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Mord im Orientexpress

Mord im Orientexpress

Titel: Mord im Orientexpress Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Er machte ein sehr erstauntes Gesicht.
    «Nanu», rief er, «ich dachte, Sie hätten uns verlassen. Sagten Sie nicht, Sie wollten in Belgrad aussteigen?»
    «Da haben Sie mich missverstanden», antwortete Poirot lächelnd. «Ich erinnere mich. Der Zug fuhr gerade in Istanbul ab, als wir darauf zu sprechen kamen.»
    «Aber Mann, Ihr Gepäck – es ist fort.»
    «Es wurde nur in ein anderes Abteil gebracht – nichts weiter.»
    «Ach so.»
    MacQueen nahm seine Unterhaltung mit Arbuthnot wieder auf, und Poirot ging weiter.
    Zwei Türen vor seinem eigenen Abteil stand die ältere Amerikanerin, Mrs. Hubbard, und unterhielt sich mit dem Schafsgesicht, einer Schwedin. Mrs. Hubbard drängte ihr gerade eine Zeitschrift auf.
    «Doch, doch, nehmen Sie», sagte sie. «Ich habe noch so viel anderen Lesestoff. Mein Gott, ist diese Kälte nicht fürchterlich?» Sie lächelte Poirot freundlich zu.
    «Sie zu liebenswürdig», sagte die Schwedin.
    «Ach was. Hoffentlich schlafen Sie gut, damit es mit Ihrem Kopf morgen früh wieder besser ist.»
    «Ist nur Kälte. Ich mache jetzt Tasse Tee.»
    «Haben Sie Aspirin bei sich? Ganz bestimmt? Ich hätte nämlich reichlich. Also, dann gute Nacht, meine Liebe.»
    Kaum war die andere fort, redete sie gleich weiter zu Poirot.
    «Die Ärmste. Sie ist Schwedin. Wenn ich sie richtig verstanden habe, ist sie so eine Art Missionarin – in einer Schule. Nette Frau, spricht nur nicht besonders gut Englisch. Sie hat sich ja so für alles interessiert, was ich ihr über meine Tochter erzählt habe.»
    Poirot wusste inzwischen alles über Mrs. Hubbard und ihre Tochter. Und allen im Zug, die Englisch verstanden, ging es ebenso. Dass die Tochter und ihr Mann Lehrer an einer großen amerikanischen Schule in Smyrna waren; dass Mrs. Hubbard zum ersten Mal in den Orient gereist war; und was sie von den Türken und ihrem liederlichen Lebenswandel und dem Zustand ihrer Straßen hielt.
    Die Tür neben Poirots Abteil ging auf, und der schmächtige, bleiche Diener kam heraus. Drinnen konnte Poirot einen kurzen Blick auf Mr. Ratchett erhaschen, der aufrecht im Bett saß. Als er Poirot sah, lief sein Gesicht dunkel an vor Zorn. Dann ging die Tür wieder zu.
    Mrs. Hubbard zog Poirot ein Stückchen beiseite.
    «Wissen Sie, ich habe eine Heidenangst vor diesem Mann. Nein, ich meine nicht den Diener – den anderen – seinen Herrn. Herr! Mit diesem Mann stimmt etwas nicht. Meine Tochter sagt ja immer, ich habe einen sechsten Sinn. ‹Wenn Mama ein Gefühl hat, stimmt es meist›, sagt sie. Und ich habe bei diesem Mann ein ganz komisches Gefühl. Er hat das Abteil gleich neben mir, und das gefällt mir überhaupt nicht. Letzte Nacht habe ich meine Koffer vor die Verbindungstür gestellt. Ich bilde mir ein, ich hätte ihn an der Klinke hantieren hören. Jedenfalls würde es mich gar nicht überraschen, wenn sich herausstellen sollte, dass dieser Mann ein Mörder ist – einer von diesen Eisenbahnräubern, von denen man so liest. Ich mag ja verrückt sein, aber bitte sehr – ich habe einfach Angst vor diesem Mann. Meine Tochter hat gesagt, ich würde eine angenehme Reise haben, aber irgendwie fühle ich mich hier nicht wohl. Vielleicht ist es verrückt, aber ich habe das Gefühl, dass man hier mit allem rechnen muss. Mit allem. Und wie dieser nette junge Mann es aushält, bei ihm als Sekretär zu arbeiten, das begreife ich auch nicht.»
    Colonel Arbuthnot und Mr. MacQueen kamen in diesem Moment über den Gang auf sie zu.
    «Kommen Sie mit zu mir», sagte MacQueen gerade. «Mein Abteil ist noch nicht für die Nacht hergerichtet. Also, eines möchte ich zu Ihrer Politik in Indien noch klarstellen, nämlich –»
    Sie gingen an ihnen vorbei und weiter zu Mac-Queens Abteil.
    Mrs. Hubbard verabschiedete sich von Poirot.
    «Ich werde wohl gleich zu Bett gehen und noch etwas lesen», sagte sie. «Gute Nacht.»
    «Gute Nacht, Madame.»
    Poirot ging weiter zu seinem eigenen Abteil, das gleich hinter dem von Mr. Ratchett lag. Er zog sich aus und legte sich zu Bett, las noch ein halbes Stündchen und knipste dann das Licht aus.
    Ein paar Stunden später schreckte ihn etwas aus dem Schlaf. Er wusste sofort, was ihn geweckt hatte – ein lautes Ächzen, fast ein Schrei, und zwar ganz in der Nähe. Im selben Moment ertönte das laute Ping einer Klingel.
    Poirot richtete sich auf und knipste das Licht an. Er merkte, dass der Zug stand – vermutlich auf einem Bahnhof.
    Es war ein Schrei gewesen, was ihn geweckt hatte. Jetzt fiel ihm

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