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Mord im Dirnenhaus

Mord im Dirnenhaus

Titel: Mord im Dirnenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Frau ingeflickten Kleidern unter Gezeter und Wehgeschrei auf den Kax gebracht.
    «Das ist die Gevatterin Hildrun, die Brauerin», hörte Adelina den Pastetenverkäufer, an dessen Stand sie wartete, zu der Kundin vor ihr sagen. Er lachte gehässig. «Wahrscheinlich hat sie mal wieder versucht, ihr Bier mit der falschen Grut zu brauen, um der Zunftsteuer zu entgehen.» Und tatsächlich, einer der Marktbüttel schüttete der gefesselten Frau einen Krug Bier über den Kopf. Die Schaulustigen, die natürlich bei solcher Gelegenheit schnell vor dem Pranger zusammenfanden, lachten und grölten. Zwei Gassenjungen machten sich einen Spaß daraus, Unsägliches zwischen den Rinnsteinen herauszufischen und die Frau damit zu bewerfen. Doch bald herrschte vor dem Kax ein solches Gedränge, dass die Bengel von ihrem Tun ablassen mussten.
    «Komm weiter», mahnte Adelina Griet und zog sie zur nächsten Bude. «Das ist nichts für dich.»
    Da man den Kax mittlerweile kaum noch sehen konnte, wandte sich Griet tatsächlich ab und wollte Adelina folgen. Dabei wäre sie um ein Haar mit zwei Frauen in bunten Röcken und mit roten Kopftüchern zusammengestoßen.
    «Hoppla, Kind, pass auf, wo du hinläufst», lachte die eine und machte einen Bogen um Griet.
    «Süße Kleine», lächelte die andere und blieb kurz stehen. «So hübsche schwarze Löckchen hätt ich auch gern.»
    «Macht, dass ihr weiterkommt, Gesindel!», brüllte der Tuchhändler, bei dem Adelina gerade eine Bahn Leinen kaufen wollte. Er ließ den Stoff fahren und kam aus seiner Bude hervor. Adelina packte Griet am Arm und zog sie rasch zur Seite. Die zwei Frauen kichertenund gingen einfach weiter, doch der Kaufmann setzte ihnen ein gutes Stück nach und überschüttete sie mit lauten Schmähungen und Flüchen. Als er wieder zurückkam, blickte er streng auf Griet hinab.
    «Pass besser auf, Kind. Um dieses Pack solltest du einen großen Bogen machen.» Nun sah er Adelina an. «Habt Ihr Eure Tochter nicht vor derlei Frauenzimmern gewarnt? Nicht mal berühren darf sie sie. Und die Kleine wäre fast in die Weiber hineingerannt.»
    «Ist ja nichts passiert.» Adelina schenkte dem Händler ein beruhigendes Lächeln und reichte ihm gleichzeitig das Geld für den Stoff. «Sie ist noch zu jung, um ihre Augen überall zu haben.»
    Griet sah sie mit erstauntem Blick an, und als sie weitergingen, fragte sie: «Was waren das für Frauen?»
    «Das waren Hübschlerinnen, Kind.» Adelina benutzte sicherheitshalber das höflichste Wort für diese Berufsgruppe. «Mit diesen Frauen darfst du dich niemals abgeben, denn sie unterstehen dem Henker und sind damit unehrlich. Du erkennst sie an dem roten Kopftuch.»
    «Ach so.» Griet sah aus, als wüsste sie genau Bescheid, was damit gemeint war. Adelina erinnerte sich, dass ihr Stiefvater ein Wirtshaus führte. Möglicherweise war das Mädchen dort schon solchen Frauen begegnet. Griets nächste Worte bestätigten ihren Verdacht: «In Kortrijk müssen sie gelbe und rote Bänder an den Kleidern tragen.»
    «Frau Adelina!» Ein kleiner, kugelrunder Mann eilte auf sie zu und winkte, um sie auf sich aufmerksam zu machen. Es war Werner Overstolz, ein stadtbekannter Holzhändler. Als er bei ihr angelangt war, schnaufte er und wischte sich mit dem Handrücken über die schweißnasse Stirn. «Frau Adelina, wie gut, dass ich Euch hiertreffe. Mir ist zu Ohren gekommen, dass Euer Gemahl wieder in der Stadt ist. Würdet Ihr ihm ausrichten, dass er mich unbedingt so bald wie möglich aufsuchen soll? Ihr wisst schon, mich plagen diese scheußlichen Verdauungsstörungen, und er hat da so ein Mittel …»
    «Aber natürlich, ich sage es ihm», antwortete Adelina freundlich. «Wann kann er Euch denn zu Hause antreffen?»
    «Ach, derzeit beinahe immer. Durch diese ganzen Soldaten und erzbischöflichen Gesandten sind die Stadttore ständig verstopft. Meine Leute haben ja schon Probleme, das Bauholz für die Dombaustelle anzuliefern. Und vieles bleibt gleich vor der Stadt, weil die Söldner es als Feuerholz verwenden. Eine Schande ist das, sage ich Euch. Aber was soll ich machen? Irgendwann werden sie sich zurück nach Bonn verziehen, und dann kann unsereins wieder ungestört sein täglich Brot verdienen. Aber sagt, wer ist denn diese bezaubernde Kleine, die Ihr dabei habt?» Er zwinkerte Griet zu, doch die schob sich wieder ein Stück hinter Adelinas Röcke. «Ein bisschen schüchtern, was?» Er lachte.
    «Dies ist mein neues Lehrmädchen, Griet. Und da es sich so

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