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Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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anderes. Logisch betrachtet war es die einzige Lösung. Aber meine Frau denkt nicht logisch. Außerdem würde sie einfach nicht glauben, dass jemand sie töten wollte. An so etwas würde sie nicht einmal im Traum denken.«
    »Vielleicht haben Sie Recht«, erwiderte Craddock zögernd. »Trotzdem bleiben noch ein paar Fragen offen. Ich möchte nicht lange um den heißen Brei herumreden. Also: Wen verdächtigen Sie?«
    »Ich kann es Ihnen nicht sagen.«
    »Entschuldigen Sie, Mr Rudd, heißt das, Sie können nicht oder Sie wollen nicht?«
    »Ich kann es Ihnen nicht sagen«, antwortete Rudd rasch. »Ich weiß es nicht. Mir erscheint es unglaublich, dass jemand sie so hassen könnte, dass jemand einen derartigen Hass auf sie haben könnte… Andrerseits muss, nach allem, was passiert ist, genau dies der Fall sein.«
    »Würden Sie mir bitte alle Einzelheiten genau schildern?«
    »Wenn Sie wollen. Die Situation ist ziemlich eindeutig. Ich schenkte aus einem Krug mit Daiquiri zwei Gläser ein und brachte sie Marina und Mrs Badcock. Was Mrs Badcock dann tat, weiß ich nicht. Vermutlich mischte sie sich unter die Leute und unterhielt sich mit einem Gast, den sie kannte. Meine Frau hielt das Glas in der Hand. Im selben Augenblick erschien der Bürgermeister mit seiner Frau. Marina stellte das unberührte Glas ab und begrüßte sie. Dann musste sie sich noch um andere neue Gäste kümmern – einen alten Freund, den wir viele Jahre nicht gesehen hatten, ein paar Leute aus dem Ort und aus dem Studio. Die ganze Zeit über stand das Glas mit dem Cocktail auf einem Tisch hinter uns. Wir waren ein paar Schritte vorgetreten, bis ans Ende der Treppe. Jemand machte ein oder zwei Fotos von meiner Frau mit dem Bürgermeister. Die Lokalzeitung hatte darum gebeten, weil es den Lesern gefallen würde. Inzwischen brachte ich ein paar Nachzüglern die Drinks. Diese Gelegenheit muss der Täter benutzt haben, um das Gift ins Glas zu tun. Fragen Sie mich nicht, wie er das gemacht hat, einfach dürfte es jedenfalls nicht gewesen sein. Auf der anderen Seite ist es erstaunlich, wie wenig es auffällt, wenn jemand offen und unbekümmert agiert. Sie fragen mich, ob ich einen Verdacht habe. Ich kann darauf nur antworten, dass mindestens einer von etwa zwanzig Gästen der Täter gewesen sein kann. Die Leute standen in kleinen Gruppen herum und unterhielten sich oder schlenderten von einer Gruppe zur anderen. Manche gingen weg, um sich die Veränderungen anzusehen, die wir vorgenommen hatten. Es war ein ständiges Kommen und Gehen. Ich habe hin und her überlegt und mir den Kopf zerbrochen, doch es gibt nicht einen einzigen Hinweis, absolut keinen, der meinen Verdacht auf eine bestimmte Person lenken würde.«
    Er schwieg und seufzte. »Was nun kommt«, fuhr er fort, »haben Sie sicherlich bereits gehört.«
    »Ich würde es aber gern von Ihnen hören.«
    »Also weiter. Ich ging wieder zum Treppenende. Meine Frau drehte sich zum Tisch um und nahm ihr Glas in die Hand. Da stieß Mrs Badcock einen leisen Ruf aus. Jemand musste sie am Arm gestoßen haben, denn sie ließ ihr Glas fallen, das auf dem Boden aufschlug und zerbrach. Marina tat, was jede Gastgeberin in einem solchen Fall tut. Ihr eigenes Kleid hatte ein paar Tropfen abbekommen. Sie beteuerte, dass es nicht schlimm sei, rieb mit ihrem Taschentuch Mrs Badcocks Rock trocken und bestand darauf, dass sie ihren eigenen Drink nehme. Wenn ich mich recht erinnere, sagte Marina dabei: ›Ich habe schon viel zu viel getrunken.‹ Das war alles. Aber eines kann ich Ihnen versichern: Die tödliche Dosis konnte nicht erst danach ins Glas geschmuggelt worden sein, denn Mrs Badcock trank sofort davon. Und wie Sie wissen, war sie vier oder fünf Minuten später tot. Ich frage mich – ich frage es mich immer wieder –, was der Mörder empfunden haben musste, als er merkte, wie sein Plan misslang…«
    »Kamen Ihnen diese Überlegungen schon gleich in jenem Augenblick?«
    »Natürlich nicht. Selbstverständlich glaubte ich, dass die Frau einen Anfall hatte. Einen Herzanfall oder so etwas Ähnliches. Wie hätte ich an Gift denken sollen? Hätten Sie das vermutet? Hätte irgendjemand es vermuten können?«
    »Wohl kaum«, gab Craddock zu. »Sie haben die Szene genau geschildert, scheint mir, und sind überzeugt, dass es so gewesen ist. Sie sagen, dass Sie niemand Bestimmten in Verdacht haben. Und das kann ich nicht so ohne Weiteres akzeptieren.«
    »Es ist die Wahrheit.«
    »Betrachten wir den Fall unter einem

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