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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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hatte, wohin sie durch die Decke des Zimmers gedrungen war. Der Blutalkoholspiegel betrug 1,5 Promille, was bedeutete, wie Dalziel es ausdrückte, daß sie ganz schön besoffen gewesen war. Reste eines, wie der Pathologe es bezeichnete, exotischen Mahls, wahrscheinlich chinesisch oder indisch, befanden sich in ihrem Magen. Sie war eine starke Raucherin gewesen, war am Blinddarm operiert, hatte sich vor mindestens drei Jahren das linke Schienbein gebrochen, hatte keine Kinder geboren und einige Stunden vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr gehabt.
    Und sie war heroinabhängig.
    Dalziel warf den Kopf in den Nacken und bellte: »Seymour!«
    Dreißig Sekunden später schielte ein breitschultriger Rotschopf durch die Tür. Detective Constable Dennis Seymours Ohr war nicht ausreichend geschult, um ein Furioso von einem schlichten Fortissimo zu unterscheiden, und so war er immer auf das Schlimmste gefaßt.
    »Du hast Swains Haus auf den Kopf gestellt?« fragte Dalziel.
    »Ja, Sir. Der Bericht liegt auf Ihrem Schreibtisch, Sir.«
    »Ich habe ihn gelesen. Nicht übel. Ich kann nur nichts über Drogen darin entdecken.«
    »Drogen?« Seymours hübsches Gesicht erstarrte. »Man hat mir nicht aufgetragen, nach Drogen zu suchen, Sir.«
    »Man hat dir auch nicht aufgetragen, nach Berberaffen zu suchen, aber ich wage zu behaupten, daß du es vielleicht erwähnt hättest, wenn du in der Küche über einen gestolpert wärst!«
    »Ich wollte sagen, Sir, daß nichts auf Drogen hinwies.«
    »Ach ja? Du hast jede Flasche im Badezimmerschrank überprüft, was? Hast deinen Finger in jedes Gefäß und jeden Behälter in der Küche gesteckt und abgeleckt?«
    Seymour schüttelte den Kopf. Er sah so zerknirscht aus, daß Dalziel, der durchaus in der Lage war, eine Ungerechtigkeit zuzugeben – vorausgesetzt, er hatte sein Ziel erreicht –, einlenkte: »Nicht dein Fehler, Junge. Man hatte dich in der Tat nicht darauf hingewiesen. Doch um vorwärtszukommen, muß man Dinge tun, zu denen man nicht aufgefordert wurde, solange man nichts tut, was man ausdrücklich nicht tun sollte, es sei denn, man weiß ganz genau, daß es getan werden muß. Bitte doch Mr. Pascoe, einen Augenblick zu mir zu kommen.«
    Sergeant Seymour machte sich mit der Mischung aus Erleichterung und Verblüffung auf den Weg, die ein Ratsuchender beim Verlassen des sibyllinischen Orakels verspürt. Dalziel nahm den Hörer ab und sprach mit Sergeant Broomfield vom Empfang.
    »Schaff den Quacksalber ran, George, ja? Er soll Swain auf Drogenmißbrauch untersuchen.«
    »Ja, Sir. Was, wenn Swain nicht untersucht werden will, Sir?«
    »Sag ihm, es sei Routine vor der Entlassung. Damit er uns hinterher nicht der Mißhandlung bezichtigen kann. Er ist doch nicht etwa zufällig vom Stuhl gefallen oder mit dem Kopf gegen den Stiefel eines Beamten geknallt?«
    »Nein, Sir. Bisher hat er sich sehr gut aufgeführt. Bis auf eine Ausnahme. Er will seinen Anwalt sprechen.«
    »Dazu hat er aber lange gebraucht! Das hätte er schon gestern abend gedurft. Steht im Protokoll. Welches Schlitzohr vertritt ihn denn?«
    »Mr. Eden Thackeray.«
    »Der alte Eden? Scheiße. Hol so schnell du kannst den Quacksalber, George.«
    Er legte den Hörer auf und sah Pascoe an, der gerade hereingekommen war.
    »Was ist los, Sir, Drogen?«
    »Hat Seymour sich ausgeweint? Ich habe mal große Erwartungen in ihn gelegt, aber ich würde sagen, er ist nicht mehr derselbe, seit er es mit dieser irischen Kellnerin treibt. Die Irinnen gehen an die Substanz. Ich würde Brom in ihre Kartoffeln pumpen. Sieh dir das mal an.«
    Er warf Pascoe den Obduktionsbericht über den Schreibtisch zu.
    »Fahr doch noch mal zu Swain, nimm Seymour mit und sieh nach, was du finden kannst. Ich bezweifle allerdings, daß es viel sein wird. Er kommt mir nicht wie ein Abhängiger vor. Eine Nacht in der Zelle, und die ersten Anzeichen hätten sich eingestellt. Außerdem wäre er schärfer darauf aus gewesen, daß sein Rechtsverdreher ihn hier rausholt. Was sie betrifft, wenn sie wirklich vorhatte, sich nach Los Angeles durchzuvögeln, ist es unwahrscheinlich, daß sie ein Versteck voll Stoff unter den Dielen zurückläßt. Es könnte aber Reste geben. Und wenn er wußte, was los war, kann er uns vielleicht einen Hinweis auf den Dealer geben.«
    »In Ordnung, Sir«, sagte Pascoe. »Übrigens, die Briefe, die Ihnen so am Herzen lagen. Ich dachte, ich …«
    »Zum Teufel mit diesen verdammten Briefen«, sagte Dalziel gereizt. »Wir sind dafür da,

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