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Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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in Kalifornien erwähnt. »Herzlich, Ihre Marina Gregg«, hatte daruntergestanden. Mrs Bantry musste sich eingestehen, dass sie sowohl erfreut als auch geschmeichelt war. Ein berühmter Filmstar war eben ein berühmter Filmstar. Alte Damen mochten zwar in der Gesellschaft ihres Heimatortes eine Rolle spielen, doch deshalb waren sie in der Welt der Berühmtheiten noch lange nicht von Wichtigkeit. Mrs Bantry freute sich wie ein Kind, für das man eine besondere Überraschung ausgedacht hatte.
    Während sie die Auffahrt entlangging, schweifte ihr Blick durch den Park. Er war viel gepflegter als zu jener Zeit, da der Besitz von einer Hand in die andere gewandert war. »Man hat keine Kosten gescheut«, sagte Mrs Bantry zu sich und nickte zufrieden. Von der Auffahrt aus war der Blumengarten nicht zu sehen, und auch darüber war Mrs Bantry froh. Die Blumenrabatten waren ihre ganz besondere Freude gewesen, damals, als sie noch in »Gossington Hall«, gelebt hatte. Sie gestattete sich ein paar bedauernde und wehmütige Erinnerungen an ihre Schwertlilien. Die schönsten Schwertlilienbeete in der ganzen Gegend, dachte sie stolz.
    Dann stand sie vor der Haustür, die in frischer Farbenpracht erstrahlte, und drückte auf den Klingelknopf. Die Tür wurde mit erfreulicher Promptheit von einem Butler geöffnet, der zweifellos Italiener war. Er führte Mrs Bantry in den Raum, der einmal Oberst Bantrys Bibliothek gewesen war. Ihr fiel wieder ein, dass aus der Bibliothek und dem Arbeitszimmer ein Raum gemacht worden war. Das Ergebnis war beeindruckend. Die Wände waren getäfelt, der Boden hatte Parkett. Am einen Ende stand ein Flügel, an der einen Wand in der Mitte ein teurer Plattenspieler. Am anderen Ende des Raumes lag wie eine Art Insel ein Perserteppich, auf dem ein Teetisch und mehrere Sessel standen. Dort saß Marina Gregg. Am Kamin lehnte ein Mann, der, wie Mrs Bantry fand, der hässlichste Mann war, den sie je in ihrem Leben gesehen hatte.
    Ein paar Augenblicke vorher, gerade als Mrs Bantry die Hand gehoben hatte, um zu klingeln, hatte Marina Gregg mit ihrer weichen, melodischen Stimme zu ihrem Mann gesagt:
    »Dieses Haus ist genau das richtige für mich, Jinks, genau das richtige! Davon habe ich schon immer geträumt. Diese Ruhe! Und die schöne englische Landschaft. Hier werde ich bleiben können, mein ganzes Leben lang. Und wir werden auch so leben, wie es in England üblich ist. Jeden Nachmittag trinken wir Tee, chinesischen Tee aus meinen schönen alten Tassen. Und wir werden dabei auf den Park hinaussehen und auf die Blumenbeete. Endlich bin ich nachhause gekommen, das spüre ich. Ich weiß, dass ich hier Ruhe finden werde, dass ich glücklich sein kann. Dies ist jetzt unser Zuhause, das fühle ich.«
    Jason Rudd – den seine Frau häufig Jinks nannte – hatte gelächelt, ein nachsichtiges Lächeln, in dem auch etwas Zurückhaltung lag, denn er hatte diese Worte schon häufig gehört. Vielleicht würde es diesmal wahr werden. Vielleicht würde sich Marina hier auf die Dauer tatsächlich wohlfühlen. Doch er wusste aus Erfahrung, wie überschwänglich sie sein konnte. Sie glaubte jedes Mal, dass sie genau das gefunden hatte, wonach sie gesucht hatte. Mit seiner tiefen Stimme sagte er:
    »Großartig, Liebling, einfach großartig. Es freut mich, dass dir das Haus gefällt.«
    »Was heißt gefällt? Ich bin begeistert. Bist du nicht auch begeistert?«
    »Klar«, sagte Rudd. »Klar!«
    Es war wirklich nicht übel, dachte er im Stillen – solide, ein ziemlich hässlicher Bau aus der Gründerzeit. Er musste zugeben, dass das Haus Sicherheit und Gediegenheit ausstrahlte. Jetzt, da die schlimmsten Mängel behoben waren, würde es sich hier ganz angenehm leben lassen. Kein schlechter Ort, an den man gern von Zeit zu Zeit zurückkehrte. Wenn ich Glück habe, überlegte er, wird es mindestens zwei Jahre dauern, bis Marina anfängt, es satt zu haben.
    Marina seufzte leicht und sagte: »Es ist herrlich, wieder gesund zu sein. Gesund und stark. Dass man wieder mit allem fertigwerden kann.«
    »Klar, Liebling, klar«, sagte ihr Mann.
    Genau in diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und der italienische Butler ließ Mrs Bantry ein.
    Marinas Begrüßung war mehr als nur charmant. Sie kam ihr mit ausgestreckten Händen entgegen und rief, dass sie entzückt sei, Mrs Bantry wiederzusehen. Und was es für ein Zufall sei, dass sie sich damals in San Francisco kennen gelernt hätten und sie und ihr Mann zwei Jahre später das Haus

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