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Mord im Herbst: Roman (German Edition)

Mord im Herbst: Roman (German Edition)

Titel: Mord im Herbst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Aber er hätte nicht sagen können, ob es eins mit oder eins ohne Auerhahn gewesen war.
    »Da wohnt eine alte Frau namens Elin«, sagte Martinsson. »Trulsson mit Nachnamen. Sie hat Karl hin und wieder besucht. Aber sie ist auch alt. Nur vielleicht nicht so senil.«
    Wallander stand auf.
    »Morgen«, sagte er. »Morgen reden wir mit ihr.«

11.
     
    Linda überraschte Wallander mit einem selbst zubereiteten Abendessen. Obwohl es ein Wochentag war, hätte Wallander am liebsten eine Flasche Wein geöffnet. Aber Linda würde sofort Theater machen. Also ließ er die Flasche stehen. Stattdessen erzählte er seiner Tochter von Martinssons und seinem zweiten Besuch in Löderup.
    »Habt ihr was gefunden?«
    »Ich habe eine gewisse Übersicht über die Besitzer des Hofs in den letzten fünfzig Jahren. Aber das muss ja noch nichts bedeuten.«
    »Ich habe mit Stefan gesprochen. In seinen Unterlagen ist keine vermisste Frau, die ins Bild passt.«
    »Das war auch kaum zu erwarten.«
    Sie aßen schweigend weiter.
    »Du hättest das Haus kaufen können«, sagte sie nach dem Kaffee. »Du hättest da bis zu deinem Tod herumlaufen können, ohne zu ahnen, dass eine Tote in deinem Garten liegt, du hättest den Rest deines Lebens da verbringen können, ohne zu wissen, dass das Gras, auf dem du im Sommer barfuß gingst, ein Grab bedeckt.«
    »Ich denke an die Hand«, sagte er. »Aus irgendeinem Grund ist sie an die Oberfläche gekommen. Man kann natürlich, wenn man an Gespenster glaubt, denken, dass sie aus dem Boden ragte, um die Aufmerksamkeit des besuchenden Polizisten zu erregen.«
    Das Gespräch wurde unterbrochen, weil Lindas Handy klingelte. Sie meldete sich, hörte zu und beendete das Gespräch wieder.
    »Das war Stefan. Ich fahre zu ihm hinüber.«
    Wallander verspürte sofort das nagende Gefühl der Eifersucht. Er schnitt unfreiwillig eine Grimasse, die sie bemerkte.
    »Was ist denn?«
    »Nichts.«
    »Aber ich sehe doch, dass etwas ist. Du hast das Gesicht verzogen.«
    »Mir ist nur etwas zwischen den Zähnen stecken geblieben.«
    »Du wirst nie lernen, dass du mich nicht hinters Licht führen kannst.«
    »Ich bin nichts als ein eifersüchtiger alter Vater. Das ist alles.«
    »Schaff dir eine Frau an. Ich habe es dir schon oft gesagt. Wenn du nicht bald anfängst, mit jemand zu vögeln, stirbst du.«
    »Du weißt, dass ich es nicht mag, wenn du solche Ausdrücke benutzt.«
    »Ich glaube, du brauchst es ab und zu, dass jemand dich ein bisschen in Rage bringt. Tschüss dann.«
    Als Linda gegangen war, überlegte Wallander nur einen Augenblick. Dann stand er auf, öffnete die Weinflasche, nahm sich ein Glas und ging ins Wohnzimmer. Er suchte eine Platte mit Beethovens letztem Streichquartett heraus und setzte sich in einen Sessel. Während er der Musik lauschte, ließ er seinen Gedanken freien Lauf. Der Wein machte ihn schläfrig. Er schloss die Augen und sank in Halbschlaf.
    Plötzlich zuckte er zusammen und war im Nu hellwach. Die Musik war verstummt, die Platte drehte sich nicht mehr. Ein Gedanke war in die Tiefe seines Unbewussten gedrungen. Die Hand, über die er gestolpert war. Er hatte eine Erklärung bekommen, die Nyberg für plausibel gehalten hatte. Grundwasser konnte steigen und sinken, der Lehmboden konnte sich verlagern und dadurch andere Erdschichten an die Oberfläche schieben. So war die Hand noch oben gelangt. Aber warum nur die Hand? Hatte er beim Abendessen einen klareren Gedanken formuliert, als ihm selbst bewusst war? Die Hand, die nach oben gekommen war, um Aufmerksamkeit zu erregen?
    Er trank ein weiteres Glas Wein und rief dann Nyberg an. Es war stets ein Risiko, ihn zu Hause anzurufen, denn er konnte sehr erbost sein, wenn ihn jemand störte.
    »Nyberg.«
    »Hier ist Kurt. Ich hoffe, ich störe nicht.«
    »Du kannst Gift darauf nehmen, dass du störst. Was ist?«
    »Die Hand, die aus dem Boden ragte und über die ich gestolpert bin. Du hast gesagt, dass der Lehmboden sich verschiebt, gleitet, dass der Grundwasserpegel sich ständig ändert. Aber ich begreife trotzdem nicht, warum die Hand gerade jetzt aus dem Boden gekommen ist.«
    »Wer sagt denn, dass es gerade jetzt war? Ich nicht. Sie kann Jahre da gelegen haben.«
    »Aber hätte sie dann nicht jemand sehen müssen?«
    »Das herauszufinden ist deine Arbeit. War das alles?«
    »Nicht ganz. Kann man sich vorstellen, dass die Hand dort bewusst platziert wurde? Damit jemand sie entdeckt? Konntest du sehen, ob der Boden in letzter Zeit umgegraben worden

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