwas zu sich genommen hatte. Eigentlich war er am Verhungern.
»Ich wollte Sie nicht so anfahren«, entschuldigte er sich. »Ich hab Susanne in Gefahr gesehen, weniger Marian.«
Sie verbesserte ihn wegen des Namens nicht. »Also ist Andreas Bacher nicht der Mörder, aber so wie Sie sich aufführen, beherbergen wir ihn womöglich.« Sie sah ihn eindringlich an, und ihre Miene zeigte etwas wie Ekel.
»Womöglich«, bestätigte Stefan.
»Wir haben überall gesucht – was können wir noch tun?« Die Priorin hatte dunkle Ringe unter den Augen. »Schwester Althea ist mir die Liebste von allen, obwohl sie mich früher, als ich noch Novizin war, ganz schön getriezt hat. Sie glaubt, ich wüsste es nicht mehr.« Jadwiga lachte. »Herr Sanders … was auch erforderlich ist, zählen Sie auf mich.«
Ein bisschen triezt sie dich immer noch, meinte Stefan.
Nachdem er
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