Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
gefasst, dass die Aussicht auf seinen Erfolg mir wenig zusagte. Ein erfolgreicher Slack würde wohl noch unausstehlicher sein als ein ratloser.
    «Wer wohnt im Nachbarhaus?», fragte plötzlich der Colonel.
    «Sie meinen, am Ende der Straße? Mrs Price Ridley.»
    «Wir gehen zu ihr, wenn Slack mit Ihrem Mädchen fertig ist. Möglicherweise hat sie etwas gehört. Sie ist doch nicht taub, oder?»
    «Ich würde sagen, ihr Gehör ist erstaunlich scharf. Ich schließe das aus der Anzahl von Skandalen, die sie ausgelöst hat, weil sie ‹ganz zufällig etwas mitgehört hat›.»
    «Das ist die Frau, die wir brauchen. Oh, hier ist Slack!»
    Der Kommissar wirkte wie jemand, der eine schwere Auseinandersetzung hinter sich hat.
    «Puh», sagte er. «Da haben Sie vielleicht einen Drachen, Sir.»
    «Mary ist vor allem ein Mädchen mit starkem Charakter», antwortete ich.
    «Kann die Polizei nicht leiden», sagte er. «Ich habe sie gewarnt – tat, was ich konnte, um ihr Ehrfurcht vor dem Gesetz beizubringen, aber es half nichts. Sie ließ sich nicht einschüchtern.»
    «Temperamentvoll», sagte ich und hegte plötzlich freundlichere Gefühle gegenüber Mary.
    «Aber ich habe sie festgenagelt. Sie hörte einen Schuss – und nur einen. Und das war ziemlich lange nachdem Colonel Protheroe kam. Ich konnte sie nicht dazu bringen, die Zeit zu nennen, aber wir haben sie schließlich mit Hilfe des Fischs eingegrenzt. Der Fisch kam spät, und sie pfiff den Jungen an, der ihn brachte, und er sagte, es sei kaum halb sieben, und direkt danach hörte sie den Schuss. Natürlich ist das nicht exakt, aber es gibt uns einen Anhaltspunkt.»
    «Hm», machte Melchett.
    «Ich glaube doch nicht, dass Mrs Protheroe etwas mit der Geschichte zu tun hat», sagte Slack nicht ohne Bedauern. «Erstens hätte sie nicht die Zeit dafür gehabt, und dann spielen Frauen nie mit Feuerwaffen herum. Arsen liegt ihnen mehr. Nein, ich glaube nicht, dass sie es getan hat. Zu schade!» Er seufzte.
    Melchett kündigte an, dass er zu Mrs Price Ridley gehe, und Slack stimmte zu.
    «Darf ich mitkommen? Es fängt an mich zu interessieren», sagte ich.
    Sie waren einverstanden, und wir machten uns auf den Weg. Ein lautes «Hei!» begrüßte uns hinter dem Gartentor, und mein Neffe Dennis lief auf der Straße vom Dorf auf uns zu.
    «Hören Sie», sagte er zum Kommissar, «was ist mit diesem Fußabdruck, von dem ich Ihnen erzählt habe?»
    «Gärtner», sagte Slack lakonisch.
    «Glauben Sie nicht, dass es jemand anders war, der die Stiefel des Gärtners trug?»
    «Nein, das glaube ich nicht 1 .», gab Kommissar Slack zurück. Es sollte entmutigend klingen.
    Aber so leicht ließ sich Dennis nicht entmutigen. Er hielt ein paar abgebrannte Streichhölzer hoch. «Die habe ich am Gartentor des Pfarrhauses gefunden.»
    «Danke», sagte Slack und steckte sie in die Tasche.
    Jetzt schien der Austausch am toten Punkt angelangt zu sein.
    «Sie verhaften doch nicht etwa Onkel Len, oder?», fragte Dennis scherzhaft.
    «Warum sollte ich?»
    «Es spricht viel gegen ihn. Fragen Sie Mary. Nur einen Tag vor dem Mord hat er Colonel Protheroe den Tod gewünscht, stimmts, Onkel Len?»
    «Äh…», begann ich.
    Kommissar Slack schaute mich lange misstrauisch an, und mir wurde heiß. Dennis kann außerordentlich lästig sein. Er sollte wissen, dass ein Polizist selten Sinn für Humor hat.
    «Rede keinen Unsinn, Dennis», sagte ich gereizt.
    Das unschuldige Kind riss erstaunt die Augen auf. «Also, das war doch nur ein Witz. Onkel Len sagte lediglich, dass jeder, der Colonel Protheroe umbringt, der Welt einen Dienst erweisen würde.»
    «Ah! Das erklärt eine Aussage des Mädchens.»
    Auch Dienstboten haben sehr selten Sinn für Humor. Innerlich verfluchte ich Dennis von Herzen dafür, dass er die Sache zur Sprache gebracht hatte. Diese Bemerkung und die Uhr würden mich dem Kommissar lebenslang verdächtig machen.
    «Kommen Sie, Clement», drängte Colonel Melchett.
    «Wohin gehen Sie? Kann ich auch mitkommen?», fragte Dennis.
    «Nein, das kannst du nicht», fuhr ich ihn an.
    Er schaute uns gekränkt nach. Wir gingen zu Mrs Price Ridleys schmucker Haustür, und der Kommissar klopfte und läutete auf eine Art, die ich nur als offiziell beschreiben kann. Ein hübsches Dienstmädchen öffnete.
    «Ist Mrs Price Ridley zu Hause?», fragte Melchett.
    «Nein, Sir.» Nach einer Pause fügte das Mädchen hinzu: «Sie ist gerade zur Polizeiwache gegangen.»
    Das war eine völlig unerwartete Entwicklung.

Weitere Kostenlose Bücher