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Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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wie?»
    «Ja, ich bin es nicht gewohnt, bedroht zu werden.»
    «Womit wurden Sie bedroht? Mit Körperverletzung?»
    «Nicht direkt.»
    «Ich fürchte, Mrs Price Ridley, Sie müssen deutlicher werden. Inwiefern wurden Sie bedroht?»
    Das schien Mrs Price Ridley sonderbar ungern zu beantworten.
    «Ich kann mich nicht genau erinnern. Es war alles so beängstigend. Aber ganz am Ende – als ich wirklich sehr aufgeregt war – lachte dieses – dieses Ungeheuer.»
    «War es eine Männer- oder eine Frauenstimme?»
    «Es war eine degenerierte Stimme», sagte Mrs Price Ridely würdevoll. «Ich kann sie nur als eine Art perverse Stimme beschreiben. Eben noch rau, dann wieder kreischend. Wirklich eine sehr seltsame Stimme.»
    «Wahrscheinlich ein schlechter Scherz», sagte der Colonel beruhigend.
    «Wenn, dann war es eine Gemeinheit. Ich hätte einen Herzanfall bekommen können.»
    «Wir werden uns darum kümmern», sagte der Colonel. «Nicht wahr, Kommissar? Dem Anruf nachgehen. Genauer können Sie mir nicht wiedergeben, was gesagt wurde, Mrs Price Ridley?»
    In Mrs Price Ridleys fülligem Busen kämpften der Wunsch nach Zurückhaltung mit dem Wunsch nach Rache. Die Rache triumphierte.
    «Das bleibt selbstverständlich unter uns», fing sie an.
    «Natürlich.»
    «Dieses Geschöpf sagte als Erstes – ich kann mich kaum überwinden, es zu wiederholen…»
    «Doch, doch», ermunterte Melchett sie.
    «‹Sie sind ein boshaftes altes Lästermaul!› Ich, Colonel Melchett – ein altes Lästermaul. ‹Aber diesmal sind Sie zu weit gegangen. Scotland Yard ist wegen Verleumdung hinter Ihnen her.›»
    «Da waren Sie natürlich beunruhigt.» Melchett biss sich auf den Schnurrbart, um ein Lächeln zu verbergen.
    «‹Falls Sie künftig nicht den Mund halten, wird es böse für Sie enden – in mehr als einer Hinsicht.› Ich kann Ihnen gar nicht beschreiben, wie bedrohlich das klang. Ich fragte mit schwacher Stimme: ‹Wer sind Sie?› – so, und das Ungeheuer antwortete: ‹Der Rächer›. Ich stieß einen kleinen Schrei aus. Es hatte so schrecklich geklungen, und dann – lachte die Person. Lacht! Ganz deutlich. Und das war alles. Ich hörte, wie aufgelegt wurde. Natürlich fragte ich die Vermittlung, von welcher Nummer der Anruf gekommen war, aber man sagte, man wisse es nicht. Sie kennen ja diese Telefonistinnen. Unverschämt und ohne Mitgefühl.»
    «Ganz richtig», sagte ich.
    «Mir war ganz schwach», fuhr Mrs Price Ridley fort. «Ich war so aufgewühlt und mit den Nerven am Ende, dass ich tatsächlich zusammenfuhr, als ich dann auch noch einen Schuss im Wald hörte. Da können Sie mal sehen!»
    «Einen Schuss im Wald?», fragte Kommissar Slack aufmerksam.
    «In meiner Erregung kam es mir vor, als würde eine Kanone abgefeuert. Oh!, sagte ich und sank erschöpft auf mein Sofa. Clara musste mir ein Glas Pflaumenschnaps bringen.»
    «Entsetzlich», sagte Melchett. «Entsetzlich. Alles sehr unangenehm für Sie. Und der Schuss klang sehr laut, sagen Sie? Als ob er nahebei fiel?»
    «Das lag nur an meinen Nerven.»
    «Natürlich. Natürlich. Und um welche Zeit war das alles? Damit wir dem Telefonanruf nachgehen können, wissen Sie.»
    «Etwa halb sieben.»
    «Genauer können Sie es nicht sagen?»
    «Nun, die kleine Uhr auf meinem Kaminsims hatte gerade die halbe Stunde geschlagen, und ich sagte noch: ‹Bestimmt geht die Uhr wieder vor.› (Das macht sie nämlich im Lauf des Tages, diese Uhr.) Und dann verglich ich sie mit meiner Armbanduhr, und darauf war es erst zehn Minuten nach, aber dann legte ich sie ans Ohr, und sie war stehen geblieben. Da dachte ich, falls die Uhr vorgeht, werde ich in einer Minute oder zwei die Kirchenuhr hören. Und dann läutete das Telefon, und ich vergaß das alles natürlich.» Atemlos schwieg sie.
    «Nun, das ist ziemlich genau», sagte Colonel Melchett. «Wir werden uns darum kümmern, Mrs Price Ridley.»
    «Denken Sie einfach, es sei ein dummer Witz gewesen, und machen Sie sich keine Sorgen, Mrs Price Ridley», meinte ich.
    Sie schaute mich kalt an. Offenbar nagte der Vorfall mit der Pfundnote immer noch an ihr.
    «Sehr seltsame Dinge sind neuerdings in diesem Dorf geschehen», sagte sie zu Melchett. «Wirklich sehr seltsame Dinge. Colonel Protheroe wollte nachforschen, und was geschah mit dem Ärmsten? Vielleicht soll ich die Nächste sein?»
    Und damit verabschiedete sie sich, wobei sie bedenklich und melancholisch den Kopf schüttelte. Melchett murmelte leise: «Das Glück werden wir nicht

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