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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Wirklichkeit ein Ausdruck seiner Unzufriedenheit mit seinem Liebesleben war.
    »Er war fünfundzwanzig!«, schnaubte Helena, als ich diese scharfsinnige Theorie von mir gab. »Wenn er verzweifelt war, hätte er sich mit einem Massagemädchen in den Bädern treffen können. Oder heiraten können! Außerdem«, fügte sie hinzu, »schläft ein Mann wie der mit einem Sklavenmädchen oder mehreren und denkt nicht darüber nach, ob das seinem Ruf auf die eine oder andere Weise schaden könnte.«
    Ich warf ihr einen Blick zu. »Das hängt doch bestimmt davon ab, ob das Sklavenmädchen hinterher erzählt, wie gut er war?«
    »Sie würde nur sagen, wie großzügig sein Liebesgeschenk war, oder auch wie mickrig«, widersprach Helena. Ihr fiel etwas ein. »Vielleicht war der Flötenjunge sein Liebhaber?«
    »Das hätte Scaeva einen Ruf verschafft, den manche bedenklich fänden!« Aber es war ein gutes Argument. »Angenommen, der Flötenjunge war Scaevas Liebhaber, kam für sein Nachmittagsgedudel herein, sah die umwerfende Veleda in den Armen seines Herrn – und säbelte ihm in einem Anfall eifersüchtiger Wut den Kopf ab.«
    »Ist sie umwerfend?« Ich stellte mich taub. »Säbelte den Kopf mit was ab?«, fragte Helena dann. »Du sagtest, am Tatort sei keine Waffe gefunden worden.«
    »Einem scharfen Messer, das er fürs Flötenschnitzen benutzt?«
    »Musiker in wohlhabenden Haushalten müssen ihre Instrumente nicht selbst herstellen, Marcus. Man würde ihm eine erstklassige Tibia kaufen. Er müsste sie nur stimmen.«
    »Und das wird wie gemacht?«, wollte ich wissen.
    »Man bläst ein paar Takte, um sie mit dem Atem anzuwärmen. Oder wenn man besonders hohe oder tiefe Töne spielen muss, verkürzt man die Länge der Rohre. Manche lassen sich aufschrauben. Man bringt sie auf die richtige Länge, dann kann der Bruch mit gewachstem Faden umwickelt werden, um das Rohr luftdicht zu machen.«
    Wäre Helena eine Plebejerin gewesen, hätte mir ihre Beschreibung verraten, dass sie einst die Freundin eines Orchestermitglieds von einem Bestattungsunternehmen gewesen war. Da das nicht der Fall war, ersparte ich mir jede Eifersucht und ging einfach davon aus, dass sie es in einer Enzyklopädie gelesen hatte. Das war auch besser als anzunehmen, sie sei selbst eine Nymphe mit musikalischem Talent. Ich kannte einst ein Mädchen, das die Panflöte spielte. Grauenvoll. Von der hatte ich mich sehr schnell getrennt.
    Also hörte ich mir diese obskuren Flöteninformationen ruhig an. Helena lächelte. Sie verschwieg mir absichtlich, woher sie die hatte.
     
    Als wir die Villa erreichten, schaute sich Helena um und bemerkte als Erstes die üppigen Gärten, dann die endlosen Innenräume. Sie stellte sich wohl vor, wie dieser Luxus auf Veleda gewirkt haben musste.
    Helenas Anwesenheit hatte uns ohne Probleme an dem Pförtner vorbeigebracht. Ich knöpfte mir den Haushofmeister vor und fragte ihn unverblümt, welches Mädchen im Haus Scaevas Spielgefährtin gewesen sei. Er nannte sofort die Näherin und holte sie. Das Mädchen sah ihn erlaubnisheischend an und gab dann zu, dass sie und Gratianus Scaeva auf regelmäßiger Basis miteinander verkehrt hatten, außer wenn sie aus weiblichen Gründen indisponiert war. Dann hatte sie ihn im Allgemeinen ihrer Freundin aus der Küche überlassen, doch wenn auch die indisponiert war, hätte sich der junge Herr an die Stallburschen gewandt, von denen einer eine »Nichte« hatte, die sich gerne zur Verfügung stellte, oder falls sie zu tun hatte, besaß sie auch noch eine bereitwillige Schwester, die mit dem Schweinehirten zusammenlebte …
    »Danke.« Helena sah zu, daher bemühte ich mich, mürrisch zu klingen. Helena war kurz davor, loszukichern. »Ich kann’s mir vorstellen.« Sogar besser als nötig. »Seid ihr alle traurig über Scaevas Tod?« Das waren sie gewiss, was aber eher daran zu liegen schien, dass er sie anständig für ihre Dienste zu entlohnen pflegte. Viele junge Aristokraten hätten sich diese Mühe nicht gemacht, und daher zeigte ihn das in einem guten Licht, und das Mädchen verdrückte auch prompt eine Träne in seinem Andenken.
    Scaeva hätte mit Veleda liebäugeln können, weil sie eine Herausforderung darstellte, doch sicher nicht aus Verzweiflung wegen mangelnder sexueller Gefälligkeiten. Wenn ihn Veledas goldene Locken nicht in Gefahr gebracht hatten, war sein Geschmack eher simpel. Das bevorzugte Sklavenmädchen war hübsch, aber geistlos und so gewöhnlich wie Hundescheiße. Sie

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