Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
Tor und ging über den gewundenen Pfad zur Eingangstür. Noch bevor sie klopfen konnte, wurde ihr geöffnet, und eine sehr junge Frau stand vor ihr. Das musste Bridgets Tochter sein. Sie war hübsch, aber sehr blass, und mit Ausnahme der großen hellblauen Augen ähnelte sie stark ihrer Mutter. Ihre Gesichtszüge verrieten die gleiche Wachheit, jedoch ohne die Welterfahrenheit und die Spuren des Lebens. Ein Wasserfall aus langem blondem Haar rahmte ihr Gesicht ein, und die Augen waren gerötet und von dunklen Ringen umgeben, als hätte sie vor Kurzem geweint. Sie trug Jeans und ein Sweatshirt mit einem großen Logo, und in der Hand hielt sie ein Glas Whisky.
»Sie sind hier, um mit Onkel Monty zu reden«, sagte sie, indem sie den hingehaltenen Dienstausweis von Jess ignorierte. »Ich wollte ihm eben seinen Whisky bringen. Reden Sie für fünf Minuten mit Mum, okay? Damit ich ihm den Whisky unbemerkt rausschmuggeln kann? Er ist hinten im Garten.«
»Tansy?«, rief eine Frauenstimme aus dem Haus.
Tansy schlüpfte an Jess vorbei und verschwand um die Ecke des Hauses, wobei sie das Glas so hielt, dass es aus dem Innern nicht zu sehen war.
Eine Sekunde später erschien Bridget Harwell in der Tür. Beim Anblick von Jess stieß sie einen lauten Seufzer aus. »Sie sind es. Ich weiß, Sie haben gesagt, dass Sie vorbeischauen würden. Schön, dann kommen Sie mal rein. Ich sollte Sie warnen, mein Onkel ist ein wenig verwirrt. Ich glaube, all das hat ihm ziemlich zugesetzt. Ich bin nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, wenn Sie heute mit ihm reden. Muss es wirklich jetzt sein?«
»Ja«, antwortete Jess einfach. »Ihre Tochter hat mich informiert, dass Mr. Bickerstaffe hinten im Garten sitzt. Vielleicht könnte ich einfach ums Haus herumgehen?«
»Was denn, Tansy war hier? Ich dachte, sie sitzt an ihrem Computer.« Bridget Harwell runzelte die Stirn. »Sie ist ebenfalls mitgenommen. Sie hat eine lebhafte Phantasie. Sie war immer gerne in Balaclava House als kleines Kind. Damals hat ihre Tante Penny noch dort gelebt und sie immer nach allen Regeln der Kunst verwöhnt.«
Bridget hielt inne und sah Jess blinzelnd an. »Schon merkwürdig - Sie sehen Penny ziemlich ähnlich, wissen Sie das? Auf den Bildern von ihr, wo sie noch jung war, meine ich. Ich nehme an, es sind die roten Haare. Monty war früher immer nett zu Tansy. Er ließ sie überall im Haus herumlaufen. Tante Penny verließ ihn irgendwann, und sie hatte wirklich jeden Grund dazu. Sie hätte schon Jahre früher gehen sollen, aber sie blieb bei ihm und hielt durch ... Als sie dann ging, war es ein höllischer Schock für Monty«, fügte Bridget mit grimmiger Befriedigung hinzu. »Er hätte nie geglaubt, dass sie es wirklich tut. Jedenfalls, danach sperrte er uns alle aus. Ich habe während der letzten Jahre versucht, den Kontakt zu ihm aufrechtzuerhalten. Tansy ebenfalls, aber ...«
Bridget zuckte die Schultern und schüttelte den Kopf. »Nun ja. Gehen Sie und reden Sie mit ihm, wenn es sein muss. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, wir alle könnten wunderbar auf diesen Ärger verzichten. Wir können Ihnen nicht helfen, bestimmt nicht. Keiner von uns. Ich weiß, Sie wissen nicht, wie lange diese Ermittlungen dauern, aber vielleicht können Sie mir verraten, wenigstens ungefähr, wie lange Onkel Monty einbezogen sein wird? Er war schließlich nicht zu Hause, als dieser ... dieser Tote in Balaclava House eingedrungen ist. Er kennt den Mann überhaupt nicht.«
»Trotzdem könnte er uns vielleicht etwas von Interesse sagen«, beharrte Jess ruhig. »Häufig ist den Leuten überhaupt nicht bewusst, dass Dinge, die sie für unbedeutend halten, für die Polizei wesentlich sind. Für sie ist es trivial, für uns ein wichtiges Indiz.«
Bridget verschränkte die Arme vor der Brust und musterte Jess. Der große Diamant an ihrem Ringfinger glitzerte im Sonnenlicht. »Das kommt mir alles sehr ungelegen, wissen Sie?«, sagte sie mit plötzlicher Vehemenz. »Ich wollte das Haus am Ende des Monats einmotten, sobald Tansy zur Universität geht. Ich fahre in die Staaten.«
»Für wie lange?«, fragte Jess.
»Ich werde wieder heiraten. Ich werde in New York leben.«
Ah, richtig. Monty hatte erzählt, dass Bridget zum vierten Mal heiraten wollte. »Also bleibt Tansy ganz allein hier im Vereinigten Königreich?«, fragte Jess mit erhobenen Augenbrauen. »Nur mit Mr. Bickerstaffe als nächstem Verwandten?«
»Es gibt noch weitere Familienmitglieder überall im Land«, erwiderte Bridget
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