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Mord im Garten des Sokrates

Mord im Garten des Sokrates

Titel: Mord im Garten des Sokrates Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Berst
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kannte Aspasia und verehrte sie sehr. Wie oft hatten wir dieses Gespräch schon geführt? Ich hatte ihr schon zu erklären versucht, dass die Liebe eines Mannes zu einem Knaben und die Liebe zu seiner Frau verschieden seien und nichts miteinander zu tun hätten; dass die Knabenliebe dazu diene, den Jungen zu erziehen und in die Welt der Männer einzuführen, die Liebe zur Frau dagegen der Zeugung und dem Überleben des Geschlechts.
    Hierfür hatte sie keinerlei Verständnis.
Und wie oft hatte ich schon beteuert, dass ein verantwortungsvoller Liebhaber mit seinem Eromenos keinesfalls das tue, was sie mir immer unterstelle?
Sie glaubte mir kein Wort.
Einmal erinnerte ich sie sogar an Zeus selbst, der seinen Ganymed und seine Hera liebte!
Rasend vor Eifersucht schlug Aspasia mit einem Krug nach mir. Zeus als Beispiel eines liebenden Ehemannes zu nehmen, war wohl auch kein besonders guter Einfall gewesen.
Also versuchte ich es diesmal anders. Ich schwor ihr, Lykons Berührungen interessierten mich nicht, seine Liebkosungen hätten mir von jeher nichts bedeutet; ich versicherte, er habe mich heute nur begleitet, und beteuerte endlich, dass ich ihn ohnehin kaum noch sähe, denn auch Lykon halte nicht mehr wirklich an mir fest. Wir seien eigentlich nur noch Kameraden, wenn auch mit einem gewissen Altersunterschied, und da sei nichts, gar nichts, worauf sie eifersüchtig sein müsse. Und das war beinahe wahr.
Diesmal verfehlten meine Worte ihr Wirkung nicht. Aspasia beruhigte sich in meinen Armen, und ich fühlte sie unter meinen Worten mehr noch als unter meinen Liebkosungen sanfter werden. Aspasias Haut schimmerte matt unter meinen Fingern. Sie duftete nach Granatapfelblüten. Ihr schwarzes Haar fiel in weichen Locken auf das Kissen. Wie sie so vor mir lag … Ihr Kuss schmeckte nach Honig und Wein.
Ich kam zu ihr, und sie war ganz bei mir. Das Licht warf die Schatten unserer Körper an die Wand, die im Dunkeln sich vereinigten. Aspasias Duft stieg auf und berauschte mich. In ihren Augen sah ich, wie sie sich mir ergab, und ebenso ergab ich mich auch ihr.
Wir lagen noch lange wach und hielten uns in den Armen. Als unsere Leidenschaft verklungen war, fühlte ich, sie war bedrückt.
«Was hast du, mein Liebling?», fragte ich.
«Angst», gab sie mir zur Antwort.
«Ich auch», sagte ich. «Es ist gefährlich. Ich stehe zwischen zwei Feuern. Komme ich einem zu nahe, bin ich verloren.»
«So gefährlich?»
«Ja, so gefährlich.»
«Gut», sagte sie, «ich werde morgen packen, damit wir Athen jederzeit verlassen können. Gib acht und lass uns fliehen, bevor es zu spät ist.»
«Wenn ich die Stadt allein verlasse, geschieht euch nichts. Du könntest bei deinem Vater bleiben», wandte ich ein.
«Ich lasse dich aber nicht allein gehen», sagte sie, und ich wusste, auch diesmal würde sie keinen Widerspruch dulden.
    meine zwölf unteroffiziere waren schon versammelt und warteten in der Vorhalle, als ich am nächsten Morgen kurz nach Sonnenaufgang das Hauptgebäude der Kaserne betrat. Sie teilten mit mir die Aufgabe, die Sicherheit und Ordnung der Polis zu schützen. Wir überwachten die Straßen, die Plätze und die öffentlichen Bauten der Stadt, bei den Gerichtsverhandlungen und den Volksversammlungen sorgten wir für Ruhe; die Gefängnisse und die Gefangenen standen unter unserer Aufsicht. Ich wusste, in ganz Hellas gab es nichts, was mit den Toxotai zu vergleichen war, weder in Sparta oder Theben noch in Korinth oder Kreta.
    Unsere Kaserne bestand aus drei länglichen, einfachen Ziegelbauten und einem etwas größeren Haupthaus, die um einen Übungsplatz herum angeordnet waren. Im Haupthaus waren Schreibstube, Waffenkammer und Vorratsräume untergebracht, in den Nebengebäuden Mannschaften und Pferde. Die Kaserne lag innerhalb der Stadtmauern zwischen Nymphenhügel und Piräus-Tor, und so bildete die Innenstadt ganz natürlich den Bereich Athens, den wir am stärksten bewachten. Aber auch Piräus mit seinen drei Häfen und der alte Landeplatz Phaleron gehörten zu unserem Gebiet.
    Die Gesichter meiner Männer waren grau wie der Morgen. Sie ahnten wohl, dass ich einen guten Grund haben musste, sie so früh zusammenzurufen, und hätten wenig dafür übrig, wenn ich ihnen etwas vormachte. Ich kam also gleich zur Sache.
    «Männer», begann ich, «es gab einen Mord, der die gesamte Polis in Gefahr bringt, und wir müssen den Mörder finden. Gestern früh würde Periander, der Olympiasieger – ihr kennt ihn alle –, am Itonia-Tor

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