Mord im Dirnenhaus
in die Küche und scheuchte die Katze von ihrem Ruheplätzchen auf. «Dann geh nun wenigstens und hol Feuerholz für die Kochstelle. Und bring mir auch den neuen Sack Mehl mit.»
«Natürlich, sofort.» Franziska nickte eifrig, zog ihre Holzpantinen neben dem Ofen hervor und klapperte Augenblicke später zur Hintertür hinaus. Adelina nahm den Speckrest und legte ihn in die kleine Holzschale, in die sie sonst Milch oder Breireste für Fine gab. Dann begann sie, ihre Utensilien und Zutaten zum Brotbacken zusammenzusuchen. Schließlich trat sie an das Fenster über dem Spülstein und stieß die Läden auf. Draußen war es noch dunkel. Nur ein schmaler hellerer Streifen am Himmel und einige verblassende Sterne kündeten bereits von der heraufziehenden Dämmerung. Es war herrlich still in Köln, nicht einmal die ersten Vögel waren erwacht. Adelina liebte den frühen Morgen. Tief atmete sie die frische, jedoch nicht wirklich kühle Luftein. Der Sommer schien noch eine Weile weiter ausharren zu wollen.
Als sie Schritte hinter sich hörte, sagte sie, ohne sich umzudrehen: «Leg alles beim Ofen ab und nimm den alten Sack gleich mit.»
Die Schritte kamen näher. «Nun, zwar habe ich mich gerade erst angekleidet, doch wenn du es mir gleichtust, werde ich gerne alles wieder ablegen.»
Adelina fuhr herum und blickte in das grinsende Gesicht ihres Gemahls. Er trat noch näher an sie heran und legte seine Arme um ihre Hüften. «Ich hoffe allerdings stark, dass mit dem alten Sack nicht ich gemeint war.»
«Nein.» Adelina unterdrückte ein Kichern, schob Neklas jedoch sanft von sich. «Ich habe Franziska hinausgeschickt, um Feuerholz und Mehl zu holen.»
«Ist heute Backtag?» Neklas hob erfreut die Brauen.
«Ja, und deshalb habe ich nun auch zu tun.»
«Aber es ist noch schrecklich früh. Und das Bett ist noch warm …»
«Du bist unersättlich.» Adelina wandte sich um und zog eine Schachtel mit Rosinen aus dem Regal neben dem Fenster. «Da Fine unser Frühstück verputzt hat, wirst du dich gedulden müssen. Ich werde Brot und Rosinenschnecken backen.» Neklas warf einen Blick auf die Katze, die sich gerade daranmachte, auch noch den letzten Rest Speck zu fressen. Da in diesem Moment auch Franziska mit einem Korb Feuerholz und dem Mehlsack auf der Schulter hereinkam, seufzte er und zuckte resigniert mit den Schultern. «Also gut, wie du meinst. Dann werde ich mich gleich mal auf den Weg zur Universität machen und schauen, wie es Magister Arnoldus geht. Und danach muss ich Doctore BertiniBescheid geben, dass ich wieder in der Stadt bin. Heb mir ein paar Rosinenschnecken auf.»
Er machte auf dem Absatz kehrt und verließ die Küche. Adelina unterdrückte den Drang, hinter ihm herzulaufen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er verärgert sein könnte, wenn sie heute, wie jeden Morgen, ihren Haushaltspflichten nachkam. Zwar hatte sie auch als Ehefrau Pflichten, und denen folgte sie gewöhnlich mit großer Freude, doch wenn sie jetzt nicht mit ihrer Arbeit begann, würde sie bis zum Öffnen der Apotheke nicht alles geschafft haben. Und dann war da ja schließlich noch Griet, um die sie sich auch noch zu kümmern hatte. Als sie die Apothekentür klappen hörte, runzelte sie verärgert die Stirn. Wenigstens zum Frühstück hätte Neklas bleiben können.
Doch da ging die Tür erneut, und im nächsten Moment streckte Neklas den Kopf noch einmal in die Küche. «Ich habe da etwas vergessen», meinte er, und seine Augen blitzten vergnügt auf, als er ihr verkniffenes Gesicht sah. Er kam wieder herein und hielt ihr ein kleines Messingkästchen hin. Erstaunt griff sie danach und klappte es auf. Dann schnappte sie nach Luft. Das Kästchen enthielt Zimtstangen!
«Die müssen ja ein Vermögen gekostet haben!», stieß sie hervor.
Neklas lächelte. «Nicht wirklich. Mein ältester Bruder hat einen Schwager, der Gewürzhändler ist. Ich konnte ihn überreden, mir den Zimt zum Familienpreis zu überlassen. Dafür musste ich ihm allerdings versprechen, dass du ihm Zimtwecken backst, wenn er einmal nach Köln zu Besuch kommt.»
Adelina klappte das Kästchen überwältigt zu und stellte es vorsichtig auf den Tisch. «Du bist verrückt.»
«Ich weiß.» Er zwinkerte ihr noch einmal zu und ging zur Tür.
«Das ist Bestechung.»
«Hat sie funktioniert?» Er sah hoffnungsvoll über die Schulter.
«Nein.»
Er hob die Schultern. «Das hatte ich befürchtet.»
«Trotzdem danke.»
Als die Tür diesmal hinter ihn zuklappte,
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