Mord im Labor
erstochen.«
»Ich weiß«, sagte sie ruhig.
»Judy Trent hat mich heute um die Lunchzeit herum angerufen und mir alles
erzählt.«
»Warum, zum Teufel, hat sie das
getan?« knurrte ich.
»Ich weiß nicht, Lieutenant.«
Ihre Stimme klang leicht amüsiert. »Ich bin Forschungschemikerin, kein
Psychiater. Vielleicht lag es an ihrer weiblichen Unfähigkeit, ein Geheimnis
für sich zu behalten?«
»Machen Sie sich nicht über
mich lustig«, sagte ich. »Sie mußte einen Grund dafür haben.«
»Ich glaube nicht, daß Judy
mich sehr schätzt«, sagte sie gleichmütig. »Sie war scharf auf Justin Everard , und sie glaubte, ich hätte eine Affäre mit ihm.
Das stimmt nicht, aber so etwas ist einem anderen mißtrauischen weiblichen Wesen schlecht klarzumachen.«
»Können Sie sich irgendeinen Grund
denken, aus dem heraus jemand Everard umbringen
wollte?«
Sie schüttelte ohne zu zögern
den Kopf. »Als Mitarbeiter war es leicht, mit ihm auszukommen, aber er sprach
nie über sein persönliches Leben. Ich wußte, daß er Junggeselle und
Sportwagen-Fan war, aber das ist leider so ziemlich das einzige, was ich über
ihn sagen kann.«
»Wie steht’s mit Mrs. O’Hara?«
»Ich hatte nie viel Kontakt mit
ihr. Sie schien eine freundliche Frau zu sein, und für Mr. Browning eine sehr
tüchtige Privatsekretärin.«
»Auf welchem Gebiet war Everard tätig?«
»Das weiß ich gar nicht genau,
Lieutenant. Wir drei waren von jeher Einzelgänger und haben uns unseren
jeweiligen Lieblingsprojekten gewidmet. Es handelt sich dabei um Jobs, bei
denen man nur im äußersten Notfall mit jemand anderem redet. Wenn man sich
irgendwie festgefahren hat, sieht man oft keinen Ausweg aus eigener Kraft. Ich
glaube, Justin war bei seinem derzeitigen Projekt — worum immer es sich
handelte — noch nicht bei diesem Stadium angelangt.«
»Wissen Sie irgendwas — ganz
gleich, wie belanglos es scheint—, das mir vielleicht bei meinen Ermittlungen
helfen könnte?«
»Auf Anhieb, nein.« Sie
lächelte mir flüchtig und unpersönlich zu. »Aber wenn mir später noch etwas
einfallen sollte, Lieutenant, werde ich es Sie wissen lassen.«
»Danke, Miss Speck«, sagte ich
mit gepreßter Stimme. »Würden Sie nun bitte Mr. Demarest bitten, hereinzukommen?«
Ihre Hinterbacken unter dem
weißen Kittel wippten elastisch, was meiner Ansicht nach nichts mit einem
Hüftgürtel, aber alles mit straffer Muskulatur zu tun hatte. Die Tür schloß
sich hinter ihr, um sich fünf Sekunden später erneut zu öffnen, als Demarest eintrat. Er sah aus wie ein großer zottiger Bär
mit dichtem sandfarbenem Haar und breiten Koteletten. Der grob gewebte Anzug,
den er trug, sah aus, als gehöre er irgendeinem Hochlandbauern, und die Briarpfeife , die er rauchte, gehörte mit Sicherheit in die
nächste Müllverbrennungsanlage.
»Charles Demarest ,
Lieutenant«, sagte er mit dröhnender Stimme. »Eine traurige Angelegenheit, was?
Verdammt traurig. Beide sozusagen in der Blüte ihrer Jahre dahingerafft, wie?
Und Ihr Job besteht darin, der Sache auf den Grund zu gehen, und meiner, Ihnen
dabei zu helfen, was?« Er setzte sich auf den Besucherstuhl und blies eine
dicke, runde Wolke übelriechenden Rauches in meine Richtung. »Verbrechen aus
Leidenschaft, danach zu urteilen, was Ellen mir beim Lunch erzählt hat. Jemand
hat die beiden nackt und vermutlich in einer Umarmung begriffen in einem
schmutzigen Motelzimmer ertappt. Blinde Eifersucht,
Amoklauf, raus mit dem Messer und...« Er schüttelte bedächtig den Kopf. »So was
passiert unglücklicherweise fortwährend. Das wissen Sie vermutlich selbst, Sie
sind ja schließlich Polizeibeamter, wie?«
» Everard war Junggeselle und Mrs. O’Hara Witwe«, sagte ich.
»Wer sollte also eifersüchtig sein?«
»Weiß ich nicht«, sagte er
gelassen. »Beide waren recht schweigsame Typen, wissen Sie. Stille Wasser
gründen tief und so weiter. Was kommt denn außer einem Verbrechen aus
Leidenschaft in Frage, Lieutenant? Glauben Sie, es handelt sich um irgendeinen
Lustmörder, der nur eben mal zufällig vorbeikam?« Er schüttelte herablassend
den Kopf. »Nicht sehr wahrscheinlich, oder? Wozu sollte er das Risiko auf sich
nehmen, auch noch den Mann umzubringen, wenn doch so viele Frauen allein
herumlaufen?«
»Wußten Sie, woran Everard arbeitete?« fragte ich.
»Das hat mich nicht
interessiert. Ich habe ausreichend eigene Probleme. Fragen Sie Browning, es ist
seine Aufgabe, da auf dem laufenden zu sein.
Merkwürdig, die Sache mit
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