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Mord im Bergwald

Mord im Bergwald

Titel: Mord im Bergwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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sowieso Hausverbot.«
    »Wie, Hausverbot?«, fragte Irmi.
    »Pius hat mich mal zum Kaffeetrinken mitgenommen, und da hat mich sein Vater rausgeworfen.«
    »Bitte?«
    »Pius hat ihnen erzählt, dass wir uns verlobt hätten. Haben wir auch.« Sie zeigte vorsichtig ihren Ringfinger, den ein schmaler Goldring zierte.
    »Sein Vater hat auf den Tisch gehauen und gesagt, dass keine dahergelaufene studierte belgische Bäuerin seinen Hof bekäme. Das Erbe seiner Vorfahren. Pah, als ob das heute noch zählt. Anstatt dass er froh war, dass sein Sohn überhaupt weitermachen wollte. Dass er eine Frau gefunden hatte, die bereit war, mit ihm diesen Weg zu gehen.«
    Irmi schluckte. Sie fühlte sich, als müsse sie sich entschuldigen für ihre Landsleute. Diese Betonschädel hinter den hohen Gipfeln, wo es mehr Schatten gab als Licht. Irmi wusste nicht, was sie sagen sollte, was nicht eine Plattitüde gewesen wäre. Aber Meike machte es ihr leicht, indem sie weitersprach.
    »Pius war wahnsinnig wütend, ich musste ihn beruhigen. Seine Mutter wollte vermitteln. Sie ist eine Liebe, und ich glaube, Bartl hat der Satz schon leid getan, als er ihn ausgesprochen hatte. Er ist so einer mit einer harten Schale, aber drinnen sieht es anders aus. Glaub ich. Außerdem vergöttert er seine Frau. Das ist ja selten bei so alten Leuten.« Sie machte eine Pause.
    Die beiden Fichtls verband etwas Unsichtbares, stärker als das Leben und stärker als der Tod – das war auch Irmis Eindruck gewesen.
    Meike fuhr fort: »Pius hat mich regelrecht aus dem Haus gezerrt, da war keine Zeit mehr, etwas richtigzustellen. Ich glaube, er hätte seinen Vater am liebsten erwürgt. Aber zum Glück hat er sich wieder beruhigt, wir haben in den nächsten Tagen viel geredet, und aus einer Idee wurde ein konkreter Plan.«
    »Plan?«
    »Pius wollte mit den Kühen aufhören, so oder so. Entweder wir hätten auf seinem Hof etwas Neues begonnen, oder wir wären weggegangen. Pius hätte dazu den Hof verkaufen müssen. Er musste dazu mit seinem Bruder reden, dem ja ein Teil zusteht. Und dann war auch noch zu klären, wie genau der Wortlaut im Übergabevertrag ist. Ob er überhaupt verkaufen konnte.«
    Irmi kannte das Problem. Wenn die Alten in den Austrag gingen, gab es oft Klauseln, die dem Nachfolger den Verkauf von Feldern oder Forst untersagten. So richtig trauten die Alten der Jugend nicht. Wer wollte es da den Jungbauern verdenken, dass sie den eigenen Vater ins Jenseits wünschten?
    »Was hattet ihr denn vor?«, fragte Irmi schließlich.
    Sie lächelte. »Wahrscheinlich schauen Sie nun genauso wie alle anderen. Wir wollten Bisons züchten!«
    »Bisons?«
    »Ja, genau die. Bisons sind perfekt angepasst an sehr heiße, trockene Sommer im Wechsel mit extrem kalten und schneereichen Wintern. Bisonfleisch ist sehr würzig und zart. Es enthält mehr Protein und Nährstoffe als Rindfleisch und hat weniger Kalorien und weniger Fett. Bisons leben von Raufutter, ohne Mastmittel, Hormone, Wachstumsstoffe oder Antibiotika. Eine naturnahe Tierhaltung ist das und rentabel.« Meike nickte zur Beteuerung.
    »Kann man die einfach so halten?«, hakte Irmi nach, die sich über Bisons noch nie Gedanken gemacht hatte.
    Meike lachte. »Nicht wie Hasen oder Schafe. Man muss bei der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde eine Genehmigung zur Errichtung eines Bisongeheges beantragen. Man benötigt einen zwei Meter hohen Geflechtzaun, der durch einen elektrisch geladenen Stromdraht an der Innenseite zusätzlich gesichert ist. Und dann braucht es eine Fanganlage mit Rondell, Treibgang und Behandlungsstand.«
    »Eine ziemliche Investition, oder?«
    »Sicher, aber wir haben uns gut informiert. Die Amtstierärztin in Garmisch hat uns beraten, sie war vorher in Landshut und hatte da mit Bisons zu tun. Wir haben einen Züchter in Niederbayern besucht, Klaus Weinfurtner. Er hat sechzig Tiere, und die sind ungeheuer beeindruckend«, sagte Meike.
    »Haben Sie Ihren Plan denn jemandem vorgestellt?«, fragte Irmi.
    »Na ja, wir haben mal vorgefühlt, ob man daraus nicht auch einen touristischen Nutzen ziehen könnte.«
    So wie sie das sagte, war Irmi klar, dass die Antwort eher negativ ausgefallen war. Hier wurden schon Leute angefeindet, die Westernpferde hielten oder Isländer. Das Standardargument lautete: De san ned von do. Nein, waren sie nicht, aber die Holsteiner Kühe, die so mancher Bauer in seiner Herde hatte, waren auch nicht »von do«. Aus dieser Gegend kamen Murnau-Werdenfelser wie ihre

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