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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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die als bedauernswerte Invalidin unter ihren Nachbarn Hof hielt. Die Operation musste erfolgreich gewesen sein, denn ich erwischte Mama dabei, wie sie einen sehr scharfen Blick auf die köstlichen Leckerbissen warf, die man ihr mitgebracht hatte. Obwohl wir ihr sagten, Ganna sei an einen sicheren Ort gebracht worden, beschlossen wir, ihr zu verschweigen, dass Veleda bei uns Unterkunft gefunden hatte. Damit Mama es nicht an Anacrites ausplapperte. Mama glaubte, sie könne stets merken, wenn ich etwas vor ihr verbarg, aber ich hatte zu Hause gewohnt, bis ich achtzehn war. Ich wusste, wie man den Unschuldigen gab.
    Sobald meine Mutter alle Instruktionen über Kinderpflege und Haushaltsführung von sich gegeben hatte, die wir ertragen konnten, verabschiedeten wir uns.
    »Wie ich hörte, hat jemand die Hämorrhoiden deines Vaters behandelt«, war ihr hämischer Abschiedsgruß. »Anscheinend sehr schmerzhaft.«
    Nur ein pietätloser römischer Sohn würde sich darüber freuen, wenn sein Vater litt – aber der Gedanke daran, dass Papa mit Schmerzen auf dem Bauch lag, während das hämorrhoidenquetschende Instrument schonungslos über seinen Allerwertesten herfiel, gab der Genesung meiner Mutter Auftrieb. Ich freute mich für sie und schenkte Mama mein schönstes Grinsen.
    »Das ist das boshafte Grinsen, das sie an Geminus erinnert, wie sie sagt«, bemerkte Helena. Ich ließ sie Anteil daran haben.
     
    In zärtlicher Stimmung spazierten wir weiter zum Wachlokal und schauten bei Lentullus hinein. Ich hatte ein paar von Mutters Köstlichkeiten stibitzt, um sie ihm mitzubringen – diejenigen, die Mama für nicht gut genug befunden hatte –, aber er war noch viel zu krank zum Essen. Quintus erklärte sich bereit, dafür zu sorgen, dass die Leckereien nicht verkamen. Während Helena die Stirn des kranken Soldaten abwischte, warnte ich Justinus, dass Anacrites und die Prätorianer die Stadt in zunehmender Verzweiflung durchstreiften. Er solle auf jeden Fall im Wachlokal bleiben. Solange Petronius sein Versprechen hielt, Veleda nicht zu erwähnen, hoffte ich, Justinus würde nie erfahren, dass sie in meinem Haus war. Er erkundigte sich natürlich nach meiner Suche. Ich sagte, ich hätte ein paar Hinweise, denen ich folgen würde.
    Lentullus blökte immer wieder, es tue ihm leid, so viel Mühe zu machen, und er beeile sich, wieder zu seinen Kameraden zu kommen. Quintus schüttelte verstohlen den Kopf. Wir gingen hinaus auf den Hof, und er ließ mich leise wissen, wie unwahrscheinlich es war, dass der Junge je wieder seinen Armeedienst aufnehmen könnte. Clemens und die anderen würden ohne ihn nach Germanien zurückkehren. Falls Lentullus überlebte, würde ihm schließlich irgendjemand sagen müssen, dass seine Tage in der Armee beendet wären. Ich konnte mir schon denken, dass ich derjenige sein würde. Da ich seine unschuldige Freude am Legionärsdienst kannte, sah ich keine Möglichkeit, ihn zu trösten.
    Sein Überleben hing immer noch in der Schwebe. Realistisch betrachtet würde er wahrscheinlich eher sterben als leben. Es würde noch einige Zeit dauern, bis wir uns sicher sein konnten, dass er einer tödlichen Infektion entgangen war. Wundbrand war noch wahrscheinlicher. Der Arzt überprüfte täglich, ob eine Amputation nötig war, die vermutlich den Patienten töten würde. Lentullus hatte eine Menge Blut verloren und war unfähig, viel Nahrung bei sich zu behalten. Er hatte einen riesigen Verband um sein verletztes Bein, und Scythax meinte, es sei zu lädiert, um sein Gewicht je wieder richtig zu tragen. Eine große Flasche mit einer schmerzstillenden Arznei stand bereit, wenn Lentullus betäubt werden musste – was häufig nötig war, wie Quintus sagte.
    Scythax war nicht da, daher war Quintus für die Verabreichung des Schlafmittels zuständig. Seine Pflichten als Krankenpfleger mussten auch Intimeres umfassen. Seine ruhige, freundliche Art, wie er das alles bewältigte, erinnerte mich daran, warum seine Männer ihn als Armeetribun so bewundert hatten. Obwohl er von empfindsamer Natur war, fürchtete er sich nicht davor, sich die Hände schmutzig zu machen. In Hochform war Quintus Camillus Justinus pragmatisch, kompetent – und total anständig. In absoluter Hochform ließ er diese Vorzüge auch seiner Ehe zugutekommen. Dadurch schien eine Chance bestanden zu haben, dass er und Claudia zusammen überleben würden. Als Helena und ich langsam nach Hause gingen, verfluchte sie Veledas Anwesenheit in Rom, da sie

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