Mord Im Garten Eden
konnte.
Erpressung?
Kaum.
Eher Gefahrenzulage.
Eine nette Überraschung für Justice, nachdem alles wunschgemäß gelaufen war.
Sie schuftete bis Mittag, tippte in einem fensterlosen Büro an ihrem PC und schickte Justice stapelweise Liebesbriefe per E-Mail. Seine Aufregung war greifbar und sprang förmlich aus dem Bildschirm heraus. Er schrieb ihr, er könne es kaum erwarten, sie in die Arme zu schließen, ihren Körper zu liebkosen, sie mit Küssen zu ersticken.
Ihre Verbindung war im Untergrund geboren, genährt und gestärkt worden. Heimlich... unsichtbar für die Außenwelt. Nun war für beide die Zeit gekommen, auf den Zug aufzuspringen und ans Licht zu gelangen.
Eine Gruppe wetterfester Pfadfinder, die bei Tagesanbruch einen Fußmarsch unternahm, fand die Leiche in einem der vielen vom Regen angeschwollenen Bäche, die sich durch die Wälder im Hinterland schlängelten. Eine gut gebaute, gut genährte weiße Frau in einem mittlerweile durchnässten schwarzen Wollkleid. Der Saum des Kleidungsstückes hatte sich unter einem schroffen Felsblock verfangen und hielt ihren Körper fest; er hüpfte auf dem Wasser im Rhythmus der Wellen auf und ab. Das Kleid hatte sich über ihre Hüften hochgeschoben und legte bleiche Beine frei. Ihr schwarzes Miederhöschen war um ihre Knöchel gewickelt, und an ihren Füßen waren keine Schuhe. Ein schwarzer Mantel lag ungefähr fünfzig Meter rechts von ihr zusammengeknüllt in einem Haufen Laub. Sie trug Schmuck, aber nicht auf die übliche Weise. Eine geflochtene Goldkette war fest um ihren Hals gewickelt und gab ihrem Gesicht das glänzende dunkellila Aussehen einer Aubergine. Kein Ausweis an der Leiche. Keine Handtasche in unmittelbarer Nähe.
Der Leichenbeschauer des County - dem auch die Leichenhalle in Kenton, Missouri gehörte - maß die Temperatur der Leiche und schüttelte den Kopf, als er das Ergebnis ablas.
»Hat über Nacht hier gelegen.«
Deputy Jim Schultz rieb seine brennenden Augen und zog seine Hose über einen beachtlichen Bauch. Nach alter Männer Art. In Anbetracht dieser Schweinerei hatte er sich auch gefühlt wie ein alter Mann. »Heißt ›über Nacht‹ jetzt zwölf oder sechs Stunden?«
»Könnte hinkommen.«
» Was könnte hinkommen?«
»Sechs bis zwölf Stunden.« Cale zitterte, als er umständlich die Zahlen notierte. Nicht leicht, mit Handschuhen zu arbeiten, die es von der Größe her mit Baseballhandschuhen hätten aufnehmen können. Wenigstens waren seine Hände warm. »Von hier war sie nicht, Jimbo.«
»Von hier sind sie nie«, merkte Schultz an.
Während er das aufgeschwemmte Gesicht betrachtete, rieb er seine Finger, die in Wollhandschuhen steckten, auf seiner Lederbomberjacke. Warum mussten die immer in seinem Revier liegen? Hing vermutlich mit den Örtlichkeiten zusammen. Von St. Louis nach Kenton waren es auf gerader Autobahnstrecke fünfundsiebzig Meilen. Ideal, um eine Leiche loszuwerden. Er rief: »Joe?«
»Was ist?« Joe machte Kniebeugen, um seinen knochigen Körper aufzuwärmen.
Schultz sagte: »Jemand hat einen schwarzen Mantel liegen lassen. So dreißig bis sechzig Meter entfernt, in dem Eichengestrüpp dort. Siehst du ihn?«
»Ja, ich sehe ihn.«
»Hol ihn her und schau in den Manteltaschen nach. Vielleicht findest du ja dort einen Ausweis. Ich sehe nämlich nirgends eine Handtasche.«
»Hat die der Mörder mitgenommen?«
»Vermutlich«, sagte Schultz. »Es gibt bestimmt nicht viele Damen, die ohne Handtasche auf Reisen gehen.«
Joe schüttelte den Kopf. »Mir kommt sie nicht bekannt vor.«
Cale sagte: »Jimbo und ich sagten schon, dass sie nicht von hier ist.«
»Da pflichte ich euch herzlich gern bei«, meinte Joe. »Armes Ding. Wie konntest du dich nur in ein solches Schlamassel manövrieren, Süße?«
»Vermutlich war sie nur zur falschen Zeit am falschen Ort«, sagte Schultz.
»Soll ich es per Funk durchgeben, Chef?«, fragte Joe. »Vielleicht haben sie ja in Medford oder Athens jemanden vermisst gemeldet.«
»Zuerst den Mantel, Joe.«
»Ach so, ja... richtig.« Der Hilfsdeputy joggte zu dem abgelegten Mantel hinüber. Unter seinen Füßen knackten vertrocknete Zweige. Er hob den mit Laub bedeckten Mantel auf und putzte ihn mit der Hand ab. Er griff in die Taschen und schüttelte den Kopf. »Bis jetzt nichts.«
»Bring ihn herüber«, sagte Schultz.
Joe kam zurück. »Schöner Mantel. Besser, als das übliche Zeug, das sie hier im Wal-Mart... oder im Penny anbieten.« Er las das Etikett. Mit
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