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Mord Im Kloster

Mord Im Kloster

Titel: Mord Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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den Brief bei Henri abgeliefert?«
    »Ja.«
    »Gut. Dann muss ich mich nicht mehr darum kümmern. Aber ich werde Henri trotzdem aufsuchen, um ihm das zu sagen. Vielleicht erwische ich ihn heute Morgen in der Kirche. Der Junge ist derart mit seinen fiskalischen Abenteuern beschäftigt…«
    Henri ging über den Hof des Tempelbezirkes. Es begann zu regnen. Da sah er die Frau von gestern. Wieder stand sie da, diesmal im Schatten einer Mauer, und starrte zu ihm herüber. Henri drehte sich einmal um die eigene Achse. Konnte er sich täuschen? Hatte sie einen ganz anderen im Auge? Nein. Es war niemand außer ihm in der Nähe.
    Kurz entschlossen ging er auf sie zu. Da raffte sie ihren Rock, der am Saum ganz durchtränkt und schmutzig war, und verschwand durch eine kleine Pforte. Als Henri diese erreichte, war die Frau nicht mehr zu sehen. Der hinter der Pforte liegende Wiesengarten mit dem Brunnenbecken, dem Taubenschlag und den Schafen im Gatter lag verwaist.
    Henri wurde ärgerlich. Frauenspersonen waren merkwürdig. Nie wusste man, was sie eigentlich wollten. Sie waren wie aus einer anderen Welt. Kapriziös, nervös, ständig schienen sie den Männern Vorwürfe zu machen, so, als seien diese ihnen etwas schuldig geblieben. Henri schüttelte den Kopf. Sei es, wie es sei. Er hatte keine Zeit für solche Grillen.
    In der Kirche traf er auf Neville of Gwyn. Der Tempelbruder winkte ihm zu. Sie schlugen das Kreuz, dann ließen sie sich in den Bankreihen nebeneinander auf die Knie nieder.
    Neville flüsterte: »Ich wollte es dir nicht sagen, aber es ist etwas Merkwürdiges passiert. Dieser Brief, den du erhalten hast. Ich wollte ihn dir übergeben, drang aber nicht bis zu dir vor. Dann wurde er mir gestohlen. Plötzlich tauchte der Bischof von London hier auf und wusste von diesem Brief. Giacomo spielt in der ganzen Sache eine Rolle, allerdings eine unwichtige. Du hast den Brief erhalten?«
    »Ja, mach dir keine Sorgen.«
    »Und gelesen?«
    »Ja.«
    »Was stand drin?«
    »Etwas, das ich nicht verstand. Der Abt von St. Albans bittet mich darum, ihn aufzusuchen. Er spricht von Gefahren für den Tempel.«
    »Hm. Wann reitest du nach St. Albans?«
    »Sonntag.«
    »Bischof Savior hat es mir zwar verboten, mich weiterhin um diese Dinge zu kümmern. Aber gerade deshalb macht mich das sehr neugierig. Hättest du was dagegen, wenn ich mitkäme?«
    »Nicht im Geringsten. Ich freue mich.«
    »Vielleicht entpuppt sich alles als harmlos, und wir verbringen nur einen schönen Tag mit einem Ausflug aufs Land. Manchmal kann einem dieser Tempel mit seinen grauen Mauern ganz schön aufs Gemüt schlagen.«
    »Übrigens, wer ist die junge Frau, die hier in den letzten Tagen im Tempelbezirk herumgeht? Sie hat dunkles Haar, ein hübsches Gesicht, helle Haut, einen schlanken Körper.«
    »Na, die hast du ja genau angeschaut.«
    »Sie ist es, die mich ununterbrochen anschaut!«
    »Kein Wunder, so wie du aussiehst! Du hättest das Zeug, einen ganzen Stammbaum neu zu gründen.«
    »Sprich nicht so, Neville. Kennst du sie?«
    »Im Moment hat nur eine Frau zum Tempelbezirk Zutritt. Es ist die Frau von John Sandys, Jenny.«
    »Wer ist John Sandys?«
    »Der Baumeister! Er renoviert mit seinen Steinmetzen seit Wochen unsere Kirche.«
    »Aha. Und sie ist seine Frau?«
    »Ja.«
    »Warum starrt sie mich an?«
    Neville lachte unterdrückt. »Henri! Woher soll ich das wissen?«
    Ein Bruder neben ihnen zischte. Henri senkte den Kopf und betete weiter. Jenny Sandys! Was wollte sie von ihm?
     
     
    Es hatte aufgehört zu regnen. Aber der Himmel blieb bewölkt. Immer wieder jagten Windböen durch die Innenhöfe des Tempelbezirkes.
    Henri musste immer wieder an Jenny Sandys denken. Er ertappte sich dabei, wie er mit offenen Augen vor sich hin träumte, sie sah, wie sie sich bewegte, sich ihre Gestalt vorstellte. Sie war vor ihm davongelaufen. Und doch hatte er gefühlt, dass sie etwas von ihm wollte. Als ihm das bewusst wurde, schalt er sich einen Narren. Hatte er sich etwa in die junge Frau verguckt? Das fehlte ihm gerade noch! Henri rief sich zur Ordnung. Alles andere konnte er gebrauchen, nur das nicht!
    Vor einer Stunde hatten ihn der Kämmerer und der Kellermeister des Tempels aufgesucht, um ihm Anweisungen für Sonntag zu geben. Henri wollte den Besuch beim Abt von St. Albans mit der Visite der geschenkten Güter von Hemel Hempstead im Norden Londons verbinden. Kellermeister Cuthbert war gleichzeitig Prior eines untergeordneten Klosters im Osten der Stadt, im

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