Mord im Labor
einen Bourbon auf Eis für sich selbst. Dann setzte sie sich mir gegenüber
und schlug langsam die Beine übereinander, was mir einen Blick auf das weiße
Seidendreieck zwischen ihren Beinen gestattete.
»Was steht heute
abend auf der Speisekarte?« erkundigte ich mich.
»Nichts Spezielles«, sagte sie.
»Da ist weiter unten an der Straße diese alte kleine Italienerin, die die
phantastischste Krabbenpastete macht, die Sie je gekostet haben. Sie verbringt
den ganzen Tag damit, sie zuzubereiten und muß sie dann billig verkaufen, weil
sie nicht alles selbst essen kann.«
»Vielleicht gibt es dort auch
irgendwo einen alten kleinen Italiener, der mir billig ein paar Flaschen Wein
verkauft?«
»Seien Sie beruhigt«, sagte
sie. »Auch dafür ist gesorgt.« Das Abendessen war ausgezeichnet, und der Wein
war, wie sich herausstellte, zufällig ein Chianti. Danach kehrten wir ins
Wohnzimmer zurück, und ich ließ mich auf der Couch nieder, angenehm gesättigt,
meinen Lieblingsmagenwärmer mit einem Schuß Soda vor mir. Judy Trent saß mir
wieder gegenüber, die Beine übereinandergeschlagen. Der sinnliche Schwung ihrer
Lippen wirkte noch sinnlicher als gewöhnlich, und ich hätte mich eigentlich
ausgesprochen behaglich fühlen können.
»Ich möchte der Oberkellnerin
ein Kompliment machen«, sagte ich. »Das Essen war super, die Wahl des Weines
brillant und — o beglückender Abend — es gibt keine Rechnung, die seinen Reiz
beeinträchtigen könnte.«
»Es klappt nicht recht, oder?«
sagte sie mit leiser Stimme.
»Sie werden es mir nicht
glauben«, sagte ich, »aber es tut mir aufrichtig leid, daß es nicht klappt.
Vermutlich kam Vaile nach unserer kleinen
Unterhaltung in der Bar hierher zurück, oder er rief Sie an?«
»Er kam zurück«, sagte sie. »Er
war sehr nervös, man könnte sogar sagen verzweifelt.«
»Ich habe ihm gesagt, die
Behauptung — daß Sie in der Nacht des Mordes mit ihm in seiner Wohnung geschlafen
hätten, sei ein lausiges Alibi. Hat er mich zitiert?«
»Wörtlich!« Sie lächelte mir
düster zu. »Bis jetzt hat es immer geklappt. Mit der Krabbenpastete der
Italienerin, meine ich.«
» Mrs. O’Hara, Ihre alte Freundin Jan, die zusammen mit Ihnen in dieser Wohnung lebte
— war keine Nymphomanin.«
»Nein?«
»Wieso sind Sie davon so
überzeugt? Ich meine, gleich nachdem ich Ihnen von ihrer Ermordung erzählt
hatte, plapperten Sie wie ein Wasserfall über ihre nymphomane Veranlagung.«
»Eines muß man Ihnen lassen, Al
Wheeler«, sagte sie mit gepreßter Stimme, »Sie sind
weiß der Himmel ein hartnäckiger Drecksack!«
»Sie haben fast wörtlich Tim Vaile zitiert«, sagte ich. »Haben Sie tatsächlich in dieser
Nacht mit ihm geschlafen?«
»Und in der Nacht zuvor«, sagte
sie schroff. »Und in der vorher auch schon. Soll ich weiterberichten?«
»Da sowohl Jan O’Hara als auch Everard ermordet wurden, müssen Sie gewußt haben, daß eine
strenge Ermittlung bei allen Leuten stattfinden würde, die bei CalCon angestellt sind. Was Sie beide automatisch einschloß «, sagte ich. »Wenn also schon jemand die
Betriebsnymphomanin spielen sollte, dann am besten Jan O’Hara. Da sie tot ist,
kann sie es schließlich nicht mehr bestreiten, nicht wahr?«
»Wenn sie keine Nymphomanin
war, wo hielt sie sich dann in den Nächten auf, in denen sie nicht hier war?«
fragte Judy mit brüchiger Stimme.
»Sie ging in das Motel, aber
immer mit demselben Mann.«
»Mit Everard ?«
»Nur das letztemal mit Everard «, sagte ich. »Sie wußten, daß Ellen Speck
mir mit Sicherheit erzählen würde, wie Sie hinter Everard her waren, ohne etwas zu erreichen. Und es bestand die Möglichkeit, daß ich von
Ihren Beziehungen zu Vaile erfahren würde. Wenn Sie
also Jan O’Hara als die offizielle Betriebsnymphomanin hinstellten, dann
bestand eine Chance, daß ich nicht herausfinden würde, wer das in Wirklichkeit
war.«
»Sie haben recht«, sagte sie
mit dumpfer Stimme. »Bin ich Ihnen jetzt zuwider?«
»Nein«, sagte ich
wahrheitsgemäß. » Wieviel Glück haben Sie bei den
übrigen oberen Zehntausend bei CalCon gehabt?«
»Sie meinen Browning?« Ihre
Augen weiteten sich ungläubig. »Dieser Knilch! Mich schaudert, wenn ich auch
nur an ihn denke. Ich wette, seine Hände sind das ganze Jahr über feuchtkalt.«
»Wie steht’s mit Demarest ?«
»Brr!« Sie verzog das Gesicht.
»Der saugt die ganze Zeit bloß an seiner Pfeife. Ich wette, er nimmt sie sogar
mit ins Bett.«
»Da Sie kein Glück bei Everard
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