Mord im Atrium
alles an einem Tag erledigen konnte, würde ich stolz auf mich sein.
Während unserer Planung bat Helena mich nicht, eine Möglichkeit zu ersinnen, ihren Bruder zu befreien. Vermutlich wusste sie, dass ich es für besser hielt, Justinus in sicherem Gewahrsam zu lassen, bis die Seherin gefunden war. Tatsächlich schlug während der ganzen Zeit keiner der Camilli einen Rettungsversuch vor.
Was nicht heißt, dass mir die Idee nie gekommen wäre.
An diesem Morgen würde ich den Luxus haben, Befragungen in meinem eigenen Haus durchführen zu können. Diesmal hatte ich Helfer. Ich schickte Clemens und zwei seiner Jungs los, um Zosime aus dem Aesculapius-Tempel zu holen, und auch Victor, den Vigilesspitzel, aus den Saepta Julia, der Justinus’ Verhaftung durch die Prätorianer beobachtet hatte. Ich sagte Clemens, ich wolle auch mit meinem Vater sprechen, doch der sei so neugierig, dass er aus eigenen Stücken mitlaufen würde, wenn er sah, wie Victor eingesammelt wurde.
Während einige Legionäre – voll schlechten Gewissens, weil sie gestern nicht bei mir geblieben waren – diese Aufträge durchführten, nahm Helena zwei der übrigen mit zum Einkaufen. Mit meiner Tochter Julia auf dem Arm hinkte ich den Hügel hinauf zum Haus meiner Mutter.
Mama knetete Teig, umgeben von einer Mehlwolke und in Gesellschaft ihres Nachbarn Aristagoras. Trotz seines Alters war der rappeldürre Verehrer dank seines Krückstocks noch recht beweglich. Sie wischte seine Schmeicheleien beiseite, ließ ihn aber manchmal in ihre Wohnung und gab ihm eine gebratene Sardine, um seine Treue zu belohnen. Wenn ich kam, schickte sie ihn immer fort.
»Mein Sohn ist hier. Ich muss dich bitten zu gehen.« Sie hatte es nicht nötig, sich so zimperlich hinter mir zu verstecken, doch ich dachte gar nicht daran, mich in die komplizierten Gedankengänge meiner Mutter einzumischen. Aristagoras war mir nie gram; er schlurfte davon, die Tunika vollgekleckert mit Fischsoße. Mamas für Gäste bestimmter sonniger Blick verhärtete sich. »Was willst du, Marcus?«
»Ich habe dieses liebe Kind mitgebracht, um seine Großmama zu besuchen.«
»Erwarte nicht, dass Julia mich schmelzen lässt!«
»Nein, Mama.« Sie irrte sich. Es funktionierte immer. Jeder Privatschnüffler sollte sich ein niedliches Kleinkind halten, um ihm bei der Befragung widerspenstiger alter Damen zu helfen.
Ich hatte gehofft, Anacrites hätte Mama mehr über Justinus’ Festnahme erzählt, was der nervtötende Mistkerl jedoch nicht getan hatte. Damit löste ich nur einen Vortrag darüber aus, wie traurig es sei, dass der arme Spion, der ja keine Familie habe, die Saturnalien ganz allein verbringen müsse. Zum Glück wurde Mama abgelenkt. Sie hatte erfahren, dass sich die Mädchen hinter ihrem Rücken eine Augenbehandlung als Geschenk ausgedacht hatten.
»Und was hältst du davon?«, fragte ich vorsichtig.
»Ich will nichts davon wissen! Ich lasse nicht an mir herumschnippeln!«
»Er wird nur eine Art Nadel benutzen. Damit schiebt er sanft die Schlieren beiseite.«
Mama erschauderte mit hoher Dramatik.
Ich hätte versuchen können, sie zu überzeugen, aber ich drückte mich davor. Meine Schwestern hatten sich das ausgedacht, sollten sie doch mit Mamas Sturheit fertig werden.
»Und was hältst du davon?«, wollte Mama unerwartet wissen.
»Ich halte es für eine gute Idee, Mama.«
Sie schniefte. Allerdings konnte sie es nur schwer ertragen, in ihrem aktiven, intriganten Leben behindert zu sein. Vielleicht würde sie der Operation zustimmen. Wenn es schiefging, würde sie es mir vorwerfen. Das genoss sie immer.
Ich wechselte das Thema und fragte nach dem jungen Mädchen, das ich in ihrer Obhut gelassen hatte. Ganna wurde im Hinterzimmer versteckt, wenn Aristagoras kam, und war immer noch dort, und so nahm ich die Gelegenheit wahr, Mama unter vier Augen zu fragen, wie sie mit der Akolythin zurechtkam. »Ich stutzte sie zurecht.« Welche Überraschung!
»Du hältst sie hier im Haus?«
»Außer wenn wir unsere kleinen Ausflüge zum Markt oder zum Tempel machen.«
»Hat sie irgendwas gesagt?«
»Sie hat dich ganz schön reingelegt. Die hält noch mit einer Menge hinter dem Berg.«
Ich sagte, das hätte ich mir schon gedacht und sei daher gekommen, um Ganna jetzt zu verhören, nachdem ich mehr über meinen Fall wisse. Mama schniefte erneut, griff sich die kleine Julia und schickte mich zu dem Mädchen hinein.
Veledas Akolythin sah bleich und argwöhnisch aus, vielleicht,
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