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Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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haben.» Dann wurde sein Gesicht ernst, und er schaute fragend Kommissar Slack an.
    Der Wackere nickte langsam. «Damit ist die Sache eindeutig, Sir. Das sind jetzt drei Leute, die den Schuss gehört haben. Jetzt müssen wir herausfinden, wer ihn abgegeben hat. Diese Sache mit Mr Redding hat uns aufgehalten. Aber wir haben mehrere Ausgangspunkte. Weil ich Mr Redding für schuldig hielt, habe ich mich nicht damit beschäftigt. Aber das ist jetzt anders. Und jetzt ist eine der ersten Aufgaben, diesem Anruf nachzugehen.»
    «Dem bei Mrs Price Ridley?»
    Der Kommissar grinste.
    «Nein – obwohl ich glaube, wir machen darüber besser ein Protokoll, sonst haben wir das alte Mädchen gleich wieder auf dem Hals. Nein, ich meine diesen fingierten Anruf, der dafür gesorgt hat, dass der Pfarrer aus dem Weg war.»
    «Ja», sagte Melchett, «das ist wichtig.»
    «Und danach müssen wir feststellen, was jeder an diesem Abend zwischen sechs und sieben getan hat. Jeder in Old Hall, meine ich, und am besten auch jeder im Dorf.»
    Ich seufzte. «Sie haben eine wunderbare Energie, Kommissar Slack.»
    «Ich glaube an harte Arbeit. Fangen wir doch gleich mit Ihnen an, Mr Clement.»
    «Gern. Der Anruf kam um halb sechs.»
    «Die Stimme eines Mannes oder einer Frau?»
    «Einer Frau. Wenigstens klang es wie eine Frauenstimme. Aber natürlich ging ich davon aus, dass ich mit Mrs Abbott sprach.»
    «Sie haben also Mrs Abbotts Stimme nicht erkannt?»
    «Nein, eigentlich nicht. Ich habe die Stimme überhaupt nicht sonderlich beachtet oder darüber nachgedacht.»
    «Und Sie machten sich sofort auf den Weg? Zu Fuß? Haben Sie kein Fahrrad?»
    «Nein.»
    «Aha. Wie lange haben Sie gebraucht?»
    «Welchen Weg man auch nimmt, es ist fast zwei Meilen entfernt.»
    «Der kürzeste Weg führt durch den Wald bei Old Hall, nicht wahr?»
    «Eigentlich ja. Aber er ist nicht sehr angenehm. Ich bin hin und zurück den Pfad durch die Felder gegangen.»
    «Der gegenüber dem Pfarrhausgarten endet?»
    «Ja.»
    «Und Mrs Clement?»
    «Meine Frau war in London. Sie kam mit dem Zug um 6.50 zurück.»
    «Gut. Mit dem Mädchen habe ich gesprochen. Damit ist das Pfarrhaus erledigt. Als Nächstes gehe ich nach Old Hall. Und dann will ich mit Mrs Lestrange reden. Merkwürdig, dass sie Protheroe am Abend vor seinem Tod aufgesucht hat. Bei diesem Fall gibt es viel Merkwürdiges.»
    Ich stimmte zu.
    Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es fast Zeit zum Mittagessen war. Ich lud Melchett ein, unser Mahl zu teilen, doch er entschuldigte sich unter dem Vorwand, in den Blauen Eber zu müssen. Im Blauen Eber bekommt man ein erstklassiges Essen vom Typ Braten und zwei Gemüse. Ich hielt seine Entscheidung für weise. Nach ihrem Gespräch mit der Polizei war Mary wahrscheinlich noch temperamentvoller als üblich.

Vierzehntes Kapitel
     
    A uf dem Heimweg lief ich Miss Hartnell in die Arme, und sie hielt mich mindestens zwanzig Minuten damit auf, dass sie in ihrem tiefen Bass gegen die Verschwendungssucht und Undankbarkeit der unteren Klassen herzog. Der springende Punkt schien dabei zu sein, dass die Armen Miss Hartnell nicht in ihren Häusern haben wollten. Alle meine Sympathien lagen auf der anderen Seite. Nur meine gesellschaftliche Stellung hindert mich daran, meine Ansichten so energisch zu vertreten wie sie.
    Ich beruhigte Miss Hartnell, so gut ich konnte, und flüchtete.
    Haydock überholte mich in seinem Wagen an der Straßenecke vor dem Pfarrhaus. «Ich habe gerade Mrs Protheroe nach Hause gebracht», rief er.
    An seinem Gartentor wartete er auf mich. «Kommen Sie eine Minute herein», bat er, und ich willigte ein.
    «Das ist eine ungewöhnliche Angelegenheit», sagte er, während er seinen Hut auf einen Stuhl warf und die Tür zum Sprechzimmer öffnete. Er ließ sich in einen schäbigen Ledersessel fallen und starrte ins Leere. Er sah mitgenommen und ratlos aus.
    Ich sagte ihm, dass es uns gelungen war, die Zeit des Schusses festzulegen. Er hörte beinah zerstreut zu.
    «Dann kommt Anne Protheroe nicht in Frage», sagte er. «Gut, gut, ich bin froh, dass es keiner von beiden war. Ich mag sie beide.»
    Ich glaubte ihm, und dennoch fragte ich mich, wieso ihre Entlastung von jedem Verdacht ihn offenbar in Schwermut versetzte, wenn er sie doch beide mochte. Heute Morgen hatte er wie ein Mann ausgesehen, dem eine Last von der Seele genommen ist, jetzt kam er mir völlig bestürzt und fassungslos vor.
    Und doch war ich überzeugt, dass er meinte, was er sagte. Er konnte

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