Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
die Familie ein weiteres Mal Glück. Ein großer amerikanischer Lebensmittelkonzern unterbreitete ihnen ein Angebot. Man war begierig darauf, einen in der Welt der Kuchen und des Gebäcks so alten und angesehenen Namen zu erwerben. Die Firma war immer noch in alleinigem Familienbesitz, und die Familie verdiente gut am Verkauf. Selbst Monty bekam eine hübsche Stange Geld, obwohl er noch zur Schule ging, weil er einen Batzen Anteile von seinem Großvater geerbt hatte. Und so änderte sich das Geschick der Bickerstaffes einmal mehr, und sie wurden sehr wohlhabend. Doch es hielt nicht an. Bald darauf starb Montys Vater, und die Inflation fraß das unerwartete Geld. Die Inflation und das verfallende alte Haus.«
»Also ist Monty der letzte Träger des Namens Bickerstaffe?«, fragte Carter.
Monica nickte. »Meines Wissens ist er der letzte und einzige. Es gibt andere Familienmitglieder, doch sie sind allesamt weiblich, wie Bridget, und haben bei der Hochzeit andere Namen angenommen. Monty muss inzwischen, ich würde sagen, sechsundsiebzig sein. Er leistete bei der Army seinen Wehrdienst ab und schlug hinterher eine Laufbahn als Bauzeichner ein. Doch er blieb nicht dabei. Vielleicht hat er auch noch ein wenig Geld aus irgendeinem Investment, das er von seinem Anteil am Verkauf der Firma getätigt hat, genug, um sich zusammen mit seiner Rente über Wasser zu halten.«
»Danke, Monica«, sagte Carter. »Das alles hat mir sehr geholfen.«
»Ich wüsste nicht wie«, entgegnete sie. »Wie dem auch sei, ich hatte nie viel übrig für Monty, aber es tut mir leid, dass er so einen schlimmen Schock erleben musste. Was für eine merkwürdige Geschichte. Und du hast nun die Leitung dieses Falles übernommen?«
»Letztendlich, ja. Der eigentliche Fall wird von Jessica Campbell bearbeitet, Inspector Campbell.«
»Meinst du, dass sie das Rätsel lösen wird?« Monicas fragender Blick ruhte auf ihm.
»Ja. Ich hoffe es jedenfalls. Ich arbeite erst seit kurzer Zeit mit Inspector Campbell zusammen, doch ich habe bereits herausgefunden, dass sie äußerst gründlich ist. Sie wird jeden Stein umdrehen, wenn es sein muss.«
Er hatte seine letzten Worte als beiläufige Versicherung gemeint, doch Monica Farrell schien sie wörtlich zu nehmen.
»Dann sag Inspector Campbell, sie soll auf der Hut sein«, empfahl sie ihm. »Man weiß nie, was ans Licht kommt, wenn man bei den Bickerstaffes Steine umdreht.«
Die Dämmerung hatte eingesetzt, während Carter mit Tante Monica zusammengesessen und sich unterhalten hatte, und inzwischen war es beinahe Nacht geworden. Ringsum in den Häusern brannten Lichter, als Carter sich verabschiedete. Er fuhr langsam davon und hob die Hand als Antwort auf ihr Winken. Im Rückspiegel sah er, wie sie sich umwandte und ins Haus zurückkehrte. Beide Katzen strichen um ihre Knöchel, die rote wie die schwarze. Hoffentlich stolperte Monica nicht über die Tiere. Er würde ihr jedenfalls bald wieder einen ordentlichen Freundschaftsbesuch abstatten und nicht wegen irgendwelcher Informationen vorbeikommen.
Nachdem sie ihren Tee getrunken und trockenes Gebäck mit Korinthen dazu gegessen hatten (»Shrewsbury Biscuits« hatte seine Gastgeberin dazu gesagt), hatten sie ein wenig über Carters Exfrau Sophie geredet und darüber, was sie im Moment machte. Carter hatte gewusst, dass dieses Gesprächsthema kommen würde. Es war unausweichlich. Sophie überhaupt nicht zu erwähnen wäre noch unangenehmer gewesen, als über sie zu sprechen. Trotzdem, es war ihm nicht leichtgefallen.
Monica Farrells Überleitung zu diesem Thema war wie üblich einfach und direkt gewesen.
»Wie kommst du zurecht, Ian? Ich meine nicht auf der Arbeit oder deinen Umzug. Ich meine mit dem Alleinsein.«
»Nun ja ...«, antwortete er, indem er seine Antwort sorgfältig bedachte. »Eigentlich ganz gut, schätze ich. Zuerst war es merkwürdig, wieder Junggeselle zu sein. Ich war nie besonders gut im Haushalt, weißt du? Aber im Moment lerne ich Kochen, auf die harte Tour.«
»Niemand Neues in Sicht?«
»Bis jetzt nicht. Das ist auch so eine Sache, wenn man zurück in den Teich zu den anderen Junggesellen geworfen wird. Ich muss erst wieder lernen, mich zu verabreden. Ich habe es bisher noch gar nicht versucht. Nein, keinen Keks mehr, danke.«
»Kann ich verstehen«, pflichtete Monica ihm bei. »Man beißt sich die Zähne aus an diesen Dingern, nicht wahr? Ich habe sie nicht selbst gebacken. Unsere Kirche hatte eine Wohltätigkeitsveranstaltung,
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