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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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war es feucht und kühl, trotz des Heizstrahlers an der Wand. Bei näherem Hinsehen entpuppte sich die Frau am Schreibtisch als weniger mollig, als er gedacht hatte. Gegen die Kälte trug sie eine Isolationsschicht von mindestens zwei Wollpullovern und einer Strickjacke.
    »Es ist ein wenig frisch hier drinnen«, sagte er, wobei er die getünchte Wand berührte. Die Steine waren wahrscheinlich einen Meter dick und innen kälter als außen. »Bei dem geräumigen Haus hätte man erwartet, daß Mr. Swain sein Büro eher dort drinnen als hier draußen hätte.«
    »Das wollte Mrs. Swain nicht«, sagte die junge Frau.
    »Haben Sie das von ihm?«
    Sie überlegte. »Nein.«
    »Und wie kommen Sie darauf?«
    Sie überlegte noch einmal und sagte dann gleichmütig: »Keine Ahnung, aber ich bin mir sicher.«
    Pascoe dachte seinerseits über ihre Antwort nach. Überraschenderweise ergab das, was sie sagte, einen Sinn.
    »Seit wann arbeiten Sie hier, Miss …? Es tut mir leid …?«
    »Shirley Appleyard. Und Mrs. «
    »Entschuldigung. Sie sehen so jung aus«, sagte er charmant. Er hätte ebensogut mit einer Taschenlampe in ein Schwarzes Loch leuchten können.
    »Ich bin neunzehn«, sagte sie. »Ich bin seit zwei Jahren hier.«
    »Gefällt Ihnen der Job?«
    Schulterzuckend meinte sie: »Immerhin ein Job. Heutzutage besser als nichts.«
    »Ja, die Stellen sind dünn gesät«, sagte Peter, der nun die Betroffenheitsmasche strickte. »Sie haben gut abgeschnitten, wahrscheinlich gab es viele Bewerber.«
    »Nein«, erwiderte sie. »Ich hab die Stelle bekommen, weil mein Vater und Mr. Swain Teilhaber sind.«
    »Sie sprechen von Mr. Stringer? Wie praktisch«, sagte Pascoe.
    »Wollen Sie damit sagen, daß ich dem lieben Gott für mein Glück danken soll? Keine Sorge, das höre ich wenigstens zweimal am Tag und sonntags dreimal.«
    Sie sprach mit einer dumpfen Gleichgültigkeit, die schlimmer als Groll war. Pascoe, der wie immer neugieriger war, als er es von Berufs wegen hätte sein müssen, sagte: »Ich habe Ihren Vater heute morgen kennengelernt. Er schien nicht ganz auf der Höhe zu sein …«
    »Wollen Sie damit sagen, daß es ihm an christlicher Nächstenliebe mangelte?« fragte sie und verzog ironisch das Gesicht. »Zu der Sorte Christen gehört er nämlich nicht. Ist Ihnen bei der Fahrt durch das Dorf nicht die Kapelle aufgefallen? Roter Backstein. Das ist mein Vater. Bis ins Mark.«
    Lächelnd fragte Pascoe: »Sie wohnen noch im Dorf? Bei Ihren Eltern?«
    »Ja. Ilex Cottage. Das da drüben, an der Ecke des Feldes.«
    Pascoe schaute aus dem Fenster. Durch den nach hinten offenen Hof war knapp fünfzig Meter weiter ein kleines Haus zu sehen.
    »Da haben Sie es nicht weit zur Arbeit«, sagte er. »Ihr Mann wohnt auch hier?«
    »Er arbeitet woanders, sofern Sie das überhaupt etwas angeht«, erwiderte sie plötzlich ärgerlich. »Und was hat das alles damit zu tun, daß Mrs. Swain erschossen wurde?«
    »Erschossen? Wo haben Sie das denn her?« fragte Pascoe erstaunt. Die Zeitung hatte bisher nur eine Schießerei in der Hambleton Road gemeldet, und er konnte nicht glauben, daß Seymour bei seinem Besuch eine Indiskretion begangen hatte.
    »Mein Vater rief heute morgen an und sagte, es gebe irgendeinen Ärger, etwas mit Mrs. Swain und einer Schießerei, er war nicht besonders klar, doch er hat mich angerufen, ich solle den Mund halten, falls man mich auf der Arbeit aufsucht und Fragen über die Swains stellt.«
    »Die Polizei natürlich ausgenommen«, lächelte Pascoe.
    »Das hat er nicht gesagt«, antwortete sie, ohne sein Lächeln zu erwidern. »Sie ist also tatsächlich erschossen worden? Tot?«
    Pascoe sagte vorsichtig: »Eine Schießerei hat stattgefunden, ja. Und ich fürchte, Mrs. Swain ist tot. Aber ich hoffe, daß Sie sich trotz Ihres Vaters in der Lage sehen, einige Fragen zu beantworten, Mrs. Appleyard.«
    »Als da wären?«
    »Als da wären – was hielten Sie von Mrs. Swain?«
    »Sie war in Ordnung«, sagte Shirley Appleyard. »Ein bißchen eingebildet, aber immer höflich, wenn wir uns begegnet sind.«
    »Auf den Fotos sieht sie nett aus«, sagte Pascoe. Er dachte an das Hochzeitsalbum, das sie im Haus gefunden hatten, und versuchte, nicht an die blutigen Reste auf den offiziellen Polizeifotos zu denken.
    »Nicht schlecht«, sagte das Mädchen. »Und sie verstand es, etwas aus ihrem Typ zu machen. Kleidung, Schmuck und Make-up, meine ich. Nichts Auffälliges, aber man sah auf den ersten Blick, daß es eine

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