Mord im Atrium
wenn dieses Thema denn überhaupt zur Sprache kommen sollte.
Jetzt konnte ich darauf vertrauen, dass Petronius eine stadtweite Suche nach der Seherin veranlassen würde. Ihm war klar, dass es eine Beobachtungs- und Berichterstattungsaufgabe sein würde, nichts zu Auffälliges. Schließlich war es möglich, dass Veleda eine Unterstützertruppe um sich geschart hatte, die bewaffnet und angriffslustig sein könnte. Wir mussten ebenfalls vermeiden, allgemeine Unruhe auszulösen.
Ich bat Petro um Rat, wo ich selbst mit meiner Suche beginnen sollte.
»Die offensichtlichste Möglichkeit zu verschwinden«, sagte er, »wäre für sie, sich eine Stellung in irgendeiner düsteren Spelunke zu suchen.«
»Nicht machbar. Sie war nie in einer Stadt. Sie hat nie irgendwo als freie Frau gelebt. Wir bezeichnen sie als Barbarin, obwohl sie kultivierter ist, als man erwarten würde – und trotzdem würde sie als Fremde auffallen. Sie hatte immer eine angesehene Stellung unter den Stämmen inne, wurde versorgt und beschützt – lebte hoch oben auf einem Signalturm, Herrschaft noch mal! –, also wird sie keine Ahnung von einem normalen Leben haben. Sie könnte vermutlich nicht mal in ihrem eigenen Land unbemerkt allein leben …«
»Hat sie Geld, Falco?«
»Wahrscheinlich nicht. Man wird ihr alle Wertgegenstände abgenommen haben. Vielleicht etwas Schmuck. Ich könnte Papa bitten, das Gerücht zu streuen, sie könnte versuchen, etwas davon zu verkaufen.« Ganna sollte mir sagen können, was Veleda besaß. Alles Wertvolle würde seinen Weg zu den Edelsteinständen in den Saepta Julia finden. »Mir wurde gesagt, sie wolle nach Germania Libera zurückkehren. Zum Reisen ist es die falsche Jahreszeit, und der Alarm ist ausgelöst. Wenn es ihr nicht gelingt, Kontakt zu Sympathisanten aufzunehmen, die bereit sind, ihr zu helfen, kann sie für die Reise nicht mal bezahlen.«
»Also muss sie untertauchen.« Petro überlegte. Er zählte Leute auf, die ich kontaktieren sollte. »Die germanische Gemeinde in Rom.«
»Gibt es denn eine?«
Er zuckte mit den Schultern. »Händler. Muss es geben. Dein Vater sollte das wissen, von Kollegen im Emporium.«
»Sind Händler nicht per definitionem Freunde Roms?«
»Seit wann sind sie Freunde von irgendjemand außer sich selbst?« Petronius war zynisch. »Händler kommen von überall her, das weißt du. Sie haben keine Skrupel, Geld von den Feinden ihres Landes einzukassieren. Fremdländer können hierherkommen. Vermutlich gibt es ein verschworenes kleines Nest brukterischer Tauschhändler direkt unter unserer Nase, wenn wir wissen, wo wir nachschauen sollen. Aber frag mich nicht.«
»Keine dieser praktischen Listen von Eindringlingen aus Germania Libera?« Petronius überhörte meine Stichelei über die Listen der Vigiles. Sie führten eine über Privatermittler, und ich wusste, dass mein Name darauf stand. »Ich kann mir nicht vorstellen, was die Brukterer in Rom zu verkaufen hätten.«
»Die Leute kommen hierher, um einzukaufen, Falco.« Damit hatte er recht. Ihm fiel noch eine andere unerfreuliche Gruppe ein, bei der man suchen konnte: »Wenn wir annehmen, dass deine Seherin mittellos ist, könnte sie Zuflucht bei entlaufenen Sklaven gesucht haben.«
»Und wie«, fragte ich sarkastisch, »finde ich die angesichts dessen, dass ihre betrogenen Herren sie nicht auffinden konnten? Sind sie nicht aus Prinzip unsichtbar?«
»Gibt jede Menge davon. In Hauseingängen. Unter Bögen. Eine große Kolonie nächtigt im Freien zwischen den Grabsteinen an der Via Appia.«
»Ich dachte, die Nekropole würde von Geistern heimgesucht?«
»Sei verdammt vorsichtig, wenn du dahin gehst!«, warnte Petro. Er bot nicht an, mich zu begleiten, bemerkte ich. »Dann gibt es noch einen Ort. Wenn sie eine Seherin oder Priesterin ist, könntest du in Tempeln nachschauen.«
Oh, vielen Dank. Es musste seiner Aufmerksamkeit entgangen sein, wie viele es davon in Rom gab.
Eine seiner Katzen kam ins Zimmer geschlichen. Das Biest merkte, dass ich es mehr mit Hunden hatte. Daher kam es selbstgefällig sofort zu mir und schnurrte. Petronius grinste. Ich war bereits dank Zwirn in der Caupona von Flöhen zerbissen, also verabschiedete ich mich rasch und ging nach Hause.
XII
M ein Haus war verdächtig still. Was dafür sprach, dass es kürzlich Krach gegeben hatte. Ich fragte nicht nach.
Helena und ich setzten uns in die Küche und stellten uns ein ruhiges Abendessen zusammen. Wir fanden den Rest des heutigen Brots,
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