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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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auch verlassen, doch falls sie Vorsorge getroffen hatte, seine Leiter anzuketten, würde er sie zurücklassen, wenn er sich aus dem Staub machte. Eine Frau, die ihre eigene Leiter besitzt, ist stets beliebt. Sowohl berufsmäßige Handwerker als auch normale Haushaltsvorstände würden dauernd auftauchen, um sich »ihre Leiter zu borgen«. Selbst wenn ihre Ehefrauen dies durchschauten.
    Aus irgendeinem Grund argwöhnte Granius, dass wir ihn auf den Arm nahmen. Er war einundzwanzig, war direkt nach seiner Kindheit auf einem Bauernhof in die Marine eingetreten, dann wurde die junge Seepocke der Marine entrissen, immer noch mit Tang hinter den Ohren, um Teil der neugebildeten Ersten Adiutrix-Legion zu werden. Alles, was er vom Erwachsenenleben zu Lande kannte, hatte in einem befestigten germanischen Armeekastell stattgefunden. Er war ein römischer Legionär, doch er wusste nichts von Rom. Er hatte keine Ahnung, wie es in einer hektischen Stadt zuging.
    »Glaub uns einfach, Granius. Eine große, lange Leiter lässt jedes Frauenauge aufblitzen.«
    Selbst Lentullus hätte das kapiert. Nun ja, inzwischen zumindest.
    Ich fragte mich, wie es Lentullus wohl ging. Es gab keine Möglichkeit, es von ihm zu erfahren, da die beiden Meliter-Brüder nur darauf warteten, von mir zu dem Versteck geführt zu werden. Gleichwohl beschloss ich, nachdem ich den im Hals kratzenden Becher kampanischen Rotweins überlebt hatte, das Leben sei dazu da, Risiken einzugehen. Ich überließ die anderen ihrem Schicksal und marschierte ohne zurückzuschauen über das dem Kapitol zugewandte Ende des Hauptforums, umging das Forum Boarium und kürzte an den Startgattern des Circus Maximus ab. Ich stieg zum Aventin hinauf und begab mich zu einer besonders heruntergekommenen Gasse namens Brunnenpromenade. Diese Sackgasse am Hintern der Gesellschaft war die einzige Straße in Rom, in der keines der Häuser festlich geschmückt war. Hier hatte ich während meiner sorglosen Junggesellenjahre gehaust. Ich machte für ein dringendes Auskämmen und eine Rasur beim Barbier halt. Die asselbraunen Meliter beschatteten mich brav und standen däumchendrehend gegenüber, während ich mir Zeit ließ. Danach schaute ich beim Beerdigungsunternehmer vorbei. »Wenn gleich zwei Deppen reinkommen und fragen, was ich hier wollte, sag ihnen, ich hätte einen Grabstein für jemanden namens Anacrites bestellt.« Ich winkte Lenia zu, der kraushaarigen Wäscherin aus meiner alten Mietskaserne. Die alte Vettel war inzwischen so kurzsichtig, dass sie nur hinter mir herschaute, verdutzt darüber, wer sie gegrüßt hatte. Das ersparte mir, einem stundenlangen Monolog über ihren Ex-Mann Smaractus zuhören zu müssen, und Lenia ersparte es, von mir daran erinnert zu werden, dass ich ihr das alles schon immer gesagt hatte.
    Zu meiner alten Wohnung warf ich nicht einen einzigen Blick hinauf.
    Da ich schon in meiner heimatlichen Gegend war, besuchte ich pflichtschuldig meine Mutter. Als ich eintraf, begegnete ich Anacrites, der gerade aus dem Haus kam. Ich hätte wissen sollen, dass das Schwein mir mit einem Besuch am Bett der Patientin zuvorkommen würde. Vermutlich hatte er sowohl Trauben als auch gruselige Fürsorglichkeit mitgebracht. Er und ich standen auf der Schwelle und quatschten belangloses Zeug. Seine Wachhunde würden sehr verwirrt sein, wenn sie berichten mussten, dass sie mich mit ihm hatten reden sehen. Und er war wütend, als ich beim Hineingehen mit dem Finger auf seine Männer zeigte. »Wie ich sehe, stellst du immer noch Topkräfte ein!«
     
    Maia war in der Wohnung, zupfte missmutig Trauben von ihren Stengeln und zerdrückte sie. Ich umarmte sie, erwähnte aber Anacrites nicht, mit dem sie einst ein törichtes Techtelmechtel gehabt hatte, das sehr schlimm ausgegangen war. Petro und ich würden es dem Spion eines Tages heimzahlen. Maia brauchte nichts davon zu wissen.
    »Unser Haus war heute Morgen voll von Prätorianern, woran wahrscheinlich du schuld bist, Marcus.« Mir wurde ganz kalt. Maias Wohnung war einst von Anacrites verwüstet worden, nachdem sie ihm den Laufpass gegeben hatte. Sie sah meinen Ausdruck und sagte ruhig: »Ich war hier. Lucius hat sich um sie gekümmert.« Also war er gestern Nacht glücklicherweise nicht zum Gelage der Vigiles zurückgekehrt. Er würde die Prätorianer schon im Zaum gehalten haben. Bei einer zweiten Hausverwüstung wäre Maia völlig durchgedreht. Dieser Auftrag kam uns allmählich viel zu nahe.
    Allia und Galla hatten Mutter

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