Mord im Labor
Leiter der Organisation gearbeitet. Sie hätten sie jederzeit feuern
können, sei es wegen Untüchtigkeit oder irgendeinem anderen Grund, den Sie sich
ausdenken konnten, und sie hätte nichts dagegen unternehmen können. Wenn Sie
ihr wirklich hätten zusetzen wollen, hätten Sie leicht dafür sorgen können, daß
sie nie mehr einen lohnenden Job in Pine City
bekommen hätte.«
»Ich verstehe nicht,
Lieutenant«, flüsterte er.
»Ich glaube, Sie setzten ihr
auf jede dreckige Weise zu, die Ihnen möglich war. Sie wollten sie haben, und
sie zählten auf, was Sie ihr antun könnten, wenn sie das Spiel nicht mitmachte.
Sie waren es, der sie nicht in Ihr Haus einladen oder sich mit ihr an
öffentlichen Orten sehen lassen wollte. Sie waren es, der auf ein schäbiges Motelzimmer bestand, wo Sie sich vor Skandalen und
neugierigen Augen sicher fühlten.« Ich unterdrückte mühsam den Drang, ihm mit
dem Handrücken eine Ohrfeige zu verpassen. »Ich habe in meiner Laufbahn einige
Mieslinge kennengelernt, Mr. Browning, aber mit Ihnen verglichen, wirken sie
jetzt wie ehrenhafte Bürger.«
Er saß da und versuchte zu
entscheiden, ob es die Mühe wert sei, in Tränen auszubrechen.
»Und am Ende«, sagte ich
langsam, »verließ Sie sie um Everards willen. Warum?«
»Die Hure von Babylon!« Seine
grauen Augen glühten in einem fast irren Licht. »Vor meinem Gesicht protzte sie
mit ihrer Lust und ihrer Lüsternheit! Sie quälte mich in meinem eigenen Büro!
Sie erzählte mir, sie habe nun einen anderen Mann gefunden, der sie vor mir
schützen könne — und wolle. Daß sie nun frei sei und nie mehr ertragen müsse,
mit mir zu schlafen.«
»Wann hat sie Ihnen das
gesagt?«
»Ungefähr eine Woche, bevor —
es geschah.« Sein Mund bewegte sich unbeherrscht. »Und dann, wie alle Huren,
starb und verdarb sie.«
»Wo waren Sie vorgestern nacht — in der Nacht des Mordes?« fragte ich.
»Ich arbeitete lange, bis gegen
halb zehn Uhr abends«, sagte er ausdruckslos. »Ich aß in einem Restaurant zu
Abend und war gegen elf Uhr zu Hause.«
»Was dann?«
»Dann ging ich zu Bett.«
»Allein?«
Er biß sich heftig auf die
Unterlippe. »Allein!«
»Sie haben also kein Alibi,
aber ein verdammt naheliegendes Motiv?«
»Ich gebe zu, daß ich — äh —
eine Beziehung zu Mrs. O’Hara hatte, aber das war
alles.« Er fuchtelte verzweifelt mit den Händen herum. »Aber ich habe keinen
von beiden umgebracht, Lieutenant. Das müssen Sie mir glauben!«
»Bei CalCon wird behauptet, Sie seien ein Neurotiker.« Ich zuckte die Schultern. »Meiner
Ansicht nach zu Recht!«
8
Judy Trent trug eine Bluse und
einen Minirock und kunstvoll geschnürte Sandalen. Darauf komme ich später noch.
Der Minirock war königsblau und reichte ungefähr bis zur Mitte ihrer Schenkel.
Auf seine Weise war er eher etwas konservativ. Die Bluse war zitronenfarben,
bestand aus schierer Seide und war hauchdünn. Darunter sprangen ihre Brüste
stolz und frei hervor, die großen Warzen waren in genauen Details zu sehen.
»Ich bin froh, daß Sie nicht
wieder zu früh kommen«, sagte sie. »Zumindest hatte ich dadurch genügend Zeit,
mich anzuziehen.«
»Anziehen?« krächzte ich.
»Nennen Sie das so?«
»Wir Frauen sind jetzt emanzipiert«,
sagte sie. »Oder haben Sie noch nichts davon gehört?«
»Ich habe davon gehört«, sagte
ich. »Was ich mich frage, ist, hat auch der Oberkellner des Restaurants, in das
wir gehen, davon gehört? Und die anderen Kellner? Und all die Leute, die dort
essen?«
»Es wird keine anderen Leute
geben«, sagte sie mit Festigkeit. »Und ich habe mir persönlich von der
Oberkellnerin versichern lassen, daß mein Klarsicht-Look absolut akzeptabel
ist.«
»Essen wir vielleicht hier?«
fragte ich scharfsinnig.
»Ich wollte kein Risiko auf
mich nehmen«, sagte sie.
»Was für ein Risiko?«
»Daß Sie wieder die Zeche
bezahlen müssen. Wenn mir etwas zuwider ist, dann der Anblick eines Mannes, der
innerhalb von vierundzwanzig Stunden zweimal in Tränen ausbricht.« Sie grinste
boshaft. »Wollen Sie sich nicht setzen, damit ich vielleicht einen Drink über
Sie gießen kann?«
Ich ließ mich auf der Couch
nieder und zündete mir eine Zigarette an. Anschließend drückte ich mir den
Daumen, daß sie nicht auch die Sorte Martini zubereiten würde wie Ellen Speck —
schon gar nicht den mit dem Schuß Pernod. Sie kam ein paar Sekunden später ins
Zimmer zurück und reichte mir mein Glas. Scotch auf Eis mit ein bißchen Soda,
und
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