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Mord im Dirnenhaus

Mord im Dirnenhaus

Titel: Mord im Dirnenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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beflecken und unehrlich machen. Denn nicht nur Henker, Schinder und deren Knechte und Gesellen gehörten zu den unehrlichen Berufsgruppen, auch all ihre Gebrauchsgegenstände waren für ehrliche Bürger tabu.
    In diesem Moment drehte sich die alte Frau auf dem Karren in ihre Richtung. Adelina wollte etwas sagen, doch Ludmilla schüttelte fast unmerklich den Kopf und blickte sie eindringlich an. Ihre Lippen formten stumm ein paar Worte. Adelina starrte ihr entsetzt hinterher. Sie hatte die Worte der Alten verstanden: «Tu’s nicht, bleib weg. Ich bin verloren.»
    Ein eiskalter Schauer rann ihr das Rückgrat hinunter. Sie hatten Ludmilla festgenommen. Das konnte nur eines bedeuten: Reese hatte seine Schuldige gefunden. Und sie selbst hatte ihn auf diese Spur geführt. Adelina fasste sich vor Entsetzen an die Stirn.
Sie
hatte ihm Ludmilla praktisch ausgeliefert.
Sie
war schuld, dass die alte Weise Frau nun zu Turme gebracht wurde. Wer weiß, was sie mit ihr tun würden.
    Nein. Adelina schüttelte den Kopf. Sie war nicht schuld daran. Reese hatte am Morgen äußerst merkwürdig auf ihren Bericht reagiert. Hatte er nicht gesagt, dass er einem Hinweis nachgehen müsse? Also hatte jemand anderes Ludmilla bereits vorher beschuldigt, und ihre Aussage hatte nur den Verdacht erhärtet. Langsam drehte Adelina sich um und ging nach Hause.
    Die Frage war: Wer hatte Ludmilla angezeigt und warum? Adelina ging ins Haus hinein. Sie verschloss die Tür sorgfältig und lehnte sich dann dagegen. Sie hatte Ludmilla kennengelernt, als sie eine schlimme Zeit durchmachte. Die Alte hatte ihr geholfen. Vieles hatte Adelina bei ihr gelernt in den Tagen, da sie bei ihr gewesen war, und in der Zeit danach, als sie sich regelmäßig mit Ludmilla getroffen hatte, bis diese sicher gewesen war, dass Adelina wieder vollständig genesen würde.
    Und weder damals noch seither hatte sie gehört, dass Ludmilla jemandem bewusst Schaden zugefügt hätte. Sie war eine Verrufene, eine Engelmacherin, aber auch eine kluge und besonnene Hebamme. Wenn in der Stadt eine schwierige Geburt anstand oder sich die Geburtshelferinnen keinen Rat mehr wussten, wurde nach ihr geschickt. Ansonsten ignorierte man sie, sie wurde gemieden oder ihre Existenz sogar verleugnet.
    Entschlossen drehte Adelina sich um und eilte in die Küche, wo Magda Gemüse in den Kessel gab, der an dem Dreibein über der Feuerstelle hing.
    «Wo steckt Ludowig?»
    Magda drehte sich überrascht um. «Er ist draußen und verstärkt das Dach vom Hühnerstall.»
    «Gut, warte nicht mit dem Essen auf mich, ich muss noch einmal fort.» Mit einem Nicken machte Adelina kehrt und eilte zur Hintertür hinaus in den Garten. Zielstrebig steuerte sie auf das laute Hämmern hinter dem kleinen Stallgebäude zu.
    «Ludowig, ich brauche deine Hilfe», sprach sie den Knecht an. «Spann den Wagen an, ich muss noch einmal fort.»
    Der Knecht ließ den Hammer sinken und fuhr sich mit den Fingern durch sein strohblondes Haar. «Jetzt wollt Ihr noch einmal fort? Es ist schon spät, Herrin. Die Straßen sind jetzt nicht mehr sicher.»
    «Deshalb wirst du mich ja auch begleiten. Beeil dich, es ist sehr wichtig.»
    «Also gut.» Als Ludowig sich aufrichtete, überragte er Adelina um beinahe zwei Haupteslängen. Seine imposante, kräftige Statur würde ihr Straßenräuber und Gecken gleichermaßen vom Hals halten.
    Eilig holte er die kräftige Fuchsstute aus dem erst kürzlich angebauten Pferdeverschlag und spannte sie vor die kleine Kutsche. Sie wurde nur selten benutzt, und wenn, dann meistens von Neklas, wenn er zu Behandlungen in weiter entfernte Stadtteile gerufen wurde.
    Ludowig öffnete das Tor und führte die Stute vorsichtig zur Straße. Dabei mischte sich in das Klappern ihrer Hufe auf dem steinigen Weg das ungleichmäßige Poltern seiner schweren Holzpantinen. Sein rechtesBein war etwas kürzer als das linke, jedoch behinderte ihn das leichte Humpeln in keiner Weise.
    Adelina kletterte neben ihn auf den Kutschbock. «Fahr in Richtung St. Marien, wir müssen zur oberen Rheingasse, zum Haus des Ratsherrn Georg Reese.» Der Weg war nicht allzu weit, am Tag wäre sie ohne Umstände zu Fuß gegangen.
    Reese gab sich wenig überrascht, als er sie empfing und in seine Stube führte, doch er wirkte überaus angespannt, und in seinem Gesicht standen tiefe Sorgenfalten, die am Vormittag noch nicht da gewesen waren. Wie schon bei früheren Besuchen konnte Adelina nicht umhin, die reich mit Schnitzereien verzierten Möbel in

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