Mord fuer Mord
penetrante Typ von der Zeitung, und ich setzen uns auf eine Parkbank, die sich dort in der Nähe befindet. Er lächelt mich an.
»Na, gar nicht so schlecht für einen Zeitungsfritzen?«
39.
Dienstag, 19. August
Ich bin wieder im Krankenhaus bei Kaspar Dinkel. Er ist inzwischen operiert und ab heute auch wieder ansprechbar. Doch wie ein Häufchen Elend liegt er in seinem weißen Bett.
»Ach Doro, ich habe mir solche Sorgen gemacht«, sagt er, als er mich sieht, »dabei hatte ich gedacht, ich hätte alles im Griff. Eine Überwachung von deinem Handy sollte uns zeigen, wo du dich aufhältst.«
»Ich weiß. Ich hab es verbockt. Ich hab‘s einfach gedankenverloren ausgeschaltet. Man hat da manchmal so Mechanismen in sich drin.«
»Was ist denn eigentlich passiert?«
»Kommissar Karl hat mich unwissentlich in einen Hinterhalt gelockt.«
»Geht’s etwas genauer.«
»Ach Kaspar, du weißt doch, das ist eine ziemlich lange Geschichte.«
Kaspar zieht beleidigt ein Gesicht.
»Schau nicht so gekränkt«, melde ich mich nochmals, »die Sache stellt sich folgendermaßen dar. Vor ungefähr zehn Jahren wurde ein Vorarbeiter namens Adam Karl von seinen Arbeitskollegen umgebracht. Sein damals noch minderjähriger Sohn hat aber erst nach fünf Jahren davon erfahren. Er ging anfangs von einem Selbstmord aus. Der Arzt, der den Totenschein ausgestellt hatte, lag im Sterben und wollte sein Gewissen erleichtern.«
»Passt nicht zusammen«, bemerkt Kaspar, »da fehlen noch fünf Jahre zwischendrin.«
»In dieser Zeit hat Tobias Karl, so hieß der Sohn nämlich ursprünglich, seinen Namen mit gefälschten Papieren geändert und bei der Polizei angefangen. So wie es aussieht, hatte er damals schon den Entschluss gefasst, sich zu rächen.«
»Das war unser Herr Müller von der Spurensicherung, nicht wahr?«, fragt Kaspar nach. »Schon bei seinem ersten Besuch ist er mir komisch vorgekommen, aber ich habe nichts Negatives über ihn gefunden.«
»Eigentlich dürftest du gar nichts über sein Vorleben gefunden haben und das, mein lieber Kaspar, ist im Allgemeinen immer höchst verdächtig.«
»Vielleicht hätte ich noch ein wenig genauer hinschauen müssen.«
»Ich mache dir doch keinen Vorwurf«, führe ich meinen Monolog weiter fort. »Dieser Müller, oder Tobias oder wie du ihn nennen möchtest, war schon sehr gerissen. Er hatte sein Leben als unbescholtener Beamter so gut eingerichtet, dass auch niemand von seinen Kollegen Verdacht geschöpft hat, nicht einmal die, die glaubten, ihn näher zu kennen. Jedenfalls, als er sich dann sicher genug fühlte, hat er mit den Morden angefangen.«
»Und Kommissar Karl, also der Thomas?«
»Auch der Thomas hatte sich in seinem neuen Leben eingerichtet. Eine Beförderung stand kurz bevor. Den damaligen Vorfall hat er nahezu vollkommen verdrängt. Es war ja immerhin zehn Jahre her. Als er von dem ersten Mord hörte, hat er gleich die Initiative ergriffen. Er wollte nicht, dass sein damaliges Mitwirken publik wird. Denn auch wenn er damals nicht direkt beteiligt, sondern nur Beobachter war, so hat er den Mord doch nicht verhindert. Er wollte quasi den Mörder ausschalten, bevor dieser vielleicht geschnappt wird und unter Umständen alles ausplaudert.«
»Er hätte lieber mit uns reden sollen, als noch Zeit war«, entgegnet Kaspar.
Er nimmt einen Schluck von seinem auf dem Nachttisch stehenden Mineralwasser zu sich.
Meine Kehle ist von der Rederei auch ziemlich trocken.
»Etwas zu trinken könnte ich auch brauchen.«
Er reicht mir die zur Hälfte geleerte Flasche, die ich in einem Ruck austrinke.
»Es war übrigens echt gruselig in diesem alten Einkaufszentrum, der ganze Raum in Nebel getaucht. Und man hatte die Leichen der vor den Morden verstorbenen Schuldigen ausgebuddelt und sie auch dort aufgestellt. Teile von einem sind mir regelrecht um die Ohren geflogen.«
»Keine angenehme Vorstellung«, meint Kaspar.
»Ich hätte da auch draufgehen können«, erkläre ich, was mir aber jetzt mit ein bisschen Distanz erst richtig bewusst wird.
»Und wie passt dann dieser Addi in die Geschichte? Das war doch ein Halbbruder von diesem Müller«, fragt Kaspar weiter.
»Der feige Addi wusste schon lange von der Geschichte und hat nichts unternommen. Er ist sozusagen von diesem Tobias da reingedrängt worden. Wenn du mich fragst, war er schon von Anfang an als Sündenbock vorgesehen, sein Bruder erachtete auch ihn als schuldig. Addis Freundin ist übrigens auch verhaftet worden, wegen
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