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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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vollkommen normal, wenn auch nicht kräftig. Er hätte einen wundervollen Ehemann und Vater abgegeben, doch das alles wurde ihm genommen.« Ich würde nicht behaupten, dass sie Tränen vergoss. Das hätte ihre sorgfältig aufgetragene Schminke verschmiert. Außerdem war ich ein Rüpel, und sie war zu stolz, sich vor mir gehenzulassen.
    Ich wünschte, ich hätte Helena Justina für diese Befragung mitgebracht. Selbst die alte Schachtel in Schwarz wäre von ihr beeindruckt gewesen.
    »Meine nächste Frage wird schmerzlich sein, aber ich muss Sie fragen, wie Sie den Kopf Ihres Bruders gefunden haben, bitte.« Drusilla Gratiana wimmerte und wurde bleich. Phryne erschauerte und machte ein großes Theater daraus. »Gab es einen bestimmten Grund, warum Sie ins Atrium gingen, oder kamen Sie nur zufällig dort vorbei?« Mit einiger Mühe rang sich Drusilla ein schwaches Nicken ab, das auf Letzteres hinwies. »Es tut mir leid. Das ist unzumutbar schwer für Sie. Ich werde Ihnen keine weiteren Fragen stellen.«
    Ich war nur so freundlich, weil meine Befragung sowieso beendet war. Der verdammte Arzt war aufgetaucht. Ich erkannte ihn an der vollgestopften Medikamententasche, dem pikierten Stirnrunzeln und der geschäftigen Art, die seinen Patienten verkündete, die Behandlung würde nach Minuten berechnet, und das von einem außerordentlich beschäftigten Spezialisten, der sehr gefragt war.
    »Wer ist dieser ordinäre Kerl?«
    »Mein Name ist Falco, Didius Falco.«
    »Sie sehen wie ein Sklave aus.«
    Seine Arroganz stank wie der Furz eines Fischers, aber ich war nicht in der Stimmung, pingelig zu sein.
    Drusilla Gratiana streckte sich bereits auf einer Liege aus. Es gab Invalidinnen, mit denen ich gerne Doktorspielchen gemacht hätte. Doch was diesen Fall betraf, machte ich mich lieber davon.
     
    Einige Privatschnüffler bekommen es mit vollbusigen jungen Sklavinnen zu tun, die Tabletts mit Leckerbissen herumtragen und sich danach sehnen, mit männlichen Besuchern anzubandeln. Mein Name ist Didius Falco, und ich lande stets bei unerbittlichen alten Freigelassenen. Cleander hatte sie rausgescheucht und klargemacht, dass er kein niederes Fußvolk bei seiner Konsultation dulde, wie intim sie auch mit Drusilla sein mochte.
    Ich musste mir noch zeigen lassen, wo der Torso gefunden worden war, und hatte gehofft, vom Haushofmeister dort hingeführt zu werden, aber sobald sie aus der Konsultation rausgeworfen worden war, übernahm Phryne es, mich zu überwachen.
    »Was fehlt denn Ihrer Herrin?«, fragte ich im Gehen.
    »Sie leidet an ihren Nerven.«
    »Und das war ihr Arzt. Wie heißt er noch mal?«
    »Cleander.« Phryne konnte ihn nicht leiden. In Anbetracht seiner Hochnäsigkeit ihr gegenüber war das verständlich.
    »Ist er Grieche?«
    »Er ist ein hippokratischer Pneumatiker.«
    Klang wie ein Scharlatan. »Behandelt er die gesamte Familie? Ich dachte, Quadrumatus Labeo wird von Pylaemenes behandelt.«
    »Pylaemenes ist sein Traumtherapeut. Sein Arzt ist Aedemon. Er ist Ägypter«, sagte Phryne, die kapiert hatte, worauf ich hinauswollte. »Ein Empiriker aus Alexandria.« Noch ein Quacksalber.
    »Drusilla Gratiana sagte, ihr Bruder sei nicht kräftig gewesen. Wer hat ihn behandelt?«
    »Mastarna. Etrusker. Ein Dogmatiker.«
    Da ihre Antworten immer knapper wurden, nahm ich den Wink auf und schwieg, bis wir zu einem hübsch gestalteten Salon kamen. Er musste vollkommen gereinigt worden sein. Kein Anzeichen mehr von den berichteten Blutpfützen. Gratianus Scaeva war auf einer Leseliege gefunden worden, die inzwischen durch eine andere ersetzt worden war. Es gab ziegenfüßige Marmorbeistelltische, Vitrinen mit einer Auswahl an Bronzeminiaturen, Lampenständer, zwei Schriftrollenkästen aus Zedernholz, Teppiche, Kissen, einen Weinwärmer, Schreibfedern und Tinte, kurz gesagt, mehr Möbelstücke und Nippes, als meine Mutter in ihrer ganzen Wohnung hatte – aber keine Hinweise.
    Wir gingen zurück ins Atrium, wo ich sagte: »Ich wollte Ihre Herrin nicht beunruhigen, aber ich habe noch eine Frage. Wurde außer dem Kopf des Bruders noch etwas im Wasser gefunden? Waffen oder Beutestücke zum Beispiel?«
    Phryne sah mich mit geweiteten Augen an. »Nein! Hätten da welche sein sollen?«
    Ihre Reaktion verblüffte mich, doch vielleicht hatte ich sie mit meiner Anspielung auf barbarische Riten erschreckt.
    Auf mein Ersuchen führte sie mich dann zu den Räumen, in denen Veleda einquartiert worden war. Diese Villa war wirklich sehr groß. Die

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