Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
Colleys.
Jetzt würden sie die Schweinekeule am Neujahrstag essen anstelle des üblichen zähen Geflügels von der gleichen Quelle. Als Weihnachtskuchen gab es regelmäßig einen Bickerstaffe's Boiled Fruit Cake, obwohl die Produktion in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen war. Die berühmte Delikatesse war wahrscheinlich das erste Produkt, das die Firma einstellen würde, nachdem die neuen Bosse das Sagen hatten.
»Es ist eine verdammte Schande, natürlich!«, sagte Montys Vater. »Nach so vielen Jahren ... nun ja.« Es gelang ihm nicht, so zu tun, als interessierte es ihn tatsächlich.
Monty war der Niedergang des Dosenkuchens völlig egal. Er hatte ihn noch nie gemocht. Also humpelte er mit eingegipstem Knöchel heim und in das kühle Zwielicht von Balaclava House. Die düstere Atmosphäre wurde einzig durch die alljährlich wiederkehrenden Bemühungen der Mutter in Bezug auf Weihnachtsdekoration ein wenig abgemildert. Was immer die gleichen zerfledderten Papierketten und den gleichen Kranz beinhaltete (der jedes Jahr ein paar Zweige und Beeren mehr verlor und inzwischen mehr an eine Grabbeigabe erinnerte). Monty ärgerte sich darüber, dass niemand daran dachte, diese traurigen Ausreden für das Fest der Freude zu ersetzen. Doch er konnte auch verstehen, dass seine Mutter zögerte, den neu gewonnenen Reichtum für Papierlampions und künstliche Gebilde aus namenlosem Grünzeug auszugeben. Das sparsame Wirtschaften war ihr längst in Fleisch und Blut übergegangen. Nichtsdestotrotz brachte ihm der Anblick den ganzen Horror der familiären Weihnachtsfeiern zu Bewusstsein. Monty biss die Zähne zusammen und bereitete sich auf das zynische Vortäuschen von Heiterkeit vor - und auf die Fleischkuchen seiner Mutter, in denen kaum Fleisch zu finden war.
Es war ein verregneter Winter, der Husten, Schnupfen und Heiserkeit am laufenden Band mit sich brachte. Montys Vater war vor zehn Tagen krank geworden, eine Erkältung. Inzwischen hatte er einen hartnäckigen Husten entwickelt, gepaart mit Kurzatmigkeit und Keuchen. Er saß vor dem viel zu kleinen Kaminfeuer und hatte eine alte Reisedecke um die Schultern geschlungen. Es war die gleiche Decke, die der zwölfjährige Monty den Hügel hinaufgeschleppt hatte, mit Penny neben sich, die Anweisungen erteilte.
Als Montys Vater die Hand ausstreckte, um den Sohn zu begrüßen, da sah sie aus wie die Hand eines alten Mannes. Dünnhäutig, mit braunen Flecken übersät und von dicken Adern überzogen. Doch er war kein alter Mann. Er war erst neunundvierzig.
Trotz der Erkrankung hatte Montys Vater nicht aufgehört zu rauchen, wie ein Aschenbecher voll ausgedrückter Stummel verriet.
»Vielleicht solltest du damit für eine Weile aussetzen, Dad«, schlug Monty vor und deutete auf die Kippen. »Es würde deiner Lunge sicher helfen.«
»Es schadet nicht«, schnaufte sein Vater. »Bis Weihnachten bin ich wieder auf den Beinen«, fügte er hinzu, als er sah, dass Monty sich ernsthaft sorgte. Es sah nämlich überhaupt nicht so aus.
Was Montys gebrochenen Knöchel anging, so war die Reaktion seiner Eltern mehr oder weniger die gleiche wie die des Busfahrers.
»Pech gehabt, alter Junge«, schnaufte sein Vater. »Ziemlich dumm, aus dem fahrenden Bus zu springen, meinst du nicht?«
»Also wirklich, Monty!«, schimpfte seine Mutter. »Warum um alles in der Welt musstest du dir ausgerechnet jetzt den Fuß brechen?«
Die Bickerstaffes gehörten nicht zu den Leuten, die vorschnell den Rat eines Arztes suchten. Monty humpelte mithilfe einer Krücke unter Schmerzen Toby's Gutter Lane hinunter und fragte den betagten, nichtsdestotrotz noch sehr aktiven Jed Colley, ob zufällig jemand aus seinem Clan in die Stadt fuhr und ob er oder sie vielleicht eine Flasche Whisky mitbringen könnte. Jed hatte ohne Zögern eine Flasche aus seinem eigenen Vorrat gezückt und Monty in die Hände gedrückt.
Monty hatte versucht, den Schnaps zu bezahlen, doch Jed wollte nichts davon hören.
»Frohe Weihnachten, auch deinem Dad und deiner Mum«, sagte er.
Also war Monty mit der Flasche in der Jackentasche zurück nach Balaclava House gehumpelt, und seine Mutter hatte sich darangemacht, heißen Grog zuzubereiten.
»Das wird mir guttun«, hatte sein Vater geschnauft.
Zwei Tage vor Weihnachten verkroch er sich in sein Bett, was noch nie da gewesen war, und endlich wurde der Doktor gerufen.
Er sagte, es wäre die Grippe, erschwert durch eine Brustkorbinfektion, und er wollte Edward
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