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Mord Im Kloster

Mord Im Kloster

Titel: Mord Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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eingestellt. Es ist seitdem nichts mehr abhanden gekommen. Weder im Londoner Tempel noch sonst wo auf unseren Besitzungen.«
    »Aber Ihr schachert doch mit dem Reichtum! Was soll daran christlich sein?«
    »Unsinn. Man vertraut uns Werte an, und nach unserem Eid können wir es nur an den weitergeben, der es uns überlassen hat. Wir sind die Vertrauenspersonen der Reichen. Wir bewahren ihre Werte auf und geben sie ihnen zurück, wenn sie darüber verfügen wollen. Sie heben Geld ab, wenn sie es wollen, und wir entrichten zu jeder Zeit Zahlungen nach einem simplen Brief unserer Klienten an unseren Schatzmeister. Es geht Euch zwar nichts an, aber – dreimal im Jahr schickt der Tempel ihnen einen Auszug ihres Besitzstandes. Unsere Klienten sind Seigneurs, Kleriker, Würdenträger, sogar der König. Würden sie uns ihren Reichtum anvertrauen, wenn wir nicht absolut zuverlässig wären? Wir schachern nicht.«
    »Davon haben wir auf dem Land nichts.«
    »Warum nicht? Alle Klöster und Konvente auf dem flachen Land nutzen den Tempel als Leihkasse. Wenn sie durch einen Engpass müssen, leihen wir ihnen Summen. So nützt der Tempel allen. Begreift Ihr das in Eurem engen Verstand, Verwalter?«
    »Bei Gott! Werdet nicht…!«
    »Schluss jetzt!« Henri war vorgetreten. »Wenn Ihr nicht spurt, Qullingham, entlasse ich Euch! Ich will nichts mehr hören! Die Debatte ist beendet. Pünktlich am Monatsende, verstanden? Das hier unterschreibt Ihr mir.«
    Henri faltete die Papiere des Kellermeisters auseinander und legte sie dem Verwalter vor. Er tauchte die Feder ins Tintenfass und hielt sie ihm hin. Qullingham riss ihm die Feder aus der Hand und unterschrieb zähneknirschend.
    Henri strich die Papiere ein und verwahrte sie in seiner Tasche. Grußlos wendete er sich zum Gehen. Neville warf noch einen Blick zurück. Der Verwalter sah nachdenklich aus.
    Als sie kurze Zeit später in St. Albans ankamen, war die Stunde angebrochen, zu der sie den Abt treffen sollten.
    Am Kloster wurden sie von einem anderen, Dienst habenden Mönch eingelassen. Die Besucher wunderten sich darüber, dass in der Torhalle Berge von ausgetretenen Schuhen lagen. Diesmal stellten sie die Pferde im Stall unter und achteten darauf, dass sie sofort trocken gerieben wurden. Ein niederer Laienbruder mit fleckigem Rock holte sie in der Torhalle ab und führte sie über das Gelände bis zum Abtsgebäude. Dort übernahm sie ein alter Benediktiner in dunkelblauer Kutte. Er führte sie auf der breiten Treppe hinauf zu einem Saal, den er Königssaal nannte.
    »Der hochwürdige Abt ist noch nicht zurück«, sagte er. »Setzt Euch in diese Sessel und wartet. Ich werde Euch eine Erfrischung bringen lassen.«
    Henri und Neville taten, wie ihnen geheißen wurde. Sie erfrischten sich mit einem Becher wohlschmeckender Schafsmilch, Käse und Brot.
    Nach einer Stunde war der Abt immer noch nicht eingetroffen. Henri befragte den Mönch. Der zuckte nur die Schultern. Henri sah Neville an.
    »Sollen wir weiter warten?«
    »Sonst sind wir den weiten Weg umsonst geritten.«
    Hinter der Wand, an dem ein großes Gemälde hing, das den Heiligen Hieronymus zeigte, entstanden Geräusche. Sie hörten Stimmen. Türen schlugen zu. Dann vernahmen sie ganz nah die durchdringende Stimme eines Mannes, der mit französischem Akzent sprach.
    »Ich kenne nur Länder, in denen Geistlichkeit, Adel und Bürger voneinander gesonderte Schichten darstellen. Eure Knights of the Shire hier würden anderwärts als Adelige, allerdings Angehörige des Kleinadels, gelten. Aber in Eurem England werden sie zu parlamentarischen Zwecken mit den Vertretern der Bürgerschaft vereint. Da sitzen und stimmen also Grundbesitzer, die keine Barone sind, mit den Kaufleuten, Händlern, Advokaten und anderen, welche die Boroughs und die Städte vertreten. Versteht Ihr? So kann keine Aristokratie als Kaste oder gar ein Blutsadel bestehen. Es gibt viel zu viele Wechselheiraten zwischen den Schichten. Die weltlichen Lords, die Earls und Barone, die aus den Kronvasallen entstanden und Güter besaßen, fischen Euch die Bürgerstöchter weg, weil die aus Familien kommen, die wirtschaftliche Macht besitzen. Geld und Einfluss sind in England mehr wert als Ehre.«
    Eine andere Stimme sagte beschwichtigend: »Na ja…«
    »Doch es ist so. Glaubt mir.«
    Die Stimmen entfernten sich wieder. Nach einer Weile steckte ein Mann den Kopf zur Tür herein. Er hatte ehemals blondes, jetzt farblos werdendes Haar auf einem kantigen Schädel und sah

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