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Mord Im Kloster

Mord Im Kloster

Titel: Mord Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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die Nacht über im Gebet verharrt und hinter sich das selbstvergessene Gemurmel der Mönche vernommen. Er war innerlich mit seinem Herrn um die neunte Stunde gestorben. Jedenfalls kam es ihm so vor. Denn danach war er selbst kraftlos zusammengebrochen. Etwas zehrte ihn innerlich aus. Brüder hatten den Abt in seine Gemächer begleiten müssen.
    Abt Thomas spürte das Gift in sich. War es das Gift des Elends und der Trauer, die ihn zu Ostern stets befielen und schwächten, oder wirkliches, stoffliches Gift, das in ihn einsickerte? Manchmal hatte er Mühe, zu atmen, und sein Herz hämmerte, als wolle es zerspringen. So nahe hatte er sich seinem Herrn, der den Kreuzestod auf Golgatha starb, noch nie empfunden.
    Vor dem hohen Kruzifix hatte sich der Abt langsam wieder erholt. Er konnte die Liturgie der vorgeweihten Gaben durchführen, fühlte sich vor dem leeren Altar, ohne Tischkreuz, Leuchter und Tücher, seltsam wohl, und auch deswegen, weil die Glocken und die Gesänge endlich einmal schwiegen. Sein Herz war von etwas ganz anderem erhoben worden. Davon, dass er seine eigene, innere Kraft zurückkommen spürte. Er konnte wieder mit seinem Herrn Jesu sprechen. Er war nach der Liturgie allein den Weg in seine Abtsräume gegangen und auch wieder zurückgekommen.
    Jetzt war überall Glanz.
    Der Wortgottesdienst hatte wieder begonnen, die Passionsgeschichte war von wechselnden Stimmen gelesen worden. Die Klosterbrüder hatten gemeinsam mit ihrem Abt die Herzmitte der christlichen Festfeier erreicht. Als die Benediktiner das Osterlicht hereintrugen – sein stiller Glanz überging auf den ganzen Kirchenraum –, die Kerzen sich überall in den Leuchtern entzündeten, der Abt den Lichtsegen sprechen ließ und die Segnung des Feuers und der Bereitung der Osterkerze selbst mit seiner tiefen Stimme sprach –, da wurde ihm leichter.
    Er spürte, das Ende der tiefen Dunkelheit war erreicht. Licht kam auf, auch für ihn. Abt Thomas hatte seinen Geist tief in das Wundenmal getaucht.
     
     
    Robin Gilmour-Bryson spürte ein Kichern in seinem Inneren. Das hatte geklappt. Sie waren den beiden Templern zuvorgekommen. Sie mussten wieder abziehen. Hoffentlich hatten sie ihn nicht erkannt.
    Und wenn schon! Denn war er wirklich hier in St. Albans? Nein. Er hätte schwören können, er läge in den Armen von Jenny Sandys. Tag und Nacht. Er dachte das zumindest. Er sehnte sich so sehr nach ihr, dass er in Gefahr geriet, seine Ziele aus den Augen zu verlieren. Das war ihm noch nie passiert.
    Warte, Süße, dachte Robin. Wenn das hier erledigt ist, dann bin ich frei für dich. Dann kann ich mich dir ganz und gar widmen. Mein ist dein ganzes Herz!
    Robin war seinem Auftraggeber dankbar, dass er ihn hierher geführt hatte. Damit war er nun ganz den Häschern entzogen. Sollten sie doch im Tempel darüber nachgrübeln, welche Strafe angemessen war. Jetzt konnte er ungestört seine Pläne verfolgen.
    Und sein Herr hatte ihm schon reichen Lohn in Aussicht gestellt, wenn alles gelang. Sogar die Frau seiner Träume sollte er bekommen. Dafür wollte sein Herr sorgen. O ja, er hatte die Mittel dazu. Er bekam alles.
    Robin hatte im Gästehaus des Klosters gewohnt. Als Abt Thomas von seiner Reise zurückkam, hatte er dessen Gewohnheiten studiert. Robin wusste nun genau, was für ein Mensch er war. Und wo er verwundbar war. Er hielt sich in der Nähe seines Auftraggebers, damit er jeden seiner Winke sofort ausführen konnte. Für diesen insgeheim mächtigen Mann würde er alles tun! Und wenn der Abt in der Kirche war, hörte er ihm genau zu. Er machte ihm heimlich jeden seiner Schritte nach.
    Warum er es tun wollte? Er wollte diese junge Frau, die ihn verhexte, und dafür brauchte er viel Geld. Und warum tat es der Landsmann, der unaufhörlich vom Blut eines Volkes sprach, das nicht vermischt werden durfte? Robin wusste es nicht. Es interessierte ihn auch nicht sonderlich. Der Stapelherr aus der Normandie zahlte gut.
    Robin Gilmour-Bryson kicherte jungenhaft in sich hinein. Man muss sich die Angst von der Seele halten, dachte er. Wenn man keine Angst hat, gelingt alles.
     
     
    Noch war die Festfeier im Gange. Und auch die Leidenszeit. Der Übergang vom Dunkel zum Licht vollzog sich nur langsam. Und Abt Thomas ging den umgekehrten Weg.
    Der Gesang pries das Licht, das die Nacht erleuchtet, und den Sieg, den Christus errungen hat. Neun Lesungen folgten. An jede Lesung schloss sich der Antwortgesang an. Alle Brüder standen jetzt und hielten Kerzen in der

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