Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord im Bergwald

Mord im Bergwald

Titel: Mord im Bergwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
Vom Netzwerk:
derjenige, mit dem sie eine Zukunft erdacht hatte. Nicht nur erträumt, nein, eine konkrete Zukunft war das gewesen.
    Nach einer Weile sagte sie: »Meike, was machen Sie denn nun?«
    »Meine Mutter kommt morgen. Sie bleibt eine Weile. Ich möchte den Almsommer noch beenden. Er dauert nicht mehr lange. Sie können mich nicht vertreiben.«
    Irmi nickte. »Das ist gut.« Sie meinte eigentlich, dass es gut war, die Mutter da zu wissen. Aber es war auch gut, sich nicht vertreiben zu lassen. »Darf ich Ihre Handynummer haben? Für den Fall, dass ich noch Fragen habe?«
    Meike nickte, kramte in ihrem Rucksack, förderte einen Stift zutage und kritzelte die Nummer auf einen Bierdeckel. Sie sah Irmi fest an. »Werden Sie mir sagen, was passiert ist?«
    »Werde ich. Natürlich.«
    »Unfall oder Mord.« Dabei sprach sie das Wort »Mord« deutlich leiser aus als »Unfall«. Sie flüsterte es, hauchte das Unfassbare hin.
    »Meike, es gibt nichts, was ich Ihnen momentan sagen könnte. Wir tappen im Dunkeln. Aber ich danke Ihnen für Ihre Offenheit. Viel Glück.«
    Meike gab ihr die Hand. »Pius war ein toller Kerl und ein guter Mensch, auch wenn das andere nicht so gesehen haben.«
    »Sicher«, sagte Irmi, obwohl sie das gar nicht sicher wissen konnte. Da fiel ihr noch etwas ein. »Sagen Sie: War am Tag seines Verschwindens jemand auf der Alm, den Sie kannten?«
    »Ja, da waren sogar einige, die ich zumindest vom Sehen kannte. Da oben ist ja auch die Hütte vom Bayerischen Landtag, und es fand so ein Treffen der Bauern mit der Landwirtschaftsministerin statt.«
    »Wissen Sie noch, wer das alles war?«, fragte Irmi.
    »Der Vinzenz Leismüller war da. Ein ziemliches Großmaul. Pius hat ihm mal eine geklebt, weil er mir an den Hintern gefasst hat.«
    Der Leismüller junior. Das war interessant. Vinzenz hatte nicht auf Bernhards Liste gestanden. Noch interessanter! Irmi versuchte sich ihre Aufregung nicht anmerken zu lassen. »Können Sie sich denn erinnern, wann genau er da war? Zusammen mit den anderen Bauern, die demonstriert haben?«
    Meike überlegte kurz. »Ich glaube schon.« Sie stockte. »Warten Sie mal. Ich weiß nicht so genau, ob der bei dem großen Haufen dabei war. Das waren ja ziemlich viele. Ich hab ja auch bedient, Brotzeitplatten gemacht und so. Aber der Leismüller drückte sich noch rum, als die anderen weg waren.«
    Irmis Herz raste. »Haben Sie gesehen, wann er gegangen ist?«
    Sie sah Irmi forschend an. »Meinen Sie, der hat damit was zu tun?«
    »Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass er und sein Vater unangenehme Typen sind, die Zoff hatten mit Pius. Das stimmt doch, oder?«, fragte Irmi.
    »Ja, das stimmt. Sehr unangenehme Typen. Ich dachte aber immer, der Vater sei der Schlimmere. Sein Sohn ist etwas unterbelichtet und ein Mitläufer.« Meike lächelte verlegen.
    »Das sehe ich auch so«, meinte Irmi. »Der alte Leismüller ist gefährlich, weil er nicht dumm ist. Dummheit gepaart mit Grausamkeit ist schlimm, aber Intelligenz gepaart mit Grausamkeit mordet und stürzt Regime oder hält Unrechtsregime am Leben. Aber um auf Vinzenz zurückzukommen: Wissen Sie, wann er gegangen ist?«
    Meike schüttelte den Kopf. »Nein, ich war dann in der Küche. Wie gesagt, es war alles ziemlich hektisch an diesem Tag. Aber die Politiker und kurz drauf die Bauern sind gegen zwei Uhr weg. Leismüller hab ich danach noch gesehen. Als ich um fünf mit allem fertig war, war er nicht mehr da.«
    Irmi versuchte neutral zu klingen, obgleich sie erstmals das Gefühl hatte, endlich eine echte Spur erschnüffelt zu haben. »Und sonst? War außer den Demonstranten und den Politikern noch jemand da?«
    Meike dachte wieder eine Weile nach. »Dieser Mann von Alpenverein«, sagte sie dann. »Bernd.«
    »Bernd Orlowski?«
    »Ja, er hat diesen Schutzwaldeinsatz vorbereitet. Er war oft oben. Na ja ...«
    »Was, na ja?« Irmi sah sie scharf an.
    »Na ja, er war relativ oft oben. Er hat öfter mal ...«
    »Sie wollen sagen, er wollte was von Ihnen?« Irmi starrte das Mädchen an.
    »Ja, aber er war doch uralt.« Das kam entrüstet. Nun war sie in erster Linie wieder ein junges Mädchen.
    »Kannte er Pius?«, fragte Irmi.
    »Klar, er hat oft mit ihm diskutiert. Er hat uns immer wie Kinder behandelt, und er hat es schlecht vertragen, dass Pius manches einfach besser wusste.«
    O ja, das konnte sich Irmi vorstellen. Orlowski konnte keine anderen Götter neben sich ertragen. Schon gar nicht, wenn sie jünger waren. »Aber Orlowski konnte doch

Weitere Kostenlose Bücher