Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi
nur sie, doch seit die Mumie entdeckt worden war, wüssten es vermutlich alle Schwestern und noch einige andere Personen. »Dr. Seidel hat viel Zeit im Archiv verbracht, es ist anzunehmen, dass er die Pläne eingesehen hat und sich denken kann, dass es eine geheime Kammer gibt. Die Maße verraten es dem, der einen Plan lesen kann.«
»Was ist mit dem Historiker?«, wollte Stefan wissen.
»Ich glaube, er hat nichts davon gewusst. Seinem Gesicht war die Überraschung ganz deutlich anzusehen.«
Er dankte Jadwiga und schärfte ihr noch mal ein, auf Susanne zu achten.
»Einer von beiden ist der Mörder, das glauben Sie doch«, sagte sie. »Dr. Seidel hat angekündigt, morgen im Laufe des Tages abzureisen.«
Wenn es sein musste, würde Stefan den Erzbischof ersuchen, dem Archivar noch irgendeine Aufgabe im Kloster zu übertragen. So wie es sich darstellte, hatte Seidel Marian eingesperrt. Er hatte ihren Tod billigend in Kauf genommen. »Niemand wird abreisen!«, betonte er.
Er ging zurück in die Küche und drehte den Schlüssel im Schloss. Kath hatte bereits begonnen, Marian auszuziehen. Die ganze Situation kam ihm vertraut vor, nur hatte beim letzten Mal die ehemalige Richterin nackt vor ihnen gelegen.
»Wozu ein Arzt, wenn Sie wissen, was zu tun ist?«, fragte Stefan.
»Den brauchen wir, denn er soll etwas bestätigen.« Kath nahm eine Schere und schnitt das Ordensgewand in Streifen. »Ich bin mir sicher, du bekommst ein schönes Neues«, sagte sie zu Althea.
Stefan wartete. Ihr gegenüber konnte er zwar zugeben, dass er nicht wusste, wofür eine Bestätigung nötig war, aber besser wäre es, er müsste das nicht.
»Wen haben Sie vorhin erkannt? Das war es doch … Leonies Mörder? – Marian hat ihn nicht gesehen, nur seine Schuhe. Er weiß, dass sie ihn nicht gesehen hat, er hatte keinen Grund, sie zu töten.«
»Der Mörder weiß es, doch der andere ist durcheinander und sehr ärgerlich. Er ist höllisch erschrocken, als diese Tür aufging. Schweiß stand ihm auf der Stirn.« Sie schnitt das Band eines kleinen Beutels durch, der auf Marians Brust lag, und reichte ihn an Stefan weiter.
»Wir brauchen die Aussage des Mediziners, dass sich erst im Laufe der Nacht entscheiden wird, ob Althea durchkommt.«
»Das ist aber doch nicht wahr …«
»Nein, mein lieber Junge«, sagte sie. »Ich weiß, dass du Angst um sie hast. Ich bleibe die ganze Nacht hier bei ihr.«
Stefan war gerade eingeknickt. Zum Glück war Katharina Venzl die Zeugin seiner Schwäche und niemand anders.
»Wer soll das veranlassen? Ein Arzt tut für seinen Patienten einiges, aber er würde nicht lügen. Da sind sie empfindlich.«
»Du«, sagte Kath schlicht.
Also glaubte sie, dass etwas passieren würde.
Er hatte den Brustbeutel in der Hand. Wofür hatte Marian ihn gebraucht? »Der Klosterwirt hat doch etwas von Strumpfhosen gesagt. Marian trägt keine.« Und da war die Schnur in ihrer Hand.
»Besser schwarze Strumpfhosen an das Münster hängen«, sagte Kath, »ihre roten Unterhosen hätten zu großes Aufsehen erregt.«
* * *
Die findige Nonne hatte sich doch tatsächlich selbst gerettet – vielleicht, sagte er sich. Denn gerade hatte der Arzt die Bühne betreten.
Genauso musste es einem vorkommen. Sie standen alle einträchtig besorgt im Gang, und der Klosterwirt erzählte die Heldinnensage. Zum wievielten Male nun schon?
Demnach hatte Schwester Althea ihre Strumpfhosen ausgezogen, klein gefaltet, sie an einer Schnur befestigt, mit einem kleinen Taschenmesser beschwert und alles durch das kleine Loch in der Mauer geworfen, wobei sie das Ende der Schnur festgehalten hatte.
Valentin Zeiser verschwieg natürlich auch nicht, dass er am Morgen die Strumpfhose am Campanile hängen sah. Noch ein Held.
»Und woher hatte sie die Sachen, außer der Strumpfhose, die sie trug?«, wollte eine der Schwestern wissen. Es war die mit den weit auseinanderliegenden Augen, bei der man besser die Gesichtsmitte anvisierte, weil einem sonst schwindlig wurde.
»Weiß man’s?«, tat der Klosterwirt geheimnisvoll. »Der Heilige Geist vielleicht.«
Was der Schwester gar nicht zu gefallen schien. Sie habe vom Heiligen Geist noch nie etwas bekommen, meinte sie enttäuscht.
Er war sich nicht vorgekommen wie in einem Kloster.
Dann verstummten die Stimmen plötzlich.
Der Arzt kam mit miesepetrigem Gesichtsausdruck aus der Küche, murmelte etwas und verkündete dann lauter: »Die Bewusstlosigkeit hält an, es wird sich entweder was ergeben oder
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