Mord auf Raten
wieder im Nacken …«
»Wieso, was hat sie denn getan?«
»Erst hat sie versucht, mich heute fertig zu machen, ich hab Kontra gegeben, und mit einem Mal hat sie eingelenkt. Na ja, ich mag trotzdem nicht an morgen denken, denn sobald sie erfährt, dass ich einen möglichen Verdächtigen festgenommenhabe … Was soll’s. Ich kann nur hoffen, dass die KTU was ergibt. Wenn nicht, ist Banser aus dem Schneider, außer er gesteht von sich aus oder wir finden bei ihm die Tatwaffe. Das ist jedenfalls der mysteriöseste Fall, den ich je zu bearbeiten hatte. Habe ich es mit einem oder mit zwei Tätern zu tun? Hat Wedel Kaufung auf dem Gewissen und musste er dafür sterben, oder sind es zwei völlig voneinander getrennte Fälle? Ich habe keinen blassen Schimmer. Komm, gehen wir heim, ich bin müde.« Sie gingen Hand in Hand zurück zur Elisabethenstraße. Es war mittlerweile dreiundzwanzig Uhr geworden, die Luft war klar und angenehm kühl. Er würde sicher gut schlafen können nach diesem Tag. Er wünschte es sich.
Donnerstag, 5.50 Uhr
Peter Brandts Wunsch war nicht in Erfüllung gegangen. Er hatte eine ätzende Nacht hinter sich, hatte sich ständig hin und her gewälzt, geplagt von üblen Träumen, an die er sich jedoch nicht mehr oder nur schemenhaft erinnern konnte. Er kannte diesen Zustand, diese Träume hatte er immer, wenn er sich zu sehr in einen Fall verbiss und nicht vorankam. Entsprechend mürrisch war er an diesem Morgen, als er, während Andrea noch ruhig neben ihm atmete, auf Zehenspitzen das Schlafzimmer verließ und sich zum Bad begab. Das einzig Gute an diesem Morgen bestand darin, dass er der Erste in dem sonst heiß umkämpften Raum war, um den sich in spätestens zwanzig Minuten Sarah, Michelle und Andrea scharen würden. Er hatte geduscht und sich rasiert, und als er fertig war, stand bereits Sarah davor und sah ihn mit diesem Mann-musstdumir-so-früh-schon-die-Laune-verderben-Blickan. Er murmelte nur ein »Guten Morgen, Sarah«, während Andrea ihm verschlafen entgegenkam.
»Zu spät«, meinte er nur, gab ihr einen Kuss und ging in die Küche, um sich zwei Toasts und eine Tasse Kaffee zu machen. Er wollte so früh wie möglich im Präsidium sein, um Banser zu vernehmen. Andrea kam ihm nach, als sie merkte, dass sie in der nächsten Dreiviertelstunde keine Chance auf das Bad hatte, und setzte sich zu ihm. Ihre Haare waren verwuschelt, die Augen noch klein.
»Seit wann bist du auf? Ich hab dich gar nicht gehört.«
»Kurz vor sechs. Konnte nicht mehr schlafen, wenn man die letzten Stunden überhaupt als Schlafen bezeichnen kann.«
»Kannst wieder mal nicht abschalten.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. »Dir ging ja schon gestern Abend die ganze Zeit im Kopf rum, was wohl heute sein wird.« Sie beugte sich nach vorn und berührte zärtlich seine Hand, indem sie sanft mit den Fingern darüberstrich. »Mach dir nicht immer Gedanken über das, was sein wird oder sein könnte. Lass die Dinge einfach auf dich zukommen. Du bist so ein intuitiver Mann …«
»Na wunderbar! Und wieso hat mir meine Intuition bis jetzt nicht verraten, wer Kaufung und Wedel umgebracht hat?!«
Die Toasts sprangen heraus, er stand auf, legte sie auf den Teller, bestrich sie mit Butter und Aprikosenmarmelade und schenkte sich einen Becher Kaffee ein.
»Weil du es nicht zulässt.«
»Was soll denn dieser Schwachsinn?! Ich bin heute früh nicht für so was aufgelegt. Außerdem, was lasse ich nicht zu?«
»Vergiss es.«
»Jetzt sag schon«, bat er in versöhnlichem Ton, biss von seinem Toast ab und spülte mit einem Schluck Kaffee hinterher.
»Manchmal lässt du dich von deiner inneren Stimme leiten, und dann wieder ignorierst du sie und willst Dinge erzwingen, die sich nicht erzwingen lassen. Das hat etwas mit innerer Lockerheit zu tun. Du ärgerst dich, dass du nicht schon nach einem oder zwei Tagen den Mörder von Kaufung aufgespürt hast, und jetzt ärgerst du dich noch mehr, dass dein eigentlicher Hauptverdächtiger ebenfalls tot ist. Und du ärgerst dich über Elvira und hast schon wieder Angst vor ihr, was sie wohl heute von dir wollen könnte. Und du bist sehr unsicher, was diesen Banser angeht.«
»Du hast gut reden«, sagte Brandt und lehnte sich zurück. »Du brauchst ja nur die Leichen aufzuschneiden, aber ich kann mich nicht bloß auf meine innere Stimme verlassen, ich muss auch Fakten berücksichtigen. Wenn ich der Klein mit Intuition komme, hält die mich doch für total durchgeknallt. Außerdem
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