Mord im Labor
als Browning sich darauf niederließ, und
der Lehnsessel gegenüber tat dasselbe, als ich mich in ihn versenkte. Einen
schrecklichen Augenblick lang befürchtete ich, daß Browning mir ein Glas
selbstgebraute Limonade anbieten würde, aber das tat er doch nicht.
Er verschränkte die zitternden
Finger ineinander, zwängte dann die Hände zwischen die Knie und sah mich
fragend an. »Was ist denn so dringend, daß es nicht warten kann, Lieutenant?«
»Ich weiß nicht, wo ich
anfangen soll, Mr. Browning«, sagte ich bedrückt. »Wirklich nicht.«
»Um was handelt es sich?« Der
Nerv unter seinem rechten Auge zuckte verstärkt.
»Ich glaube, die einzige Möglichkeit
ist, geradewegs damit herauszurücken.« Ich sah ihn traurig an. »Ich bin
erstaunt über Sie, Mr. Browning.«
»Sie sind — was?« Seine Stimme
schnappte vor dem dritten Wort über.
»Sie wären so ziemlich der
letzte Mann in Pine City gewesen, den ich im Verdacht
gehabt hätte, Mrs. O’Hara in dieses Motel zu
begleiten.« Ich schüttelte bedächtig den Kopf. »Aber wir haben eine
einschlägige Identifikation, die keinen Zweifel zuläßt .«
Ich wußte selbst nicht recht, was das heißen sollte, aber es klang gut.
Brownings Gesicht verlor seine
ganze natürliche Farbe; der Nerv unter seinem Auge sprang ihm fast aus dem
Gesicht, und sein Mund öffnete und schloß sich ein paarmal, bevor er
irgendwelche Worte herausbrachte.
»Ich habe das erwartet,
Lieutenant«, sagte er heiser. »Die, welche sündigen, haben immer Vergeltung zu
gewärtigen.«
»Wollen Sie mir nicht ein
bißchen davon erzählen?«
»Ich habe meine liebe Frau vor
fünf Jahren verloren. Eine Gehirnblutung. Tragisch! Dann, nachdem Mrs. O’Hara ihren eigenen Mann nach diesem Autounfall
verloren hatte, forderte ich sie auf, wieder als meine Sekretärin zu CalCon zurückzukommen. Während der ersten achtzehn Monate
war unsere Beziehung ganz normal. Die Beziehung zwischen Arbeitgeber und einer
sehr tüchtigen Angestellten. Dann merkte ich, daß ich unwiderstehlich von ihr
angezogen wurde. Ich pflegte sie zum Lunch oder Abendessen einzuladen, aber sie
lehnte immer ab. Dann gab sie schließlich nach und war bereit, mit mir
auszugehen. Aber sie weigerte sich, in mein Haus zu kommen oder sich auch nur
mit mir an einem öffentlichen Ort sehen zu lassen. Das könne meiner Karriere
schaden, sagte sie. Solange zwei ehrgeizige Männer wie Demarest und Everard scharf auf meine Stellung seien, könne
ich mir auch nicht den Hauch eines Skandals leisten.«
»Das sagte sie?«
Er nickte. »Beim erstenmal schlug sie mir vor, mich in ihrem Wagen gegen
neun Uhr abends an einer Straßenecke abzuholen. Als ich einstieg, fuhr sie
geradewegs zum Motel. Sie kenne den Manager gut, sagte sie, er sei diskret und
würde niemals nachbohren. Er würde überhaupt nicht erfahren, wer ich sei.« Er
zog die Hände zwischen den Knien hervor und machte eine vage Geste. »Ich weiß,
Sie werden das nicht sonderlich glaubhaft finden, Lieutenant, aber diese Art
Liaison war das letzte, was ich gewollt hatte. Nur—« seine Lippen zuckten in
einer armseligen Imitation eines Lächelns, »-sind vermutlich alle Männer
schwach.«
»Und im Motelzimmer verführte sie Sie?«
»Vielleicht könnte man es so
ausdrücken.« Er zog eine Grimasse. »Nach dem erstenmal wurde es zu einer Art monatlicher Einrichtung. Jan weigerte sich nach wie vor,
sich mit mir in der Öffentlichkeit sehen zu lassen, und wollte nur ins Motel
gehen.«
»Auch vorgestern
nacht ?« sagte ich.
»Nein!« Er schüttelte heftig
den Kopf. »Ich habe die beiden nicht umgebracht. Ich hätte Jan niemals etwas
antun können. Ich liebte sie, Lieutenant.«
»Und liebte sie Sie auch?«
knurrte ich. »Ist sie deshalb mit Everard ins Motel
gegangen?«
»Ich weiß es nicht.« Er vergrub
das Gesicht in den Händen. »Ich schwöre Ihnen, ich weiß es nicht!«
»Hatte Mrs. O’Hara ein privates Einkommen?«
»Nein — dessen bin ich fast
sicher.«
»Hatte ihr Mann eine
Lebensversicherung abgeschlossen, die ausbezahlt wurde?«
»Nein, Ich erinnere mich, daß sie
kurz nach dem tödlichen Unfall davon gesprochen hatte. Er hatte nichts von
Versicherungen gehalten. Was er ihr hinterließ, reichte nicht einmal für die
Begräbniskosten.«
»Dann war sie also völlig auf
ihr Gehalt bei CalCon angewiesen?«
»Ich glaube schon, Lieutenant.«
Er hob den Kopf aus den Händen und sah mich fast scheu an. »Ist das wichtig?«
»Sie war Ihre Sekretärin, sie
hat also für den
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