Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
weil sie es mit Mama hatte aufnehmen müssen, doch mein Mitgefühl hielt sich in Grenzen.
    Blondes Haar ist nicht alles. Im Tageslicht fand ich Ganna zu jung und zu ungeformt, um anziehend zu sein. Außerdem traute ich ihr nicht. Anscheinend wurde ich alt. Wenn Frauen mir Lügen auftischten, fand ich das nicht mehr aufregend. Ich hatte weder Zeit noch Energie für diese Spielchen. Da gab es bessere Spiele, die ich mit jemand Geradlinigem, mir Nahestehendem spielen konnte. Ich wollte Zeuginnen, die ihre Information mit angenehmer Stimme auf direkte Art von sich gaben und zu gegebener Zeit Pausen einlegten, damit ich mir Notizen machen konnte. Natürlich gab es so etwas nicht.
    Als neutrale Einführung fragte ich Ganna nach Schmuck oder anderen finanziellen Ressourcen, die Veleda besaß. Wir sprachen über Ringe und Halsketten, während ich ruhig die Einzelheiten auf meiner Notiztafel vermerkte.
    Ohne aufzublicken sagte ich: »Sie ist direkt zu Zosime gegangen, aber ich vermute, das wissen Sie, Ganna.« Dann schaute ich sie an. Ganna knetete ihre Hände und gab vor, nicht zu verstehen. »Ich nehme an, es gab einen Plan«, fuhr ich im Gesprächston fort. »Von Ihnen möchte ich jetzt bitte wissen, wie sie ihre Flucht aus dem Haus des Quadrumatus organisiert hat.«
    »Wie ich Ihnen schon erzählt habe, Falco …«
    »Sie haben mir eine Menge Quatsch erzählt.« Wir saßen im Schlafzimmer meiner Mutter. Ich fand das seltsam. In dieser vertrauten Umgebung, mit Mamas schmalem Bett, dem Wollteppich und dem abgenutzten Korbstuhl, in dem sie manchmal tief in Gedanken versunken einnickte, konnte ich mich kaum dazu bringen, grobe Taktiken bei der Besucherin anzuwenden. »Lassen Sie uns jetzt mal ehrlich sein, ja? Sonst muss ich Sie der Prätorianergarde aushändigen. Die kriegen die Einzelheiten rasch heraus, glauben Sie mir.«
    »Gehört der Mann, der neulich abends hier war, zu denen?«, wollte Ganna mit nervösem Blick wissen.
    »Anacrites? Ja. Offensichtlich war er hier, weil er etwas argwöhnt.« Mama würde nie erklärt haben, dass Anacrites bloß ihr alter Untermieter war. Sie verhielt sich gerne geheimnisvoll. »Ich stelle höfliche Fragen. Er zieht Folter vor.«
    Das junge Mädchen stieß einen wilden, draufgängerischen Schrei aus. »Ich fürchte mich nicht vor Folter.«
    »Dann sind Sie überaus töricht«, erwiderte ich sachlich. Danach saß ich da und wartete ab, bis Entsetzen ihren brüchigen Heldenmut aushöhlte.
     
    Als ich ging, wusste ich, wie der erste Teil der Flucht sich abgespielt hatte. Ein alter Schachzug: Veleda hatte sich in einem kleinen Karren versteckt, in dem täglich die Wäsche abgeholt wurde. Vorgesehen war, dass Ganna ebenfalls fliehen würde. Als der Tumult wegen Scaevas Tod losbrach, befanden sich die beiden Frauen zufällig an verschiedenen Orten im Haus. Ganna sagte, sie nehme an, Veleda habe ihre Chance ergriffen und sei auf den Wäschekarren geklettert, während Panik herrschte.
    »Sie befürchtete das Schlimmste? Warum glaubte sie, dass der Mord Auswirkungen auf sie haben würde?«, fragte ich, obwohl ich mir die Antwort fast denken konnte.
    »Wegen des abgeschlagenes Kopfes im Becken.«
    »Woher wissen Sie, dass sie den gesehen hat?«
    Ganna blickte mich direkt an. »Wir hatten den Tumult gehört – Schreie und rennende Leute. Veleda ging los, um zu sehen, was passiert war. Sie muss durch das Atrium gekommen sein. Wenn sie den Kopf des jungen Mannes gesehen hat, wird sie sofort gewusst haben, dass man sie bezichtigen würde.«
    »Veledas Reaktion klingt plausibel, da sie sich laut Ihrer Aussage ja in unmittelbarer Nähe des Verbrechens befand.« Ganna war es nicht gewöhnt, verhört zu werden. Ich bemerkte, dass sie Panik bekam. »So, wie Sie es dargestellt haben« – ich ließ es gemein klingen –, »könnte ich argwöhnen, dass Sie all das ganz genau wissen. Also müssen Sie Veleda gesehen und mit ihr gesprochen haben, seit sie das Haus von Quadrumatus verlassen hat.«
    »Das stimmt nicht, Falco.«
    Ich hatte meine Zweifel. Ich war nie ein Mann gewesen, der die Meinung vertrat, alle Ausländer seien link und ihre Frauen seien die Schlimmsten. Obwohl viele Provinzbewohner mich schon reingelegt hatten, oder es zumindest versucht hatten, wollte ich daran glauben, dass andere Nationen – durch uns gelehrt – in ihren Vorgehensweisen aufrichtig und anständig waren. Ich konnte mir sogar einreden, dass Außenseiter über das Imperium hinaus ihren eigenen Moralkodex besaßen,

Weitere Kostenlose Bücher